Seit Jahren reisen sie mit den ersten Frühlingsanzeichen zu ihren Wohnwagen am Neuenburgersee. Doch jetzt will die Gemeinde den Campingplatz modernisieren – ab 2027 müssen sich die meisten Dauercamper wohl von ihrem Lieblingsplätzchen verabschieden.
Im Freiburger Städtchen Estavayer-le-Lac befindet sich der Campingplatz La Nouvelle Plage – idyllisch am Neuenburgersee gelegen. Über die Jahre haben sich dort Dutzende Dauercamper ihre Wohlfühloase eingerichtet, die Parzellen bepflanzt und Anbauten an ihren Wohnwagen vorgenommen.
Nun aber der Schock: Vergangene Woche haben die über 100 Camper erfahren, dass die Gemeinde eine Umgestaltung des Campingplatzes plant – per Ende 2026 müssen alle Dauermieter ihre Parzellen räumen.
«Wir sind am Boden zerstört»
«Wir sind am Boden zerstört», sagt Jean-Pierre (56) aus Bern gegenüber 20 Minuten. Für mehrere Seniorinnen und Senioren sowie junge Familien mit Kindern sei eine Welt zusammengebrochen. Jean-Pierre selbst besuche zusammen mit seiner Familie La Nouvelle Plage bereits seit 20 Jahren.
Jean-Pierres Wohnwagen am Neuenburgersee.
VIP-Parzellen und Glamping-Bereich
An einem Informationsabend für die Dauercamper informierten die Gemeinde und ihr Partner TCS vergangene Woche über die geplante Umgestaltung des Campingplatzes. Man habe von der Gemeinde Estavayer den Auftrag erhalten, ihren Campingplatz, das Restaurant und den Shop ab dem 1. Januar 2024 zu verwalten und den Ferienort in einen 4-Sterne-Campingplatz umzuwandeln, sagt der TCS auf Anfrage.
Nach dem Umbau soll es neben rund zehn VIP- und 20 Premiumparzellen auch einen Glamping-Bereich geben, wie aus einer Präsentation zu vernehmen ist, die 20 Minuten vorliegt.
Die Saisonplätze hingegen sollen von über 100 auf 20 Plätze reduziert werden. «Ein klarer Fall von Profitgier», monieren die wütenden Saisoncamper und -camperinnen. Dem widerspricht die Gemeinde (siehe unten). Wer die 20 Saisonplätze ab 2027 beziehen darf, wird gemäss Information der Gemeinde per Auslosung entschieden.
Die Wohnwagen, die teils seit vielen Jahren schon auf dem Campingplatz stehen, müssen per Ende 2026 weg.
Die Gemeinde will laut Jean-Pierre den Campingplatz umgestalten, um mehr Touristinnen und Touristen anzulocken – für die Dauercamper und -camperinnen unverständlich. «Wenn man mit der Bevölkerung in Estavayer-le-Lac redet, bemerkt man schnell, dass sie das gar nicht wollen. Die Strassen im Städtchen sind sehr eng, mit dem Wohnwagen durchzukommen ist schwierig – wenn jetzt noch mehr Touristen und Touristinnen kommen, gibt es ein Verkehrschaos», ist er sich sicher.
«Wir werden das nicht einfach so hinnehmen»
Auch Rolf Wehren (57) aus Freiburg ist fassungslos. Dieses Jahr verbringe er seine achte Saison auf dem Campingplatz am Neuenburgersee. «Wir sind jeweils ab Ostern regelmässig über das Wochenende hier, im Sommer fast durchgehend.» Die Zeit auf dem Campingplatz habe er immer sehr genossen. «Jetzt geht es uns aber sehr schlecht – die Information der Gemeinde war eine böse Überraschung», sagt Wehren.
Vor zwei Jahren kam es in dem Gebiet zu Hochwasser. Wehren selbst sei davon verschont geblieben, doch seine Camping-Nachbarn und -Nachbarinnen hätten grosse Schäden davon getragen und danach viel Geld in die Reparaturen investiert. «Dazumal sagte die Gemeinde uns noch nichts davon, dass wir in einigen Jahren unsere Parzellen verlieren würden – das regt mich am meisten auf», so der 57-Jährige.
2022 stand der Campingplatz unter Wasser.
Er gründe nun zusammen mit anderen Betroffenen eine Kommission: «Wir werden das nicht einfach so hinnehmen – vielleicht suchen wir uns auch einen Anwalt.»
Platz für «möglichst viele Camperprofile» nutzbar machen
Seitens der Gemeinde Estavayer heisst es auf Anfrage, dass man schon seit 2018 mit mehreren Kommissionen an der Vision des Campingplatzes arbeite. Angestrebt werde unter anderem eine Vergrösserung des Strandes (plus 30 Prozent der Fläche), um dem wachsenden Bedürfnis der Bevölkerung nach wassernahen Orten bei steigenden Temperaturen gerecht zu werden – und der allen kostenlos zur Verfügung stehe.
«Die Gemeinde möchte diesen Platz für möglichst viele Menschen und verschiedene Camperprofile nutzbar machen», sagt Generalsekretär Armand Villadoniga. Und: «Dies sind keine finanziellen Ziele.» Zudem sollen die Parzellen vergrössert und besser ausgestattet werden – mit Strom-, Wasser-, Abwasser- und Glasfaseranschluss.
Der Gemeinde sei es wichtig gewesen, die Mieterinnen und Mieter möglichst früh zu informieren. «Wir verstehen die Emotionen, die mit dieser Ankündigung einhergehen», so Villadoniga. Aber er hält auch fest: Die Parzellen auf dem Campingplatz seien gemäss Campingordnung der Gemeinde öffentliches Gut und würden jährlich vermietet.
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