Ostergeschenk: Die Spitzenmanager von Lindt & Sprüngli verkaufen jedes Jahr eigene Aktien im Gegenwert von Dutzenden Millionen Franken. ; Ennio Leanza / Keystone
Die Börsen setzen dieses Jahr ihren Höhenflug fort. Trotz vorübergehenden Rücksetzern notieren viele Indizes weiterhin nahe ihren Rekordständen. Das ist ein guter Zeitpunkt, um Gewinne ins Trockene zu bringen und Aktien zu verkaufen – das sagen sich auch viele Spitzenmanager.
So hat sich der Amazon-Gründer Jeff Bezos im Februar von Aktien im Gegenwert von 8,5 Milliarden Dollar getrennt. Mark Zuckerberg, Chef der Social-Media-Plattform Meta, hat im gleichen Monat Meta-Titel für 135 Millionen Dollar verkauft. Aber auch in der Schweiz ist der Frühling bei Topmanagern beliebt, um Aktien des eigenen Unternehmens zu Geld zu machen.
Gemäss der Datenbank der Börsenbetreiberin SIX haben seit Januar Geschäftsleitungsmitglieder und Verwaltungsräte der UBS vier Aktienpakete mit einer Grösse zwischen 1,2 Millionen und 4,8 Millionen Franken veräussert. Auch beim Luxusgüterkonzern Richemont, beim Laborausrüster Tecan und bei etlichen anderen kam es jüngst zu Aktienverkäufen in Millionenhöhe.
Alle Jahre wieder: Millionensegen bei Lindt & Sprüngli
Besonders aktiv sind die Chefs des Schokoladenherstellers Lindt & Sprüngli. Geschäftsleitungsmitglieder und Verwaltungsräte haben seit Anfang Jahr den Verkauf von Titeln im Gegenwert von über 14 Millionen Franken gemeldet. Seit Anfang 2023 summieren sich die Verkäufe auf beinahe 100 Millionen Franken.
Wer genau verkauft hat, geben die Meldungen nicht preis. Die mit Abstand grössten Bestände an Namenaktien und Partizipationsscheinen hat über die Jahre Ernst Tanner angehäuft. Der 77-Jährige ist seit sieben Jahren Verwaltungsratspräsident des erfolgreichen Schokoladekonzerns und war zuvor mehr als zwei Jahrzehnte Konzernchef.
Spitzenmanager erhalten einen Grossteil ihrer Vergütung in Form von Aktienzuteilungen, die erst nach Erfüllung bestimmter Leistungsvorgaben freigegeben werden. Dass sich die Verkäufe von Aktien durch Manager zu Beginn eines Kalenderjahres häufen, ist nicht aussergewöhnlich. Die Topmanager kotierter Unternehmen können die ihnen zugeteilten Aktien nicht einfach verkaufen. Als Mitarbeiteroptionen sind sie oft für längere Zeit gesperrt und dürfen nur in einem Zeitfenster nach der Publikation der Jahreszahlen verkauft werden – sofern die Vorgaben erfüllt wurden.
Um zu verkaufen, seien Höchststände an den Börsen ein guter Zeitpunkt, sagt Eugi Burgener, Aktienexperte bei der Privatbank Mirabaud. Oft erfolgten diese Verkäufe nach dem Auslaufen von Bonusprogrammen. Hinzu kommt, dass es die Manager in den vergangenen Jahren wegen der niedrigen Aktienbewertungen vermieden haben, ihre Aktien zu einem tiefen Preis zu verkaufen, so dass sich auch diese Nachfrage aufgestaut hat und sich nun entlädt.
Topmanager: die ultimativen Insider
Eine Auswertung der Finanzanalyse-Firma Strique kommt zum Schluss, dass es volumenmässig durchgehend zu mehr Aktienverkäufen als -käufen kommt. Zudem entwickeln sie sich nahezu spiegelverkehrt – das heisst, je mehr Aktien verkauft werden, desto weniger werden gekauft. Es ist auch zu beobachten, dass die Verkäufe zunehmen, je stärker die Aktienkurse steigen. Topmanager halten sich demnach auch an die Börsenweisheit «Buy low, sell high», also zu günstigen Preisen zu kaufen und zu hohen zu verkaufen.
Gemäss Burgener sind aber jene Transaktionen besonders aufschlussreich, die unerwartet auftreten. Diese «Management-Transaktionen» werden von den Marktteilnehmern eng verfolgt und sind auch bei der Börsenbetreiberin SIX meldepflichtig, weil es sich um Informationen handelt, die den jeweiligen Aktienkurs beeinflussen können.
Die Handelsaktivität der Topmanager ist wertvoll, weil sie Informationen über den Zustand und die Zukunftsaussichten des Unternehmens offenbaren kann. Manager oder Verwaltungsräte sind mit den Vorgängen innerhalb des Unternehmens bestens vertraut, sowohl was das operative Geschäft als auch die Entwicklungen in der Branche betrifft. Somit sind sie ultimative Insider, die über die besten Informationen für einen Anlageentscheid verfügen.
Zeichen der Zuversicht oder Misstrauensvotum?
Doch was bedeutet es für ein Unternehmen, wenn sich seine Spitzenmanager von Aktien trennen? Da Verkäufe zugeteilter Aktien gemäss festgelegten Regeln erfolgen, sind sie schwieriger zu deuten als Aktienkäufe.
Werden Aktien des eigenen Unternehmens auf Jahreshoch zugekauft, dann kann das ein Zeichen sein, dass die Firmenchefs für das Unternehmen weiteres Potenzial sehen. «Käufe sind oft Signale der Zuversicht», sagt Eugi Burgener. Denn die Firmenchefs gehen davon aus, dass sich der Aktienkurs weiterhin positiv entwickeln wird.
Diese Zuversicht kann auf die Marktteilnehmer übergreifen. So hat sich Anfang März ein Verwaltungsrat des Schaffhauser Verpackungsherstellers SIG mit Aktien im Wert von 41 Millionen Franken eingedeckt. Seither haben die Titel nach langer Durststrecke wieder ins Positive gedreht.
Auch beim Logistikkonzern Kühne + Nagel kam es im März zu bedeutenden Aktienkäufen, die bis jetzt gesamthaft rund 40 Millionen Franken umfassen. Und dies, obwohl Kühne die Börsianer mit dem Ergebnis für das Geschäftsjahr 2023 enttäuschte, worauf die Aktien absackten.
Zu Unrecht, glaubt man offensichtlich im Verwaltungsrat. Angesichts der Grösse der gemeldeten Transaktionen befindet sich wahrscheinlich der Ehrenpräsident Klaus-Michael Kühne unter den Käufern. Dem Vernehmen nach ist der 86-Jährige bei Zukäufen von Aktien des eigenen Unternehmens in der Vergangenheit oft «goldrichtig» gelegen.
Hinter Verkäufen von Aktien können hingegen auch triviale Gründe wie die Begleichung einer Steuerrechnung oder der Erwerb einer Immobilie stecken. Die UBS nimmt auf Anfrage nicht Stellung zu den Gründen für die bedeutenden Veräusserungen von Aktien ihrer Topmanager. Auch Lindt & Sprüngli hält sich bedeckt, man halte sich bei der Meldung von Transaktionen «an die von der SIX vorgegeben Regularien».
Erhöhte Aufmerksamkeit sei jedoch angebracht, wenn Aktien während eines Abwärtstrends verkauft würden, bemerkt Burgener. Einerseits kann das zwar bedeuten, dass Manager für private Zwecke Geld brauchen und dafür bereit sind, Verluste zu realisieren; es kann aber auch ein Zeichen sein, dass sie nicht an einen allfälligen Turnaround der eigenen Firma glauben. In diesem Fall sind die Verkäufe ein Misstrauensvotum.
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