Menschen reagieren ganz unterschiedlich auf eine Geiselhaft. Ein Experte erklärt, welche Szenarien nach der Entlassung auf die Geiseln zukommen können und was ihnen hilft.
Derzeit überwiegt die Freude über die Freilassung der ersten von der Hamas verschleppten Geiseln. Doch keiner weiss, wie sie sich von dem traumatischen Erlebnis erholen werden. Auch für Experten ist es schwierig, Vorhersagen zu treffen, da sich die Reaktionen von Mensch zu Mensch unterscheiden.
«Viele Menschen zeigen nach ihrer Entlassung aus der Geiselhaft völlig nachvollziehbare Symptome von Stress», sagt der britische Psychiater und Trauma-Experte Neil Greenberg. «Doch nicht alle entwickeln eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) oder andere psychische Beeinträchtigungen.» Für eine «bedeutende Minderheit» allerdings werde genau das der Fall sein.
Folgen sind genauso unterschiedlich wie Erfahrungen in der Geiselhaft
«Vieles hängt von den Erfahrungen ab, die die Betroffenen bei der Geiselnahme und in der Gefangenschaft gemacht haben», sagt Greenberg. «Wie sie nach ihrer Freilassung unterstützt werden, ist ebenfalls sehr wichtig.»
Nach seinen Angaben gebe es keine Symptome einer PTBS, die für Geiselnahmen spezifisch sind. Allerdings könnten die Erfahrungen der Geiselhaft selbst – etwa völlige Isolation, mögliche Demütigungen, das Gefühl der Ohnmacht – Auslöser künftiger psychischer Probleme sein. Und auch der Medienrummel könnte sich negativ auf die Erholung auswirken.
Symptome von posttraumatischen Belastungsstörungen sind häufig
Manche erholen sich ein ganzes Leben lang nicht von der dramatischen Erfahrung – wie etwa John Paul Getty III., dessen Grossvater John Paul Getty der reichste Mann der Welt war, als sein 16-jähriger Enkel 1973 in Rom entführt wurde. Nach seiner Freilassung aus fünfmonatiger Geiselhaft, bei dem ihm seine Entführer ein Ohr abtrennten, wurde dieser drogensüchtig, erlitt einen Schlaganfall und blieb bis zu seinem Tod 2011 gelähmt.
Zwar führt das Erlebte meistens nicht zu so extremen psychischen Folgen, doch zeigten eine Reihe von Geiseln später PTBS-Symptome wie etwa Konzentrationsschwierigkeiten, Gedächtnisverlust, Depressionen oder Panikattacken. Andere zogen sich völlig aus dem gesellschaftlichen Leben zurück.
Manche Geiseln werden durch die Erfahrungen stärker
Die meisten ehemaligen Geiseln finden irgendwann wieder in ihr normales Leben zurück – manche ziehen sogar besondere Stärke aus ihren Erfahrungen, wie Greenberg berichtet: «Viele stellen Monate oder Jahre später fest, dass sie mit Widrigkeiten besser umgehen können, weil sie die Belastungen der Geiselhaft gemeistert haben.»
Wer auf welche Art auf seine Geiselhaft reagiert, lässt sich im Voraus kaum sagen, weil die Forschung, auch aus ethischen Gründen, schwierig ist. Die Faktoren liessen sich kaum eingrenzen, hiess es in einer 2009 in der Zeitschrift der britischen «Royal Society of Medicine» veröffentlichten Studie.
Geiseln müssen direkt nach ihrer Freilassung behandelt werden
Allerdings gebe es «Hinweise, dass Frauen – insbesondere jüngere Frauen – stärker gefährdet sind als Männer, ebenso Menschen mit niedrigem Bildungsniveau und solche, die längere Zeit in Geiselhaft waren».
Erschwerend für die Forschung ist auch, dass sich die Symptome für das erlebte Leid oftmals sehr spät einstellen: «Sie können nach einem Jahr, zwei Jahren oder sogar erst nach zehn Jahren auftreten, das ist völlig unvorhersehbar», sagt die Psychiaterin Christine Roullière der AFP.
Umso wichtiger sei es deshalb, dass Geiseln sofort nach ihrer Freilassung in Behandlung kommen. Die Betroffenen müssten «sofort in Worte fassen können, was sie durchgemacht haben», sagt Roullière. Ziel müsse es sein, «ihnen dabei zu helfen, wieder in die Normalität zurückzukehren».
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