Zürcher Nationalräte aus FDP und SVP blieben der Session heute wegen Einladungen ans Sechseläuten fern. Das hat nun Konsequenzen: Ein Antrag von SP-Co-Präsident Cédric Wermuth zur Besteuerung von Seeleuten auf Hochseeschiffen fand deswegen eine hauchdünne Mehrheit.
Sechseläuten in Zürich oder wichtige Polit-Debatten in Bern? Diese Frage sorgte die letzten Tage bei einigen bürgerlichen Nationalräten wohl für schlaflose Nächte. Am Montag zum Start der Sondersession zeigte sich: Mehrere FDP- und SVP-Exponenten zogen die Einladung einer Zürcher Zunft vor.
Der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz postete schon einige Stunden vor Sessionsbeginn Bilder aus Zürich.
Und das ging ordentlich in die Hosen. Bei der ersten Abstimmung des Tages stritt sich die Grosse Kammer um einen Minderheitsantrag von SP-Co-Präsident Cédric Wermuth. Es ging dabei um die Besteuerung von Seeleuten auf Hochseeschiffen. Wermuth wollte verhindern, dass diese unter gewissen Bedingungen wesentlich tiefer besteuert werden – obwohl die Kostenfolgen umstritten waren. Selbst Vizepräsidentin Jacqueline Badran legte sich ins Zeug, weil die Branche selbst sich im Vorfeld per Mail noch an die Parlamentarier gewandt hatte.
Der linke Stratege setzte sich hauchdünn mit 92 zu 90 Stimmen gegen SVP und FDP durch. Der Triumph der SP war nur möglich, weil bei den beiden rechtsbürgerlichen Parteien ganze neun Nationalrätinnen und Nationalräte fehlten. Es handelt sich dabei etwa um die Zürcher Andri Silberschmidt, Bettina Balmer und Regine Sauter (FDP) sowie Gregor Rutz und Bruno Walliser (SVP). Silberschmidt eilte am Nachmittag offenbar noch eiligst nach Bern, verpasste die Abstimmung aber. Er wollte sich auf Anfrage nicht äussern.
Unterschiedliche Prioritäten bei den Bürgerlichen
Bereits im Vorfeld hatten einige der «Betroffenen» auf Anfrage von 20 Minuten klargemacht, dass sie die Festivitäten in Zürich höher gewichten als die Abstimmungen im Bundeshaus. «Es ist ein Fest, das mir und der Stadt viel bedeutet, das darf und will ich auch zeigen», erklärte etwa FDP-Frau Sauter. Sie habe nur sehr wenige Absenzen im Nationalrat, deswegen «habe ich keineswegs ein schlechtes Gewissen».
Fast parallel zur Abstimmung im Nationalrat postete FDP-Volksvertreterin Regine Sauter ein Bild vom Sechseläuten. Ein schlechtes Gewissen habe sie nicht, sagte sie schon vor der Terminkollision.
Die neugewählte FDP-Nationalrätin Bettina Balmer erklärte: «Da ich kein Geschäft zu vertreten habe – und es eben auch nach Rücksprache mit der Fraktion keine Probleme gab – habe ich mir gesagt, ich kann mir diese Abwesenheit gestatten». Am Montag verbreitete sie auch Bilder vom grossen Fest.
Ganz anders sieht das der Ausserrhoder SVP-Nationalrat David Zuberbühler. Er wäre als Vertreter des Gastkantons ebenfalls in Zürich eingeladen gewesen. Er war jedoch am Montag im Saal präsent bei der wichtigen Abstimmung. «Das erwarten meine Wähler von mir, schliesslich kann im Rat jede einzelne Stimme entscheidend sein», sagte er schon im Vorfeld wohlwissend.
SP-Chef Wermuth: «Schön, hat uns ein FDP-SVP-Traditionsanlass geholfen»
Ebenfalls abwesend, aber eher nicht am Sechseläuten waren die SVPler Alfred Heer und Rino Büchel. Sie weilten dem Vernehmen nach in Strassburg beim Europarat. «Bei den fremden Richtern, das macht es auch nicht besser», murmelte ein bürgerlicher Nationalrat verärgert.
In der linken Ratshälfte ist die Schadenfreude riesig. Offiziell sagt Wermuth zu 20 Minuten bloss: «Wenn ein FDP-SVP-Traditionsanlass mithilft, einen dreisten FDP-SVP-Versuch, ein neues Steuerschlupfloch für die Schifffahrtsbranche zu schaffen, verhindert, ist das doch schön.» Am Ende nahm der Nationalrat das entsprechende Bundesgesetz zur Besteuerung der Telearbeit von Grenzgängern, wie die Vorlage heisst, ohne Gegenstimme an – das Geschäft geht nun in den Ständerat.
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