Ein Panzer des Typs «T-72» der russischen Armee, der mit einem Überbau modifiziert wurde, der ihn gegen (Drohnen-)Angriffe von oben schützen sollte. Er wurde kurz darauf zerstört. April 2024.
Video: watson/Lucas Zollinger
«Schildkröten-Panzer», «Frankenstein-Panzer» oder «gepanzerte Scheune». Das waren nur einige der Namen, die die neuste Errungenschaft russischer Kriegsingenieure online erhielt. Zum ersten Mal gesichtet wurde das kuriose Fahrzeug letzte Woche bei einem Vorstoss in Krasnohoriwka in der Oblast Donezk. Kurze Zeit später wurde es zerstört. Eine Geschichte von russischem Ãœbermut und ukrainischer Detektivarbeit:
Video: watson/Lucas Zollinger
Unter schwerem Beschuss rückte irgendwann vergangene Woche ein Konvoi der russischen Armee in der Region der umkämpften Kleinstadt Krasnohoriwka vor. An seiner Spitze: Ein seltsames Fahrzeug, das, wie sich später herausstellen sollte, ein umgebauter Panzer vom Typ «T-72» war. Der Vorstoss war für Russland ein Erfolg. Zwar wurde mindestens ein Fahrzeug des Konvois zerstört, dem Grossteil gelang es jedoch, seine Truppen an der Zielposition abzusetzen und zurück hinter die eigenen Linien zu fahren. Dementsprechend propagandistisch wurde dieser Erfolg auf den gängigen Social-Media-Kanälen wie X (ehemals Twitter) und Telegram verkauft.
Rasch wurden dem Gefährt lächerliche Spitznamen gegeben und Memes entstanden. Auch Experten gaben ihre Einschätzungen dazu ab, unter anderem der Militärkorrespondent David Axe, der für das Magazin Forbes schreibt. Er äusserte Zweifel an der tatsächlichen Bedrohung, die vom Panzer ausging. Dieser könne mit seinem sperrigen Überbau sein Geschütz kaum noch bewegen und dürfte (noch) weniger mobil sein. Ausserdem sei es für erfahrene Drohnenpiloten auch hier kein Problem, eine Schwachstelle zu finden.
Überheblichkeit führt zu Totalverlust
Trotz – oder vielleicht gerade wegen – des Erfolgs bei seinem ersten Einsatz, war die Karriere des «Schildkröten-Panzers» von kurzer Dauer. Gerade mal einen Tag danach wurde er nämlich auch schon zerstört. Grund dafür war nicht zuletzt auch die russische Propaganda-Maschinerie, die ihren Do-it-yourself-Panzer auf Social Media so gefeiert hatte. Die Ukraine konnte dank eines dieser Propaganda-Videos herausfinden, wo der Panzer (und mehrere andere Fahrzeuge) abgestellt worden war.
Auch die Trägerkonstruktion des Hangars war für die ukrainischen Ermittler ein Hinweis darauf, wo der Panzer stehen könnte.
Mittels Geolokalisation wurde der Ort im Donezker Stadtteil Petrowsky ausfindig gemacht – und mit einem präzisen Luftschlag angegriffen. Das war das Ende des «Frankenstein-Panzers» und der anderen Fahrzeuge in dem Hangar.
Weitere Sichtungen im Kampfgebiet
Die russische Armee scheint den Ansatz des «gepanzerten Panzers» aber noch nicht verworfen zu haben. Auf der Plattform X wie auch auf Telegram sind in den letzten Tagen mehr Fotos und Videos ähnlicher Fahrzeuge aufgetaucht.
Und auch wenn online darüber gespottet wird: Dieses Gefährt zeige, dass Russland versuche, sich den Gegebenheiten der Kriegsführung anzupassen, so Militärkorrespondent David Axe. Eine der grössten Bedrohungen für russische Panzer seien Drohnen. Deshalb habe man begonnen, grobe Metallkäfige und Störsender auf ihnen zu montieren – eine Methode, die man von syrischen Kämpfern abgeschaut habe. Und je länger diese Bedrohungen andauerten, desto ausgefeilter würden die Improvisationen – bis sie keine Improvisationen mehr sind.
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