Pannen und Unfälle bei CABB – eine Chronik

Am späten Freitagabend ereignete sich bei der Schweizerhalle ein Chemieunfall. Das betroffene Unternehmen ist nicht zum ersten Mal in den Schlagzeilen. Politiker fordern jetzt Massnahmen.

Mai 2010: Vier Verletzte nach Explosion

pannen und unfälle bei cabb – eine chronik

2010 explodiert ein Tank bei der CABB. Darin war Produktionsabwasser gespeichert.

Am 31. Mai kommt es zu einer Explosion im Bereich eines Abwassertanks. Dieser wird durch den Vorfall komplett zerstört. Laut der Baselbieter Polizei fliegen einzelne Teile bis zu 100 Meter weit. Eine dunkle, gut sichtbare Wolke ist zu sehen. Vier Personen sind nach dem Vorfall leicht verletzt. Drei von ihnen müssen sich mit Verdacht auf Gehörtraume in Spitalpflege begeben, die vierte Person erleidet leichte Schnittverletzungen. Für Mensch und Umwelt bestehe keine Gefahr, lässt die Polizei verlauten.

September 2010: Wolke mit Salzsäure und Essigsäure

Ein Leck in einer Pumpe sorgt dafür, dass am 24. September 2010 gegen 3.40 Uhr morgens rund 3000 Liter Chloracetylchlorid bei der CABB austreten. Die Substanz ist giftig und ätzend. Ein Teil davon bildet in Verbindung mit der herrschenden Luftfeuchtigkeit eine Wolke mit Salzsäure und Essigsäure. In der Umgebung kommt es entsprechend zu einer Geruchsbelästigung – es riecht nach Essig. Verletzt wird niemand. Sechs Personen melden nach dem Vorfall Beschwerden wie Kratzen oder Unwohlsein. 150 Einsatzkräfte von verschiedenen Feuerwehren und der ABC-Wehr Basel-Landschaft sowie Umweltschutz-Spezialisten des Kantons stehen über mehrere Stunden im Einsatz.

Juni 2013: Nebelbildende Chemikalie tritt aus

Am 21. Juni tritt bei der CABB um 3 Uhr morgens eine ätzende, stark nebelbildende Chemikalie aus. Rund zwei Stunden später hat die Werksfeuerwehr die Situation unter Kontrolle. Für Mensch und Umwelt besteht laut der Baselbieter Polizei keine Gefahr.

Juli 2014: Unfall fordert Todesopfer

Am 3. Juli 2014 kommt es in der CABB zu einem schweren Unfall, der einem jungen Chemikanten das Leben Kosten sollte.

Ein Angestellter muss im Zuge der Herstellung von TFMBAC50 entstandenes Abwasser in Container abfüllen. Im Zuge der Arbeiten gesellt sich ein junger Chemikant dazu, der aufgrund einer Knieverletzung eigentlich nicht am betreffenden Ort sein darf. Beim Befüllen eines älteren Containermodells, in dem sich noch Reste eines leicht brennbaren Destillates befanden, ereignet sich eine elektrische Entladung. Da diese nicht abgeleitet werden kann, steigt der Druck im Container. Dieser bricht auf.

Der erste Angestellte kann sich noch ins Freie retten – der junge Chemikant geht aber an Stöcken und wird vom austretenden Nebel erfasst. Dieser gelangt in die Atemwege. Trotz sofortiger medizinischer Versorgung stirbt der Mann zwei Monate später im Universitätsspital Lausanne. Der weitere Angestellte und sein Vorgesetzter werden sich vor Gericht verantworten müssen.

pannen und unfälle bei cabb – eine chronik

Die CABB gerät immer wieder in die Schlagzeilen, weil Chemikalien austreten.

November 2016: Mehrfacher Chloraustritt und personelle Konsequenzen

Mitte November vermeldet die CABB einen Chloraustritt – eine Schelle an einem Abluftrohr sei undicht gewesen. Um 3 Uhr früh sei deshalb Chlor entwichen. Bereits einige Tage zuvor gab es einen ähnlichen Vorfall: Dabei waren Chlorwasserstoff und Schefeldioxid ausgetreten. Wegen eines kaputten Dachfensters war die stinkende Abluft ins Freie gelangt.

In beiden Fällen gibt es keine Verletzten. Ein Unternehmenssprecher nennt die Häufung der Zwischenfälle «völlig inakzeptabel». Ende November kündigt die CABB personelle Konsequenzen an: Der Werkleiter und ein Anlageverantwortlicher müssen gehen.

März 2017: Drei Mitarbeiter im Spital

Am 9. März 2017 müssen drei Mitarbeiter nach einem Arbeitsunfall zur Beobachtung ins Spital gebracht werden. Nach der Reparatur eines Durchlaufzählers an einer Leitung war eine flüssige Chemikalie freigesetzt worden. Nach wenigen Stunden können die Mitarbeiten aus dem Krankenhaus entlassen werden.

August 2017: Zwei Lecks an einem Tag

Am 17. August 2017 gibt es am frühen Morgen ein Leck in einer Leitung der Firma. Danach tritt konzentrierte Schwefelsäure aus. Die Feuerwehr kann den Austritt rasch stoppen: Maximal 35 Liter Säure sind ausgetreten. Damit die entstandenen Dämpfe sich nicht unkontrolliert verbreiten, schlagen die Einsatzkräfte diese mit Wasser nieder. Zeitweise steigt eine gut sichtbare Säule über dem Gebäude aus, aber die Wolke verflüchtigt sich rasch. Für Mensch und Umwelt bestehe keine Gefahr, heisst es von den Behörden.

Am Nachmittag desselben Tages gibt es ein erneutes Leck: Bei der Reparatur einer defekten Leitung entweicht Schwefelsäure. Der Vorfall bewegt sich in einem ähnlichen Rahmen wie derjenige vom Morgen. In beiden Fällen wird niemand verletzt.

März 2018: Investitionen in Sicherheit

Politiker und Bevölkerung fordern nach den Zwischenfällen Massnahmen. Immer wieder verkündet die CABB Investitionen in die Sicherheit. So auch am 2. März 2018. 40 Millionen Franken sollen alleine im laufenden Jahr investiert werden.

Juni 2018: Zwei weitere Vorfälle

Am 17. und 18. Juni 2018 kommt es zu zwei weiteren Vorfällen. Dabei handelte es sich einerseits um einen Oelum-Austritt. Eine ölige, rauchende Schwefelsäure, die von der Feuerwehr mit Wasser niedergeschlagen wurde. Zudem platzt am Tag darauf ein Glasrohr.

April 2019: Angestellter nach Todesfall schuldig gesprochen

Der CABB-Angestellte, der beim tödlichen Unfall von 2014 dabei war, wird vor Gericht der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Verursachung einer Explosion schuldig gesprochen. Er wird zu einer bedingten Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu 130 Franken verurteilt. Zudem muss er Genugtuungs- und Entschädigungskosten an die Familie des Opfers sowie Gerichts- und Anwalts­kosten von insgesamt über 70000 Franken zahlen. Er hätte erkennen müssen, dass der Unfall-Container nicht mehr funktionstüchtig sei, urteilt das Gericht. Der Vorgesetzte des Verurteilten wird freigesprochen.

März 2021: Wieder ein Oelum-Austritt

Am 16. März 2021 tritt rauchende Schwefelsäure bei der CABB aus. Es handelt sich um eine geringe Menge. Über dem Gelände ist weisser Nebel sichtbar. Die Einsatzkräfte können den Austritt schnell stoppen. Niemand wird verletzt. Es besteht keine Gefahr für Mensch und Umwelt. Bisher hat die Firma 100 Millionen Franken zur Erneuerung und Modernisierung der Infrastruktur investiert.

Juli 2022: Verzögerte Information

Am 13. Juli 2022 breitet sich in der Region ein Gestank aus. Dieser wird von Menschen in Muttenz, Pratteln, Allschwil, Münchenstein, Therwil und Basel gerochen. Ursache ist ein Vorfall bei der CABB. Die Polizei informiert erst zweieinhalb Stunden nach Austritt des Stoffes. Es habe sich nicht um eine gefährliche Substanz gehandelt, so die Begründung.

Januar 2024: Weiterer Schuldspruch

Weil 2021 bei der CABB kontaminiertes Abwasser in den Rhein geflossen war, wird der verantwortliche Angestellte vor Gericht verurteilt. Weil er gegen das Gewässerschutzgesetz verstossen hat, muss er eine bedingte Geldstrafe zahlen. Dies berichtet die «bz basel».

26. April 2024: Starke Geruchsbelästigung wegen Säurewolke

Um cirka 21 Uhr dringt eine unbestimmte Menge Acetylchlorid aus. Eine Säurewolke ist in der Region sichtbar. Der Austritt sorgt für eine starke Geruchsbelästigung. Die Behörden geben eine Warnung an die Prattler Bevölkerung heraus: Fenster und Türen sollen geschlossen und Lüftungen ausgestellt werden, man solle drinnen bleiben. Später wird die Warnung an Muttenz und Pratteln und dann die Stadt Basel und die erweiterte Region um das Gebiet herausgegeben. Im Laufe der Nacht kommt dann die Entwarnung: Ausserhalb des Werkgeländes können die Behörden keine erhöhten Werte feststellen. Der Stoffaustritt sei unter Kontrolle, teilt die Baselbieter Polizei am frühen Morgen des 27. Aprils mit. Wie es zum Vorfall klar, ist unklar und wird untersucht.

Das sagt die CABB – Kritik aus der Politik

CABB-Werkleiter Uwe Müller wird nach dem Vorfall vom Freitag in einer Mitteilung zitiert: «Wir verfügen über ein umfassendes Sicherheitsdispositiv und Einsatzmanagement, das bei einem Ereignis sofort zum Tragen kommt. Das war auch hier der Fall. Es ist eine Tatsache: In der chemischen Produktion arbeiten wir mit Stoffen und Produkten verschiedener Gefahrenklassen. Diesen Gefahren sind wir uns aber jederzeit bewusst und beherrschen diese.» Die Alarmierung der Bevölkerung habe einwandfrei funktioniert.

Im «SRF-Regionaljournal» sagt der Pratteler Gemeindepräsident Stefan Burgunder (FDP), dass sich die Bevölkerung mittlerweile an Störfälle in der Schweizerhalle gewöhnt habe. Er kritsisiert: «Mir schrammen immer knapp an einer Katastrophe vorbei. Und jetzt müssen wir etwas tun, dass so etwas nicht mehr passiert.» Stefan Ackermann, Fraktionspräsident der Grünen im Landrat sagt, die Bevölkerung habe das Vertrauen in die CABB verloren. «Irgendwann ist der Geduldsfaden gerissen.» Die Politiker fordern nun Antworten von der Regierung.

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