DIE NEUSTEN ENTWICKLUNGEN - WEF 2024: Amherd und von der Leyen wollen am EU-Dossier «dran bleiben»
Die neusten Entwicklungen:
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski und Bundespräsidentin Viola Amherd äussern sich nach Gesprächen auf dem Landgut Lohn in Kehrsatz vor den Medien. Alessandro Della Valle / Keystone
Bundespräsidentin Viola Amherd hat am Montagabend (15. 1.) Ursula von der Leyen, die Präsidentin der EU-Kommission, am Rande des WEF in Davos getroffen. Amherd sprach danach von einem «angenehmen» Treffen. Wenig überraschend bestärkten beiden Seiten ihren Willen, am EU-Dossier «dran zu bleiben». Sie habe die Kommissionspräsidentin über den Fahrplan informiert. Derzeit wird das mögliche Verhandlungsmandat innenpolitisch von den aussenpolitischen Kommissionen im Parlament sowie in den Kantonen beraten. Weiter habe Amherd die EU-Kommissionspräsidentin kurz über ihre Treffen mit dem chinesischen Premierminister Li Qiang sowie den Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski informiert.
Die Schweiz ist laut Bundespräsidentin Amherd bereit, einen Friedensgipfel für den Krieg in der Ukraine zu organisieren. Die Bundespräsidentin sagte vor den Medien, dass sie eine entsprechende Anfrage des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski positiv beantwortet habe. Das EDA wird laut Bundespräsidentin Amherd die Organisation des Gipfels übernehmen. Zudem soll im Oktober 2024 in Genf eine Konferenz stattfinden, um die Räumung von Landminen voranzutreiben. Für die weitere Unterstützung der Ukraine plant die Schweiz ein Hilfspaket von 1,5 Milliarden Franken ein. Laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski soll die Planung für den Friedensgipfel bereits am Dienstag anlaufen. Weiter sagte Selenski, dass alle Länder, welche die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine anerkennen eingeladen werden sollen. Speziell erhofft sich Selenski, dass China am Gipfel teilnimmt.
Auch Chinas Ministerpräsident Li Qiang ist anlässlich des WEF in der Schweiz. Er wurde am Sonntagabend von Viola Amherd am Flughafen willkommen geheissen. Am Montagmorgen wurde auf dem Landgut Lohn bei Bern ein militärischer Empfang abgehalten, bevor sich Viola Amherd und Li Qiang zu offiziellen Gesprächen zurückzogen.
Am Sonntag haben Berater für nationale Sicherheit von mehr als 80 Staaten den Zehn-Punkte-Plan des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski diskutiert. Die Schweiz hat dazu eingeladen. Es sei ein Erfolg, dass sich 83 Länder daran beteiligen, ein gemeinsames Verständnis in Bezug auf die zehn Punkte zu entwickeln, sagte Ignazio Cassis am Sonntagnachmittag (14. 1.) an einer Pressekonferenz. Cassis bezeichnete Selenskis Zehn-Punkte-Plan als Grundlage für den Friedensprozess. Andri Jermak, Leiter des ukrainischen Präsidentenbüros, sagte am Abend zum Konferenz-Ende, die Gespräche seien «ermutigend» verlaufen. Die Vorstellung der einzelnen zehn Punkte sei nun abgeschlossen. Zum Bericht
Diese Woche treffen sich 2800 Regierungsvertreterinnen und Vertreter, CEO, Verwaltungsratspräsidenten und Gesandte internationaler Organisationen aus 120 Ländern in Davos, unter ihnen 60 Staatsoberhäupter. Das Thema der 54. Ausgabe des Weltwirtschaftsforums lautet: «Vertrauen wieder aufbauen». Die Eröffnungszeremonie findet am Montagabend statt, am Dienstag geht es so richtig los.
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Wer wird in Davos erwartet?
2800 Führungspersonen reisen für das Treffen in die Schweiz, darunter 60 Staats- und Regierungschef. Die Gästeliste ist geprägt von den Kriegen in der Ukraine und in Nahost. Auch China und die USA werden in Davos prominent vertreten.
Der prominenteste Gast ist wohl der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski, der seit Ausbruchs des Krieges in der Ukraine zum ersten Mal in die Schweiz reist. Zudem wird der israelische Staatspräsident Isaac Herzog erwartet. Auch Ministerpräsidenten aus Katar, dem Irak, Jordanien und Libanon stehen auf der Gästeliste.
Auch der im März vergangenen Jahres ernannte Ministerpräsident Li Qiang wird in Davos auftreten. Von den USA dürften Jake Sullivan, der Berater für nationale Sicherheit, und Aussenminister Antony Blinken teilnehmen. Auch der neue argentinische Präsident Javier Milei wird erwartet.
Ausserdem werden die EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen, der Uno-Generalsekretär António Guterres und zahlreiche Bundesräte an dem Spitzentreffen teilnehmen.
Welche Sicherheitsvorkehrungen werden getroffen?
Das WEF in Davos ist für die Sicherheitskräfte eine grosse Herausforderung. Die angespannte geopolitische Lage und die Bedrohungslage erfordern verstärkte Einsätze von Polizei- und Armeeangehörigen.
Seit dem 12. Januar ist der Luftraum über Davos gesperrt. Dabei arbeitet die Schweiz eng mit Italien und Österreich zusammen. Zudem haben Angehörige der Armee rund um Davos einen 250 Kilometer langen Schutzzaun aufgebaut.
Die Polizei wird dabei von rund 5000 Armeeangehörigen unterstützt. Die Hälfte der Einsatzkräfte ist direkt vor Ort. Im Einsatz stehen Cyberspezialisten, Scharfschützen, Hundeführer.
Die Hauptlast der Kosten für die Sicherheitsvorkehrungen tragen der Kanton Graubünden und die Gemeinde Davos. Rund 9 Millionen Franken betragen die Zusatzkosten laut dem Bund. Dieser unterstützt dabei mit 2,55 Millionen Franken.
Worüber wird gesprochen?
Das diesjährige Weltwirtschaftsforum soll einen offenen Dialog zwischen Regierungen, Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft ermöglichen und die Zusammenarbeit von öffentlichen und privaten Organisationen beschleunigen. Das Ziel: in einer Welt, die immer komplexer und krisenreicher wird, den Überblick behalten – und gemeinsam nach Lösungen suchen.
Das WEF 2024 hat vier Themenschwerpunkte:
Sicherheit und Zusammenarbeit: Es sind zahlreiche Veranstaltungen geplant, die sich um gegenwärtige Sicherheitskrisen wie jene im Nahen Osten oder in der Ukraine drehen. Unter anderen werden der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski, die EU-Kommissions-Präsident Ursula von der Leyen und der chinesische Ministerpräsident Li Qiang Reden halten. Selenski war bereits am Sonntag in Davos Thema: 83 Staaten diskutierten auf Einladung der Schweiz an einer Konferenz Selenskis Zehn-Punkte-Plan.
Wachstum und Arbeitsplätze: In Davos wird ausserdem diskutiert, wie das Wirtschaftswachstum im kommenden Jahrzehnt sichergestellt und neue Jobs geschaffen werden können. Geplant sind Panels und Ansprachen zu Themen wie ökonomische Ungleichheit, nachhaltige Investitionen und Lieferketten der Zukunft.
Künstliche Intelligenz: Die Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz haben Wirtschaft und Politik im vergangenen Jahr stark beschäftigt. Auch am WEF wird KI zum grossen Thema.
Klima, Natur und Energie: Wie schon in den Jahren davor werden sich die Führungskräfte am WEF auch mit dem Klimawandel und der Energieversorgung beschäftigen.
Am Sonntag vor Beginn des WEF fand zudem eine Ukraine-Konferenz statt. Berater für nationale Sicherheit aus 83 Staaten diskutierten auf Einladung der Schweiz den Zehn-Punkte-Plan von Wolodimir Selenski. Mehr dazu
Wer steht hinter dem WEF?
Der Gründer des Weltwirtschaftsforums Klaus Schwab bei einem Treffen von Wirtschaftsvertretern in der chinesischen Stadt Tianjin im Juni 2023. Tingshu Wang / Reuters
Das Weltwirtschaftsforum gibt es bereits seit 1971. Klaus Schwab, der zu dieser Zeit Wirtschaftsprofessor an der Universität Genf war, hat es gegründet. Der ursprüngliche Zweck der Veranstaltung war es, über moderne Managementkonzepte zu diskutieren. Erst seit 1994 nehmen auch Politiker an dem Treffen teil, seit 2015 hat das WEF in der Schweiz offiziell den Status einer internationalen Organisation. Rund tausend Unternehmen sind Mitglieder und zahlen dafür hohe Beiträge.
Das Leitungsgremium des Weltwirtschaftsforums besteht aus einigen bekannten Persönlichkeiten: Mitglieder sind unter anderem die IMF-Direktorin Kristalina Georgiewa, der ehemalige amerikanische Vizepräsident Al Gore, die EZB-Präsidentin Christine Lagarde, die WTO-Direktorin Ngozi Okonjo-Iweala, Königin Rania von Jordanien und der Nestlé-CEO Mark Schneider.