Neues von Lars von Trier: Im Kino Rex sind die neue und die zwei alten Staffeln von «Geister», der okkulten Spitalserie zum Totlachen, in voller Länge zu sehen.
Lars von Triers «Geister» ist ein Gegenentwurf zur sterilen Krankenhausserie.
Krankenhausserien sind ein eigenes Genre. Meist geht es um Notfallpatienten, die meist wundersam gerettet werden, um Halbgötter in Weiss und Herzschmerz, der nichts mit Vorhofflimmern zu tun hat. Nicht so bei Lars von Trier. Der dänische Regisseur schuf mit der ersten Staffel der Fernsehserie «Riget» (deutscher Titel: «Geister») 1994 den Gegenentwurf zur sterilen Krankenhausserie. Benannt nach dem Reichskrankenhaus Riget in Kopenhagen, auf dessen neurochirurgischer Abteilung die Serie spielt, schafft er eine grossartige Mischung zwischen okkultem Horror und sarkastischer Komödie.
Der Legende nach ist das Rigshospitalet auf dem Sumpfland der alten Bleicheteiche Kopenhagens gebaut, in denen das Böse Wurzeln geschlagen hat und immer wieder versucht, an die Oberfläche zu gelangen. Es ist ein ewiger Kampf zwischen der Wissenschaft, die das Spital regiert, und dem Übernatürlichen, das darunter brodelt.
Leer gefegte Strassen zur Sendezeit
Lars von Trier war Mitverfasser des 1995 erschienenen Dogma-Manifests, das die Filmwelt aus den Fugen hob, und sorgte immer wieder für Provokationen. Sei es mit der Gewaltdarstellung in «Antichrist» oder dem erbarmungslosen Anti-Musical-Film «Dancer in the Dark». Die einzige Serie des Regisseurs ist sein humorvollstes Werk und hatte auf die dänische Bevölkerung eine ähnliche Auswirkung wie kurz davor David Lynchs Serie «Twin Peaks»: Leer gefegte Strassen zur Sendezeit; ganz Dänemark sass Abend für Abend gespannt vor dem Fernseher.
Es war die Zeit vor Netflix und lieblosen Produktionen für die Massen. Von Triers Serie, die dem Publikum etwas zumutet, war wegweisend. Der pseudodokumentarische Stil, bereits geprägt von der unruhigen Dogma-Handkamera, wurde später etwa in der britischen Serie «The Office» aufgenommen. Stephen King adaptierte «Riget» als «Kingdom Hospital» fürs amerikanische Publikum.
Teil zwei wurde 1997 ausgestrahlt, nach 25 Jahren kommt nun endlich der dritte Teil. Einige der Darstellenden sind in der Zwischenzeit gestorben, etwa Ernst-Hugo Järegård, der den schwedischen Neurochirurgen Stig Helmer verkörperte. Der Schwede schrie sich Abend für Abend auf dem Dach des Spitals den Hass auf Dänemark aus dem Leib – mit sehnsüchtigen Blick auf die fernen Lichter Schwedens. In der neuen Staffel kommt sein Sohn Helmer Jr. (Mikael Persbrandt) zum Zuge. Die ewige Fehde zwischen Dänemark und Schweden wird auch in der dritten Staffel ausgeschlachtet. Die Mitglieder der dänischen Belegschaft sind alle auf ihre Art durchgeknallt – von neurotisch bis passiv-aggressiv –, der selbstherrliche Schwede verkündet, er wolle die dänischen Standards auf schwedisches Niveau heben, auch wenn das eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit sei.
Neurotisch bis passiv-aggressiv
Mit einem hervorragenden Schauspielensemble, darunter Lars Mikkelsen, Nikolaj Lie Kaas und Udo Kier und Gastauftritten von Alexander Skarsgård oder Willem Dafoe, lebt die Serie von den skurrilen Charakteren und den absurden Einfällen. Etwa einer Schmerzkonferenz, deren Slogan lautet: «Schmerz ist dein Freund», einem Raum für «Anonyme Schweden» im Keller, oder einem Trinkspiel an der morgendlichen Teamsitzung, an dem die schwedischen kulturellen Errungenschaften gegen die dänischen ausgespielt werden.
Auch der Regisseur selbst hat am Ende jeder Folge einen kurzen Auftritt und fasst die Themen des soeben gesehen schulmeisterlich zusammen. In der neusten Staffel ist er allerdings nicht mehr sichtbar. Er spricht hinter einem Vorhang. «Aus Eitelkeit», wie er sagt. Mit dem jungen und kecken Lars von damals könne er nicht mehr mithalten. Die Serie könnte Lars von Triers filmisches Vermächtnis sein: Bei dem 67-Jährigen ist kürzlich Parkinson diagnostiziert worden. Dass er wohl das Spital, dem er zu Kultstatus verholfen hat, nun öfters von innen sieht, ist ein beinahe teuflischer Wink des Schicksals.
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