Vom Gitarristen zum Musical-Komponisten: Chris de Burgh hat die Songs für „Robin Hood“ geschrieben.
Mister de Burgh, es gibt ja zahlreiche Verfilmungen der Robin-Hood-Saga mit Stars wie Errol Flynn, Kevin Costner, Sean Connery oder Russell Crowe. Haben Sie da einen Favoriten?
Ich habe sie alle gesehen. Und wahrscheinlich war der erste Film der beste. Ich sah sie mir alle an, nachdem ich von den Leuten in Fulda gefragt worden war, ob ich bei dem Projekt eines Robin-Hood-Musicals mitmachen wolle. Sie wussten, dass ich mich sehr für europäische Geschichte interessiere, und sie wussten auch, dass ich in einer alten Burg aufgewachsen bin. Einer meiner Vorfahren, Hubert de Burgh, war ja Chief Justiciar und damit hochrangigster Minister unter König John, also in jener Zeit, in der auch Robin Hood gelebt haben soll. Das Projekt reizte mich daher sehr. Ich kann Ihnen allerdings sagen, dass es um einiges herausfordernder ist, Lieder für ein Musical, also für ein Bühnenstück zu schreiben, als ich es sonst gewöhnt bin. Also habe ich recherchiert und mir nicht nur die vielen Verfilmungen, sondern auch alle möglichen Musicals angesehen. Und dabei ist mir etwas Wichtiges aufgefallen: Der entscheidende Moment ist jener, wenn die Besucher das Theater verlassen.
Und dabei immer noch eine Melodie im Kopf haben?
Dies oder auch eine Idee, eine Aussage. Wenn ich etwa Kevin Costner im Film sagen höre „Hi, I’m Robin“, dann denke ich „Ah, Hollywood-Akzent“ und dann nichts weiter. Wir wollten die Geschichte aber als ein Statement zu unserer heutigen Zeit verstanden wissen. Wir erzählen zwar von Helden, doch die werden ja nicht geboren. Sie wurden Helden, weil sie in einem bestimmten Moment ihres Lebens reagieren mussten. So wie jemand, der in einen Fluss springt, um einen anderen Menschen zu retten.
Haben Sie daher die Figur des Robin Hood im Musical als einen Menschen mit Zweifeln und persönlichen Schwierigkeiten angelegt? Er ist traumatisiert von der Teilnahme am Kreuzzug, und auch später lassen sich die Dinge nicht einfach nur mit einigen Schwerthieben oder platzierten Bogenschüssen lösen. Der Zuschauer beobachtet also die allmähliche Schaffung des Mythos?
Es gibt für das Theater ja die schöne Theorie der willentlichen Aussetzung der Ungläubigkeit. Der Theaterzuschauer willigt also ein, sich auf die Illusion einzulassen, um dafür gut unterhalten zu werden. So ist es hier mit der Figur des Robin Hood. Und, das will ich betonen, auch mit der Stärke der Frau, Marian. Die ist in unserer Geschichte nicht nur ein kleines zartes Mädchen, sondern tough. Sie ist es, die Robin die Augen öffnet für die Armut, unter der die Landbevölkerung wegen der Steuerlast leidet. Sie bedeutet ihm, dass er etwas unternehmen muss. Und sie zeigt ihm die sterbenden Kinder und den alten Mann, der im Dreck liegt. Und das ist der Moment, da Robin Hood reagiert und damit zum Helden wird.
Das Musical ist ja eine deutsche Produktion und in Fulda uraufgeführt worden. Wie kam es denn zu dieser Zusammenarbeit? Kannten Sie Ihren Ko-Autor und Ko-Komponisten Dennis Martin schon von einer anderen Gelegenheit? Er hat ja schon mit zahlreichen internationalen Musikstars gearbeitet.
Nein, wir kannten uns vorher nicht. Ich war aber schon öfter in Fulda, habe dort so manches Konzert gespielt und mag diese Stadt. Jedenfalls sprach Dennis Martin mich an und sagte, dass er gern einen Song von mir für ein Musical verwenden würde. Ich dachte gleich an so etwas wie Meat Loaf oder Bonnie Tyler – „Total Eclipse Of The Heart“, während man auf Vampire starrt – und war mir sicher, das funktioniert nicht. Doch dann spielte er mir das Arrangement für „Don’t Pay The Ferryman“ vor, und das war wirklich aufregend. Und nun ist es der große Song, den das ganze Ensemble singt: „Freiheit für Nottingham!“.
Das wäre dann der große Hit, den jedes Musical braucht und den die Besucher auf dem Nachhauseweg summen. Sie haben sonst aber keines Ihrer anderen bekannten Lieder hergegeben, sondern neue Songs geschrieben. Ist es ein anderes Komponieren, weil es manchmal nur eine Strophe braucht, bevor wieder ein Dialog beginnt? Einer solchen Struktur folgen Sie sonst nicht. Eher erzählen Sie ja gerne ganze Geschichten in Ihren Liedern.
Diese Frage beschäftigte mich auch vor vier Jahren, und ich entschied mich, ein eigenes Album, „The Legend of Robin Hood“, zu schreiben. 23 neue Songs ergeben auf diesem Konzeptalbum die Robin-Hood-Geschichte, wie ich sie aufgeschrieben habe. Einige davon sind dann für das Musical verwendet worden.
Die Figur des Robin Hood ist möglicherweise nur eine Legende, ein fiktionaler Charakter. Der Name soll einst sogar nur eine allgemeine Bezeichnung für einen Gesetzesbrecher und nicht etwa für eine Person gewesen sein. Gab Ihnen das die Freiheit, einen Charakter zu zeichnen, dessen Handeln sich einfacher auf unsere Zeit übertragen lässt?
In gewisser Weise schon, weil am Anfang ja erst einmal nur das leere Blatt Papier ist. Aber selbst wenn man die Geschichte auf seine eigene Art erzählt, muss man Marian erwähnen und wahrscheinlich auch den Sheriff von Nottingham als wichtige Figur. Und es braucht auch Will Scarlett und Little John. Aber wir haben viel diskutiert, wie Robin glaubwürdig in seinem Handeln zu zeichnen ist. Eben nicht wie ein Filmheld, sondern wie jemand, dem man in der Nachbarschaft begegnen könnte. Jemand, der bei einem Unrecht aufsteht und widerspricht.
Ihr Robin Hood ist also ein Advokat für Zivilcourage?
Ja, und für Menschlichkeit. Und für Freiheit, womit ich jetzt nicht ganze Länder meine, sondern die Freiheit der Rede und die Freiheit der Wahl.
Sie selbst entstammen dem Hochadel. Wie hätten Sie es zu Zeiten von Robin Hood gehalten? Hätten Sie ihn geächtet, oder wären Sie ihm in den Sherwood Forest gefolgt?
Mein Vorfahr war ja der mächtigste Mann Britanniens nach dem König. Robin Hood zu kennen wäre also auf jeden Fall ein Affront gegen die eigene Familie gewesen. Aber ich wäre ihm wohl gefolgt. Denn ich hasse Ungerechtigkeit. Vielleicht hätte ich meinen Onkel Hubert aufgesucht und ihn zu überzeugen versucht, etwas zu ändern. Er hätte mir dann gesagt, das könne er nicht, weil der Boss König John sei. Aber er könne die Steuerlast in der Gegend mindern. Und so hätte ich etwas unternommen.
Das Musical war bei den Aufführungen in Fulda ein großer Erfolg und geht nun auf Tournee. Haben Sie da bereits Pläne für ein neues Musical?
Wir wollen erst einmal in Deutschland damit touren und schauen, ob wir es im nächsten Jahr vielleicht in China aufführen können. Das wäre sehr interessant. Und dann könnte es vielleicht irgendwann eine englische Übersetzung geben.
Und Robin Hood kehrt in sein Stammland zurück. Spielen Sie einige der Songs aus dem Musical auch bei Ihren Konzerten? Im Sommer treten Sie ja bei verschiedenen Open-Air-Konzerten in Deutschland auf, darunter auch in Hanau. Und im Herbst schließt sich noch eine Hallentour an.
Ich bin ja jetzt seit 50 Jahren im Musikgeschäft und veröffentliche aus diesem Anlass ein Album mit Songfavoriten von all meinen Studioplatten. Da ist auch etwas vom „Robin Hood“-Album dabei. Doch ein Konzertprogramm ist anders. Da geht es ja vor allem um die bekannten Songs, die das Publikum erwartet. „The Lady In Red“ ist also auf jeden Fall dabei.
Die Fragen stellte Christian Riethmüller.
„Robin Hood – Das Musical“ wird vom 27. März bis 6. April in der Alten Oper Frankfurt aufgeführt. Chris de Burgh selbst spielt am 9. August in Hanau, am 12. August in Wetzlar und am 19. Oktober in Wiesbaden.
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