Herz- statt Kopf-Hockey und ein «Freispruch» für den ZSC-Trainer

herz- statt kopf-hockey und ein «freispruch» für den zsc-trainer

ZSC-Trainer Marc Crawford.

Erstmals seit 2018 herrscht bei den ZSC Lions der Ausnahmezustand, den sie für einen Titelgewinn benötigen. Warum wir einen der intensivsten, schnellsten und unberechenbarsten Final unserer Geschichte sehen.

Die ZSC Lions, 1997 von hockeybegeisterten Zürcher Kapitalisten erschaffen, sind am besten im Ausnahmezustand. Nur einer von sechs Titeln (2014) ist unter mehr oder weniger normalen Umständen im Final gewonnen worden (2014 mit 4:0 gegen Kloten). Um alle anderen Finalserien ranken sich Legenden, Mythen, Dramen und allerlei Heldengeschichten und alles war gut gewürzt mit Emotionen. Zuletzt im Frühjahr 2018. Die taktischen Elche Hans Wallson und Lars Johansson werden rechtzeitig gefeuert. Mit dem Schmirgelpapier-Psychologen Hans Kossmann stürmen die Zürcher vom 7. Platz aus zum bisher letzten meisterlichen Triumph und werden im 7. Spiel auswärts in Lugano Meister.

Was bewirkt ein Ausnahmezustand? ZSC-Trainer Marc Crawford hat es nach dem 3:0 am späten Donnerstagabend auf den Punkt gebracht: Eine Mannschaft sei dann am besten, wenn sich in kritischen Momenten in der Kabine mehrere Spieler zu Wort melden und nicht bloss einer die Initiative ergreife. So ist es jetzt bei den ZSC Lions. Oder noch einfacher gesagt: Die Mannschaft lebt. Sie vermag aus sich heraus, auf eine kritische Situation zu reagieren, und die Spieler warten nicht, bis der Trainer von der Kanzel herab erklärt, was nun zu tun sei.

Das Erfolgsgeheimnis eines Trainers war schon immer, die Eigenverantwortung in heiklen Lagen zu fordern und zu fördern. Das gilt für alle Mannschafts-Sportarten. So wird es möglich, dass jeder auf seine Weise etwas zum Erfolg beiträgt. Dass immer wieder auch vermeintliche «Hinterbänkler» und nicht nur Stars, Schillerfalter und Leitwölfe Heldengeschichte schreiben. Dass einer, der vor dem Spiel nur als 13. Stürmer aufgestellt worden ist, eine Hauptrolle übernehmen kann. Wie Chris Baltisberger, der im 5. Spiel den früh verletzten Rudolfs Balcers im ersten Sturm zu ersetzen vermag.

Scheitern ist trotzdem immer noch möglich. Den ZSC Lions fehlt noch ein Sieg für die Meisterfeier. Aber es gibt gute Gründe, im Falle eines Falles einen «Freispruch» für Marc Crawford (und Sportchef Sven Leuenberger) zu fordern: Nach menschlichem Ermessen ist es praktisch unmöglich, eine bessere Mannschaft zusammenzustellen als die aktuelle Ausgabe der ZSC-Lions. Sven Leuenberger, seit 2017 im Amt, hat seit dem letzten Titelgewinn (2018) die sinnvollen grossen Transfers gemacht (Kukan, Malgin, Weber, Andrighetto) und die Ausländerpositionen richtig besetzt. Mehr geht nicht. Mit Marc Crawford hat er den Trainer gefunden, der den Spielern die Freiheiten lässt und Emotionen ins Spiel bringt.

Das ist der Unterschied zwischen Marc Crawford und seinem im vorletzten Dezember (2022) gefeuerten Vorgänger Rikard Grönborg: Der charismatische, dominante Schwede war in seinem Selbstverständnis grösser als die Mannschaft und setzte auf taktische Schulung, taktischen Gehorsam und System. Zu viel Kopf- und zu wenig Herzhockey.

Marc Crawford ist auch ein Taktiker. Aber bei ihm ist die Taktik nicht das System. Sondern das richtige einzeltaktische Verhalten der Spieler, die richtige Linienzusammenstellung und die passende Reaktion auf die Spielentwicklung durch schlaues Coaching: Der Spieler ist wichtiger als das System. Ein Titel wird auf dem Eis durch die Spieler und nicht vom Bandengeneral auf dem taktischen Kartentisch im Trainerbüro gewonnen.

Das Pech der ZSC Lions ist es, dass sie im Final von einem Gegner mit einer sehr ähnlichen DNA herausgefordert werden. Was oft unterschätzt wird: Lausanne ist nach den ZSC Lions mit ziemlicher Sicherheit die teuerste Mannschaft der Liga. Fast so gut besetzt und nach Jahren der Irrungen und Wirrungen nun zum ersten Mal in der Geschichte im Final und auf einer Mission. Noch mehr Motivation und Leidenschaft geht nicht. Cheftrainer Geoff Wards Hockeyphilosophie ist die gleiche wie die von Marc Crawford. So hat sich der Final immer mehr zu einem der intensivsten, schnellsten und unberechenbarsten der Geschichte (seit 1986) entwickelt.

Mit dynamischem, direktem «Nord-Süd-Hockey», das im Gegensatz zum breitgefächerten «Ost-West-Hockey», zum System-Spiel nordischer Prägung steht, das einst der SCB unter Kari Jalonen so meisterhaft beherrscht hat. Einen Coach (und einen Sportchef), der auf diesem Niveau einen Final verliert, hinterher als Verlierer zu bezeichnen, wäre absurd. Der Final wird einen Meister und einen Vize-Meister hervorbringen. Aber keinen Verlierer.

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