Janis Varoufakis, aufgenommen im März 2024. Mick Tsikas / Reuters
Eigentlich hätte der ehemalige griechische Finanzminister Janis Varoufakis auf dem «Palästina-Kongress» in Berlin reden sollen. Das für drei Tage angesetzte Treffen der Israel-Hasser wurde unter anderem von Diem25, einem von Varoufakis mitbegründeten linken, paneuropäischen Bündnis, mitorganisiert. Am Freitagabend allerdings unterband die Polizei bereits nach wenigen Stunden die Veranstaltung. Um antisemitische und israelfeindliche Propaganda bei der Veranstaltung zu verhindern, seien zudem mehrere Einreiseverbote gegen geplante Redner verhängt worden, meldeten deutsche Medien.
Varoufakis schrieb anschliessend auf X von einem «Betätigungsverbot» gegen ihn. Für den 63-Jährigen ist der geplatzte Auftritt gleichwohl ein gefundenes Fressen. So raunte er in den sozialen Netzwerken, dass die deutsche Polizei gezeigt habe, dass der «Faschismus» gar nicht erst an die Regierung kommen müsse, um bereits an der Macht zu sein.
Für die Teilnahme «qualifiziert» hatte sich Varoufakis durch sein langjähriges Agitieren gegen Israel. Zynischer Höhepunkt war ein Interview am 7. Oktober 2023. Dort hatte Varoufakis über die Massaker der Hamas gesagt, dass er diesen «Akt der Befreiung» niemals verurteilen werde.*
Mit der ihm eigenen selbstgefälligen Art erklärte er später, die eigentlich Schuldigen seien doch «wir» – die Europäer und die USA – , die es zugelassen hätten, dass Israel den Palästinensern «ein grausames Dilemma» aufzwinge: «Entweder sie sterben einen schrecklichen, stillen, allmählichen kollektiven Tod, oder sie greifen zu den Waffen und nehmen dabei oft unschuldige Menschen mit.» Kaum ein Tag vergeht seither, an dem Varoufakis nicht die Behauptung vom «Genozid an den Palästinensern» verbreitet und gegen Israel hetzt. Auch im Vorfeld der Wiener Festwochen, zu denen Varoufakis eingeladen war, wurde bereits seine Ausladung gefordert.
Die Pogrome vom 7. Oktober sind für ihn kein Terror
Während Varoufakis bei der Hamas keinen Terrorismus erkennen will, kam ihm der Begriff als Finanzminister Griechenlands leicht über die Lippen. «Was sie mit Griechenland machen, hat einen Namen: Terrorismus», sagte Varoufakis im Sommer 2015 in Interviews. Als Enfant terrible der griechischen Politik brachte der politische Quereinsteiger damals die Geldgeber von EU, Internationalem Währungsfonds (IMF) und Weltbank mit seiner Arroganz auf die Palme. Er trat konfrontativ auf, beschimpfte seine Gegner und forderte gleichzeitig deren Geld.
Die Welt blickte erstaunt bis fasziniert auf den glatzköpfigen Mann mit dem markanten Gesicht, der meist in seiner schwarzen Lederjacke auf einem schweren Motorrad zu Terminen vorfuhr. Dass er sich um Regeln und Konventionen nicht schert, zeigte sich nicht nur im Fehlen der obligaten Krawatte, sondern auch darin, dass er vertrauliche Sitzungen mit anderen Finanzministern heimlich mitschnitt – und später als «Euroleaks» veröffentlichte.
Für Griechenland konnte er als Finanzminister nichts erreichen, aber er selbst war danach ein gefragter Sprecher auf Symposien und Konferenzen, angepriesen als «linker Starökonom». Die NZZ schrieb nach einem seiner Auftritte in Zürich einmal von einem «redseligen One-Hit-Wonder».
An Selbstzweifeln ist Varoufakis arm, an Widersprüchen reich. Den Kapitalismus sieht er durch einen neuen «Techno-Feudalismus» abgelöst. Die grossen Tech-Firmen bereicherten sich durch die unbezahlte Arbeit der «Cloud-Sklaven» – also der Normalbürger, die Beiträge in den sozialen Netzwerken posten. Man müsse die Cloud-Sklaven organisieren, sie müssten die Macht über die Algorithmen erlangen. «Cloud-Sklaven aller Länder, vereinigt Euch!» heisst es am Ende seines jüngsten Buches in pseudorevolutionärem Pathos. Doch es sind natürlich diese Plattformen, die dem «digitalen Leibeigenen» Varoufakis einen Echoraum für seine Thesen bieten.
Jubel für die Taliban
Varoufakis, der an der Universität von Texas in Austin lehrte, frönt einem wilden Mix aus Antikapitalismus und Antiamerikanismus. Anfang Februar wetterte er in München auf einer Kundgebung gegen die Nato. Es brauche eine blockfreie Bewegung im Sinne einer Graswurzel-Bewegung, in der sich alle unterdrückten Menschen, nicht nur die des «globalen Südens», vereinigen müssten. Er wiederholt die Mär vom sich durch die Nato bedroht fühlenden Russland, das die Ukraine daher angreifen habe müssen. In seinen Augen ist es Washington, das kein Interesse an Frieden für die Ukraine habe.
Sein Hass auf die USA geht so weit, dass er im August 2021 nach der Übernahme Kabuls durch die Taliban jubelte, dass der «liberale Neocon-Imperialismus endgültig besiegt» worden sei. Weil ihm dennoch klar sein musste, dass sich nun vor allem das Leben vieler afghanischer Frauen dramatisch verschlechtern würde, riet er ihnen lapidar: «Durchhalten, Schwestern!»
Seine in Berlin verhinderte Rede verbreitete Varoufakis schliesslich auf X. Darin warf er den Deutschen vor, dass in ihrem Namen und mit ihrer Mittäterschaft ein weiterer Völkermord verübt werde. Und er behauptete, dass er der Erste wäre, der eine Solidaritätskonferenz für Juden organisierte, würden diese irgendwo auf der Welt angegriffen. «Wenn ein einziger Jude bedroht wird, irgendwo, nur weil er Jude ist, werde ich den Davidstern am Revers tragen und mich solidarisch erklären.»
*In einer ersten Version stand, dass Varoufakis die «Zerstörung des Apartheidstaates» befürworte, was treffender mit «Zustand der Apartheid» (the destruction of the state of apartheid) wiedergegeben ist.
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