Europarat: Die Schweiz trommelt für Alain Berset

Da war er noch Bundespräsident: Alain Berset am Gipfeltreffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Granada. Juan Medina / Reuters

Von wegen Pause. Alain Berset ist noch gar nicht recht raus aus der Landesregierung, da richtet sich der Blick des Neo-Altbundesrates bereits auf das nächste prestigeträchtige Amt: Generalsekretär des Europarates will der Sozialdemokrat werden.

Andere Ex-Magistraten warnen dieser Tage per Brief vor einer 13. AHV-Rente, Berset hingegen hat alles andere als die Pension im Sinn: Er drängt auf das internationale Parkett. Und der Support des Bundes ist ihm sicher. Das Aussennetz des EDA unterstütze solche Kandidaturen «im Rahmen der üblichen diplomatischen Aufgaben», heisst es aus dem Aussendepartement.

Wie das gemeint ist, machte Berns Botschafter beim Europarat, Claude Wild, Ende Januar deutlich. Er hielt vor Vertretern der anderen Mitgliedsstaaten ein flammendes Plädoyer für den Schweizer Kandidaten. Damit wolle er einen Eindruck von der «multidimensionalen Persönlichkeit» Alain Bersets zu vermitteln, wie es im Manuskript der Rede heisst, das dieser Zeitung vorliegt.

Man müsse wissen, so Wild, dass für Alain Berset der Mensch im Zentrum seines politischen Handelns stehe. In der Schweiz, so der Botschafter, habe Berset es geschafft, das beliebteste Mitglied der Regierung zu werden – trotz Covid-Krise, die er als Gesundheitsminister bekämpfen musste.

Lustiger Pilot

Nun stand der multidimensionale Mensch Alain Berset bekanntlich lange Zeit im Zentrum der heimischen Politik und repräsentierte als Bundespräsident das Land gegen aussen. Falls dessen unbestrittener Leistungsausweis, den Wild eindringlich schildert, noch Fragen offengelassen haben sollte, schiebt der Diplomat noch ein paar persönliche Details über den Altbundesrat nach: Erfrischender Humor, Talent am Piano, Top-Leichtathlet in jungen Jahren, und ja, auch Bersets fliegerische Kompetenzen finden Erwähnung.

Die Kampagne läuft also. «Berset war dieser Tage am Hauptsitz des Europarates überall anzutreffen», meldete Radio SRF vor zwei Wochen in die Heimat. Eingespannt wird die ganze Schweizer Parlamentarierdelegation beim Europarat. Selbst deren Präsident, SVP-Nationalrat Alfred Heer, legt sich ins Zeug. Er kennt den Betrieb in Strassburg in- und auswendig: «Im Grunde müssen alle einfach jede Gelegenheit nutzen, die Leute, die sie kennen, von Berset zu überzeugen.»

Parteizugehörigkeit spielt in der Delegation keine Rolle. Die Grüne Sibel Arslan freut sich über die «ausgezeichnete Kandidatur». Es tue der Schweiz gut, wenn sie sich auf dieser Ebene in internationalen Gremien einbringen könne, sagt sie.

Konkurrenz aus Belgien

Mitte-Ständerätin Marianne Binder-Keller hatte anfangs noch Bedenken angemeldet. Dies, weil Berset, damals noch Bundespräsident, im Interview mit dieser Zeitung von einem «Kriegsrausch» sprach, den er «in gewissen Kreisen» nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine ausgemacht habe. Darauf hat Berset sich bei ihr gemeldet: «Er hat mir seine Position zu Russland und der Ukraine auseinandergesetzt», sagt Binder-Keller. Das habe sie geschätzt. «Verstanden habe ich von ihm: Er steht klar auf der Seite der Ukraine und der Verteidigung der Menschenrechte.»

Die Chancen des Altbundesrates stehen nicht schlecht, heisst es in der Delegation. Gefährlich werden könnte ihm aber EU-Justizkommissar Didier Reynders, der sich ebenfalls zur Wahl stellt.

Im März nominieren die Minister der Mitgliedsstaaten die Kandidaturen offiziell, die parlamentarische Versammlung fällt ihren endgültigen Entscheid im Juni. Genügend Zeit, um alle Vorzüge des Kandidaten Berset zu unterstreichen.