Grosse Hoffnungen in die Wirtschaftslokomotive: Indiens Wachstum ist nicht zu bremsen – wann wird es für China gefährlich?

Die Bevölkerungszahl Indiens hat letztes Jahr die Chinas übertroffen. Auch dieses Jahr schrumpft die chinesische Bevölkerung, während die indische wächst. Immer wieder hört man deswegen: Indien wird das neue China. Ist da was dran? Eine Analyse.

grosse hoffnungen in die wirtschaftslokomotive: indiens wachstum ist nicht zu bremsen – wann wird es für china gefährlich?

Indiens Wachstum ist nicht zu bremsen – wann wird es für China gefährlich?

Die ersten zwei Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts gehörten – wirtschaftlich gesehen – ganz klar China. Dann kam die Corona-Pandemie und brachte die chinesische Wirtschaft ins Wanken. Bis heute hat sie sich nicht richtig davon erholt. Es stellt sich die Frage: Werden die nächsten zwei Jahrzehnte nun Indien gehören?

Seit 2023 ist Indiens Bevölkerung grösser als die Chinas. Über die Hälfte der Inderinnen und Inder ist unter 25 Jahre alt – laut «Worldometer» ist das chinesische Volk dagegen im Schnitt 39 Jahre alt. Und die amerikanische Zeitung «The Wall Street Journal» wagt zu behaupten: Wenn Indien so weiterwächst, könnte es in weniger als zehn Jahren zur drittgrössten Volkswirtschaft der Welt werden. Schon jetzt belegt Indien in der Kategorie den 5. Platz.

«Die indische Wirtschaft ist unbestreitbar auf dem besten Weg zu Grösse. Eine Reihe von Reformen, die in den vergangenen Jahren durchgeführt wurden, ebnen endlich den Weg für ein solides Wachstum», sagte Eswar Prasad, Professor für Handelspolitik an der Universität in Cornell, im November zu CNN. Indien pflegt auch wärmere Beziehungen zum Westen, der China mit wachsendem Misstrauen betrachtet. So weit, so gut – oder? Warum wir in Indiens Fall trotzdem noch nicht vom «neuen China» sprechen können.

1. Arbeitnehmer finden nicht zu den Arbeitgebern

Demografisch gesehen ist Indien dort, wo China in den 1990er-Jahren war, als das Wachstum des Landes einsetzte. Nach Angaben der Uno wird bis 2030 fast ein Fünftel der weltweit 15- bis 64-Jährigen in Indien leben.

Das ist gut für die Wirtschaft – eine junge Bevölkerung bedeutet mehr Arbeitskraft. Bloss: Bislang ist es für die jungen Inder äusserst schwierig, überhaupt zu einem Job zu kommen – vor allem für Frauen. Knapp 33 Prozent der indischen Frauen im erwerbsfähigen Alter waren 2022 tatsächlich auch erwerbstätig, so die Zahlen des indischen Ministeriums für Arbeit. In China sind es 71 Prozent.

2. Die indische Regierung steht vor einem Schuldenberg

Indien hat in den letzten Jahren stark in seine Infrastruktur investiert. Das marode Strassenverkehrsnetz wurde besser, Güterzüge fahren heute rund 50 Prozent schneller als noch vor zwei Jahren und die Wartezeiten in den indischen Häfen sind laut der australischen Investmentbank Macquarie seit 2015 um 80 Prozent gesunken. Das alles ist sehr attraktiv für ausländische Investoren.

Die Kehrseite der Medaille: Die indische Staatsverschuldung liegt bei etwa 85 Prozent des BIP – unter den Schwellenländern hat Indien nach Brasilien die zweitgrösste Schuldenlast zu tragen. Analysten des «Wall Street Journal» sind sich sicher: Die Verschuldung wird weiter steigen – nur grosse ausländische Investitionen könnten hier für eine Kehrtwende sorgen. Deshalb müsste Indien alles tun, um ausländische Direktinvestitionen zu fördern, insbesondere in der Produktion von Gütern.

3. Die Hassliebe zum internationalen Handel

Bloss: Indien fährt derzeit einen protektionistischen Kurs. Protektionismus ist eine Form der Handelspolitik, mit der ein Staat durch Handelshemmnisse versucht, ausländische Anbieter auf dem Inlandsmarkt zu benachteiligen, um inländische Anbieter vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Ihr Gegensatz ist der Freihandel.

Nach Angaben der Welthandelsorganisation (WTO) hatte Indien im Jahr 2022 mit durchschnittlich 18,1 Prozent die höchsten Einfuhrzölle der Welt. Im Vergleich dazu lag China bei 7,5 Prozent, die Europäische Union bei 5,1 Prozent und die USA bei 3,3 Prozent. Solche Einfuhrbeschränkungen sind für Hersteller, die auf die Einfuhr von Komponenten für die Montage und den Export ihrer Produkte angewiesen sind, ein Grund, sich nicht in Indien breitzumachen.

Gerade bei Freihandelsabkommen hat Indien also noch viele Hausaufgaben zu erledigen. Immerhin: Vergangene Woche konnte eine grundsätzliche Einigung eines Handelsabkommens zwischen den Efta-Staaten, zu welcher auch die Schweiz zählt, und Indien verkündet werden. Bundesrat Guy Parmelin sorgte mit dieser News am 20. Januar für eine Überraschung – die Verhandlungen mit Indien dauerten immerhin 16 Jahre.

4. Chinas Vorsprung ist kaum einzuholen

In einer Analyse der britischen Investmentbank HSBC vom Oktober schrieben die Ökonomen Frederic Neumann und Justin Feng: «Indien läuft derzeit auf zu wenigen Zylindern, um den stotternden Wachstumsmotor Chinas abzulösen.»

Auf China entfallen rund 30 Prozent der weltweiten Investitionen, während der Anteil Indiens weniger als 5 Prozent beträgt. «Selbst unter der Annahme eines Nullwachstums in China und einer Verdreifachung des Wachstums der Investitionsausgaben in Indien gegenüber dem jüngsten Durchschnitt würde es weitere 18 Jahre dauern, bis Indiens Investitionsausgaben mit denen Chinas gleichziehen», schreiben sie.

Und es würde weitere 15 Jahre dauern, bis der indische Konsum in Bezug auf die Gesamtausgaben den heutigen Stand Chinas erreicht hat, so der Bericht. «Damit soll nicht gesagt werden, dass Indien keinen Einfluss haben wird. Das wird es zweifelsohne.» Ihr Fazit: «Es wird nicht ausreichen, um die Weltwirtschaft zu schützen, sollte Chinas Wirtschaft schwer straucheln.»

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