Druck auf Grenzen: So viele Menschen kamen 2024 bereits nach Europa

Die EU bleibt ein beliebtes Ziel für illegale Migration. Das zeigen aktuelle Zahlen: 2024 kamen bereits 36’000 Menschen nach Europa. Bis der EU-Asylpakt seine Wirkung zeigt, werden die Migrationszahlen auf hohem Niveau bleiben.

Die EU hat in einem historischen Entscheid dem umstrittenen Asylpakt zugestimmt. Dieser sieht unter anderem vor, potenziell illegale Migranten direkt an den Aussengrenzen zu stoppen und deren Recht auf Asyl dort innert maximal drei Monaten zu prüfen. Somit könnten Menschen mit geringer Bleibeperspektive schneller abgewiesen werden.

Starker Anstieg bei türkischen Migranten

Die Massnahmen werden aber voraussichtlich erst 2026 greifen. Bis dahin werden weiterhin Tausende Menschen illegal nach Europa kommen. Im ersten Quartal 2024 waren es laut der europäischen Grenzschutzbehörde Frontex bereits rund 36’000. Die meisten von ihnen kamen über die Westafrikaroute, die von Afrika in Richtung Kanaren geht. Das Land, aus dem die meisten Geflüchteten kamen, ist Mali mit 6783 (siehe Karte).

Druck auf Grenzen: So viele Menschen kamen 2024 bereits nach Europa

Aber auch über die östliche Mittelmeerroute machten sich viele Migranten auf den Weg nach Europa. Vornehmlich aus Ländern wie Syrien und Afghanistan, aber auch aus der Türkei. Laut Frontex nahmen Asylanträge türkischer Menschen gegenüber dem Vorjahr um 82 Prozent zu.

Laut Migrationsexperte Benjamin Schraven hat das nicht nur wirtschaftliche, sondern vor allem politische Gründe: «Sicherlich spielt die hohe Inflation eine Rolle. Ich glaube aber, dass die politische Situation in der Türkei für Minderheiten wie zum Beispiel Kurden immer schlechter wird.» Diese sähen sich immer stärkeren Repressalien ausgesetzt, die Entwicklung habe schleichend nach dem Putschversuch 2016 zugenommen.

Auch 2024 ist Zunahme zu erwarten

Laut dem Prognosen-Bericht des International Centre for Migration Policy Development, kurz ICMPD, sind die Migrationszahlen im Jahr 2023 im Vergleich zu 2022 um 21,3 Prozent gestiegen: Allein 2023 stellten über eine Million Menschen in der EU einen Asylantrag. Für 2024 geht das ICMPD ebenfalls von einem Aufwärtstrend aus. Vor allem aus den Krisenregionen wie dem Gazastreifen und Afghanistan würden viele Menschen flüchten. Und auch aus der Ukraine, sollte Russland erneut Offensiven gegen das Land fahren.

Die aktuelle geopolitische Weltlage ist laut dem Bericht ein Katalysator für Migration, so beispielsweise der Militärputsch im Niger. Aber auch die Folgen von Naturkatastrophen führen laut ICMPD dazu, dass in 2024 noch mehr Menschen kommen werden.

Versiegt die eine Fluchtroute, ergibt sich eine neue

Eine der «neusten» Fluchtrouten führt vom europäischen Festland über den Ärmelkanal nach Grossbritannien. Aber nicht etwa, weil das Vereinigte Königreich als Ziel für Migration neu wäre. Laut Migrationsexperte Schraven ist es vielmehr so, dass nach der Corona-Pandemie die üblichen Routen über Calais und den Eurotunnel von jetzt auf gleich versiegten: Die Schleuser passen sich dann an und weichen auf andere Routen aus. Jetzt kommen die Migranten halt per Boot nach Grossbritannien.

Dennoch sind die erhöhten Zahlen auf einen Gesamtanstieg der Migrationszahlen insgesamt zurückzuführen. Denn die Menschen, die über den Ärmelkanal nach Grossbritannien flüchten, sind zuvor auf europäischem Festland angekommen und dann weitergezogen.

Flüchtlingsanstieg über den Ärmelkanal. ONLINE 10.04.2024