Wer soll künftig Kiesgruben überwachen? Die Berner Regierung findet: die Branche selbst – obwohl diese im Fokus von Strafuntersuchungen steht.
Im Steinbruch Mitholz wurde illegal Abfall deponiert – unter anderem Betonschlämme.
Es war ein vernichtendes Zeugnis, das die Geschäftsprüfungskommission (GPK) der Berner Regierung vor zwei Jahren ausgestellt hat: Die mangelhaften Kontrollmechanismen im Kies-, Deponie- und Abbauwesen, die spätestens seit 2016 allen Beteiligten bekannt waren, begünstigten im Umweltskandal Blausee die teilweise illegalen Vorkommnisse. So lautet das Fazit der GPK.
Jetzt hat der Kanton gehandelt und die Aufsicht über die sogenannten Materialabbaustellen neu geregelt. Gemäss der Mitteilung hat der Regierungsrat insbesondere klar festgelegt, welche Behörde für welchen Kontrollbereich zuständig ist.
Dies war der Kern des Problems. Die vielen verschiedenen Akteure verkomplizierten das Überwachungssystem, so die GPK in ihrem Bericht. Die Kommission zweifelte deshalb daran, «dass die einzelnen Akteure alle genau wussten, welche Kontrollaufgaben sie in welchem Umfang wahrzunehmen haben». Dies führte letztlich zu Lücken im Vollzug.
Diese Lücken hätten im Fall Blausee dazu geführt, dass die Lagerung unerlaubten Materials im Steinbruch Mitholz nicht verhindert beziehungsweise durch die zuständigen Aufsichtsstellen nicht frühzeitig entdeckt worden sei.
Idylle pur am Blausee – in der gleichnamigen Fischzucht kam es aber mehrmals zu grossen Forellensterben.
Über Jahre wurden dort illegal Schotter, Betonschlämme und weiterer Abfall deponiert. Es besteht der Verdacht, dass dieses teilweise kontaminierte Material nach heftigen Regenfällen mehrmals ein Fischsterben in der benachbarten Forellenzucht Blausee ausgelöst hat. Eine Strafuntersuchung dazu ist nach wie vor im Gang.
Branche kontrolliert sich weiterhin selbst
Die neue Aufsichtsregelung sieht nun vor, dass künftig das Amt für Wasser und Abfall (AWA) bei allen Materialabbaustellen den Gewässerschutz sicherstellt. Dazu gehören das Einhalten der Abbaukosten, der betriebliche Gewässerschutz und die Qualität des Auffüllmaterials.
Für diese Aufsichtsarbeiten kann das AWA, das der Direktion von SVP-Regierungsrat Christoph Neuhaus untersteht, auch Dritte beiziehen. So wird es bereits seit Jahren gehandhabt: Der Kanton hat einen Vertrag mit dem Fachverband der Schweizerischen Kies- und Betonindustrie (FSKB). Dessen Spezialisten besuchen die Abbaustellen vorangemeldet einmal pro Jahr.
Nicht nur die angemeldeten Inspektionen haben in der Vergangenheit für Kritik gesorgt, sondern auch die Tatsache, dass sich die Branche de facto selbst kontrolliert. Daran will der Regierungsrat allerdings nichts ändern. Aber das AWA soll neu circa alle vier Jahre auf jeder Abbaustelle selbst ergänzende Inspektionen durchführen – unangemeldet. So will die Regierung eine entsprechende Forderung der GPK erfüllen.
Die Standortgemeinden wiederum sind künftig dafür zuständig, dass die Betriebsvorschriften und die Wiederherstellungspflicht einhalten werden. Und von den Betreiberinnen und Betreibern der Materialabbaustellen wird neu verlangt, dass ihr Personal über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügt. Auf Verlangen müssen sie entsprechende Nachweise vorlegen.
Keine Oberaufsicht mehr
Gleich komplett gestrichen hat der Regierungsrat in der überarbeiteten Verordnung schliesslich eine Passage, welche sich mit der Oberaufsicht über die Abbaustellen beschäftigt. Bisher oblag diese der Bau- und Verkehrsdirektion. Künftig soll niemand mehr dafür zuständig sein.
Wird die Oberaufsicht über die Kiesgruben los: SVP-Regierungsrat Christoph Neuhaus.
Begründet wird dies in den Unterlagen damit, dass «diese Oberaufsicht die Aufsicht eher geschwächt denn gestärkt hat, da sich die direkt zuständigen Aufsichtsbehörden dadurch tendenziell weniger in der Pflicht fühlten».
In der Konsultation zur neuen Aufsicht wurde diese Streichung vom kantonalen Kies- und Betonverband sowie der Gemeinde Rubigen kritisiert. Sie sind der Meinung, dass es eine übergeordnete Stelle braucht, welche die Übersicht hat, Ansprechstelle ist und im Zweifels- und Notfall befugt ist, zu handeln.
Der Regierungsrat ist anderer Meinung. «Das vorgesehene Konzept basiert nicht auf einer Gesamtverantwortung, sondern auf klar definierten Verantwortungen verschiedener Behörden», schreibt dieser dazu.
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