„Auf Pflege von 70-jährigem Vater angewiesen“ – Ärztinnen und Ärzte verklagen Gesundheitsbehörde wegen Corona-Schäden

Traumatische Hirnverletzung erlitten

„Auf Pflege von 70-jährigem Vater angewiesen“ – Ärztinnen und Ärzte verklagen Gesundheitsbehörde wegen Corona-Schäden

Von Lockdown bis Maskenpflicht: viele sind froh, die Corona-Pandemie hinter sich lassen zu können. Andern gelingt das nicht. Denn Langzeitfolgen halten an.

Bradford/London – Als das bis dahin noch unbekannte und hochgradig ansteckende Corona-Virus ausbrach, standen sie an vorderster Front, um erkrankte Menschen zu behandeln. Mittlerweile sind sie selbst hilfsbedürftig, ihre Arbeit im Gesundheitswesen hat sie während der Pandemie zu Patientinnen und Patienten gemacht.

Während beunruhigende Forschungsergebnisse aus China über Corona-ähnlichen Viren nach Westen dringen, berichten hunderte Ärztinnen und Ärzte in Großbritannien von Long-Covid-Erkrankungen. Und erheben scharfe Vorwürfe gegenüber der Gesundheitsbehörde. Man sei ohne entsprechenden Schutz zur Arbeit mit Infizierten gedrängt worden, schließlich selbst erkrankt und werde nun in Stich gelassen.

Krämpfe, Halluzinationen, Gehirnentzündung: Britische Ärztin über ihre Long-Covid-Symptome

In einem Interview mit Sky News UK erzählt Dr. Kelly Fearnley von ihrer derzeitigen Situation, ihrer Erkrankung, die sie zum Pflegefall gemacht habe und ihrer Erfahrung als junge Ärztin während der Corona-Pandemie. Gegenüber der britischen Gesundheitsbehörde, dem National Health Service (NHS) nimmt die 37-Jährige kein Blatt vor den Mund.

„auf pflege von 70-jährigem vater angewiesen“ – ärztinnen und ärzte verklagen gesundheitsbehörde wegen corona-schäden

Medizinisches Fachpersonal, dass ich um einen Corona-Erkrankten kümmert. (Symbolfoto)

Im November 2020 arbeitete sie auf einer Corona-Station im Bradford Royal Infirmary, einem Lehr- und Allgemeinkrankenhaus, das der NHS angehört. Täglich arbeitete sie mit dutzenden Infizierten, ehe sie sich selbst mit dem damals noch größtenteils neuartigen Virus ansteckte. Mehr als drei Jahre später berichtet sie noch immer von beeinträchtigenden Langzeitfolgen.

Nach Episoden heftigen Zitterns, Hautausschlägen, Halluzinationen und einem Ruhepuls, der auch nach 18 Monaten der Infektion mehr als doppelt so hoch war, wie er durchschnittlich für eine Frau ihres Alters sein sollte, wurde bei ihr eine limbische Enzephalitis diagnostiziert. Dabei handelt es sich um eine Entzündung des Zentralnervensystems im Gehirn. Laut Studie zählen insgesamt 62 Symptome zu den offiziell anerkannten von Long Covid.

„Traumatische Hirnverletzung“: Ehemalige Corona-Ärztin wird nach Infektion zum Pflegefall

Mittlerweile mache sie gesundheitliche Fortschritte. „Allerdings begegnen mir noch täglich Symptome im Alltag, mein Gehirn fühlt sich noch immer infiziert an“, sagt Dr. Fearnley in einem Video, mit dem sie sich an die Öffentlichkeit wendet. „Es fühlt sich so an, als hätte ich eine traumatische Hirnverletzung erlitten zu haben.“ Unlängst haben Studien ergeben, dass das Corona-Virus zu Hirnschäden führen kann.

Die längste Zeit sei sie bettlägerig gewesen, auch Suizidgedanken seien ihr gekommen. „Mit 37 lebe ich bei meinem 70-jährigen Vater und bin auf dessen Pflege angewiesen“, sagt sie gegenüber Sky News UK. Ohne die Unterstützung des Vaters wäre sie obdachlos geworden, wie sie erklärt.

Die Hintergründe von Long Covid werfen noch immer Fragen auf; einem Forschungsteam aus der Schweiz ist nun aber womöglich ein Durchbruch gelungen.

Ohne entsprechenden Schutz: Auf Station sei es wie eine „große Corona-Suppe“ gewesen

Wie ihr geht es viele andere ihres Berufsstands. Hunderte finden sich in der Kampagne Long COVID Doctors for Action (LCD4A) zusammen, die Dr. Fearnley mitgründete. Als Gruppe Betroffener machen sie die NHS verantwortlich und gehen inzwischen rechtlich gegen die nationale Gesundheitsbehörde Großbritanniens vor. Der Vorwurf: man sei fahrlässig dem gefährlichen Corona-Virus am Arbeitsplatz ausgesetzt worden. Das habe zu gesundheitlichen Folgen und finanziellen Verlusten geführt.

Wie Dr. Kelly Fearnley bereits im September 2023 in der medizinischen Fachzeitschrift The BMJ schreibt, habe der NHS zu Beginn der Pandemie die Leitlinien für medizinisches Personal heruntergestuft. „Als ich die Corona-Station betrat, war dort nur eine kleine Box mit blauen Stoff-Masken“, erinnert sie sich. Auf die Frage, wo FFP2-Schutzmasken seien, habe man ihr geantwortet, dass sie sich deshalb nicht zu sorgen brauche.

„Rund zwölf Stunden täglich, für fünf Tage am Stück war ich umgeben von Corona-Infizierten; ohne nötige Schutzvorkehrungen“, sagt sie. „Im Grunde war es dort eine große Corona-Suppe.“

Arbeitsunfähig durch Corona: Viele erkrankte Ärztinnen und Ärzte allein auf weiter Flur

Eine offizielle Zahl von Long-Covid-Erkrankten gibt es nicht, doch es wird geschätzt, dass 1,9 Millionen Menschen in Großbritannien betroffen sind (Stand März 2023); weltweit werden sie auf 10 Prozent der Weltbevölkerung geschätzt. Von den rund 1,27 Millionen Beschäftigen im britischen Gesundheitswesen seien es fast fünf Prozent, wie aus dem BMJ-Artikel hervorgeht.

Die in diesem Artikel genannten Informationen ersetzen nicht den Gang zu einem Arzt oder einer Ärztin. Nur Fachleute können die richtige Diagnose erstellen und eine geeignete Therapie einleiten. Die Einnahme von Medikamenten oder auch Nahrungsergänzungsmitteln sollte vorher mit einem Arzt oder einer Ärztin abgesprochen werden.

Viele klagen über fehlende Hilfeleistungen seitens der Gesundheitsbehörde und Krankenkassen. Obgleich die Erkrankung sie arbeitsunfähig gemacht habe, fehle finanzielle Unterstützung. Daher hat die LCD4A folgende fünf konkrete Forderung gegenüber der NHS formuliert:

  • Finanzielle Unterstützung für Ärzte und Gesundheitspersonal mit postakuter Covid-Erkrankung.
  • Postakutes Covid soll als Berufskrankheit bei Beschäftigten im Gesundheitswesen anerkannt werden.
  • Verbesserter Zugang zu körperlichen und psychischen Gesundheitsdiensten, um eine umfassende Beurteilung sowie angemessene Behandlung zu erhalten.
  • Besserer Schutz am Arbeitsplatz für Gesundheitspersonal, das sein Leben für andere riskiert.
  • Bessere Unterstützung für postakute Covid-Erkrankte bei der sicheren Rückkehr an den Arbeitsplatz.

Vonseiten der Behörde liegen wenige Informationen zu den Vorwürfen vor. Nach einer öffentlichen Untersuchung zum Umgang des Vereinigten Königreichs mit der Pandemie räumten Offizielle ein, dass „Fehler gemacht wurden“. Die Bereitstellung von entsprechenden Schutzmaßnahmen für Beschäftigte im Gesundheitswesen sei „hoffnungslos unzureichend“ gewesen. Derweil prüfen Behörden in Deutschland, inwiefern es zu Langzeitfolgen durch die Corona-Impfung gekommen ist. (rku)

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