Deeskalation um jeden Preis: Biden erklärt Netanyahu zum Sieger

deeskalation um jeden preis: biden erklärt netanyahu zum sieger

Joe Biden läuft am Samstag zu Fuss von seiner Wagenkolonne zum Weissen Haus, um sich mit seinem Sicherheitskabinett zu beraten. ; Shawn Thew / Imago

Der iranische Angriff auf Israel am Samstag mit rund 300 Raketen und Drohnen ist präzedenzlos. Dies räumte am Wochenende auch der ehemalige Admiral John Kirby gegenüber dem Fernsehsender CNN ein. Der 60-Jährige ist Joe Bidens wichtigster Pressesprecher, wenn es um Sicherheitsfragen geht.

In brenzligen Situationen wie dieser verlässt sich der amerikanische Präsident gerne auf Kirby. Und auch in diesem Interview liess sich der souveräne Kommunikator kaum aus der Ruhe bringen. Obwohl die iranische Eskalation präzedenzlos sei, stelle sie für Israel einen «unglaublichen Erfolg» dar, behauptete Kirby. Militärisch habe die Angriffswelle kaum Schaden angerichtet, und diplomatisch habe sich gezeigt, dass Israel in seiner arabischen Nachbarschaft über Freunde verfüge, die bereit seien, dem Land zu helfen. Biden habe dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu in seinem Telefongespräch deshalb am Samstagabend zu dieser grossen militärischen Leistung gratuliert.

Neuer Schwung für Ukraine-Hilfe?

Das Bekenntnis der USA zu Israels Sicherheit sei «hart wie Eisen», versicherte Biden zudem in dem Anruf. Auf Befehl des Präsidenten habe das amerikanische Militär vergangene Woche zusätzliche Flugzeuge und Kriegsschiffe mit Flugabwehrsystemen in die Region verlegt, heisst es in der offiziellen Mitteilung des Weissen Hauses zum Telefongespräch. Nicht erwähnt war darin jedoch, was die Regierung später an die Presse durchsickern liess: Biden erklärte Netanyahu, dass sich die USA nicht an einem Vergeltungsschlag gegen Iran beteiligen werden. «Du hast einen Sieg, nimm den Sieg», soll er zum israelischen Regierungschef gesagt haben.

Die Botschaft des amerikanischen Präsidenten an Israel scheint klar zu sein: Der iranische Angriff war ein Fehlschlag, der keine unmittelbare Antwort zur Abschreckung künftiger iranischer Aggressionen erfordert. Ähnlich äusserte sich auch der demokratische Senator Chris Coons – ein Vertrauter des Präsidenten – am Wochenende. Er empfahl Israel, vorerst eine «Pause» im Konflikt mit Iran einzulegen, um über eine angemessene Reaktion nachzudenken. Die beste Massnahme zur Abschreckung Irans liege nun in den Händen der Republikaner im Repräsentantenhaus. Speaker Mike Johnson müsse diese Woche nach einer monatelangen Blockade endlich das Hilfspaket für Israel, die Ukraine und Taiwan zur Abstimmung bringen, schrieb Coons auf dem Kurznachrichtendienst X.

Vor zwei Monaten hat der amerikanische Senat zusätzliche Hilfsgelder im Umfang von rund 60 Milliarden Dollar für die Ukraine und 14 Milliarden Dollar für Israel bewilligt. Auch viele republikanische Abgeordnete würden vermutlich für das Paket stimmen. Doch unter Druck seines rechten Parteiflügels und von Donald Trump brachte Speaker Johnson die Vorlage bisher nicht zur Abstimmung. Stattdessen setzte er sich für ein Gesetz ein, das nur Hilfsgelder für Israel vorsieht. Trump schlug derweil vor, die Unterstützung für die Ukraine in einen Kredit umzuwandeln.

Johnson versprach am Wochenende, in den nächsten Tagen ein Hilfspaket für Israel zur Abstimmung zu bringen. Er liess aber offen, ob die Vorlage auch Gelder für die Ukraine enthalten wird.

Republikanische Rufe nach Vergeltung

Nicht nur Demokraten, sondern auch proukrainische Republikaner wollen die Eskalation im Nahen Osten nutzen, um das grosse Hilfspaket für Kiew, Jerusalem und Taipeh doch noch durch den Kongress zu bringen. Dieses werde auch die eigene Rüstungsindustrie stärken, schrieb etwa der republikanische Senatsführer Mitch McConnell in einer Erklärung: «Wir können keine Konflikte durch Abschreckung verhindern, ohne dass wir Entschlossenheit beweisen und ernsthaft in Amerikas Stärke investieren.»

McConnell griff allerdings auch Biden an. Der amerikanische Präsident müsse Iran genügend Schaden zufügen, um die Aggressionen des Regimes zu beenden: «Irans Führer sollen wissen, dass die Dinge, die ihnen am teuersten sind, auf dem Spiel stehen.» Gleichzeitig müsse Biden aber auch Israel genügend Zeit und Unterstützung zugestehen, um im Gazastreifen mit der Hamas fertigzuwerden. «Teheran und seine Verbündeten werden ermutigt, wenn sie die USA und Israel zerstritten sehen.»

Noch deutlicher äusserte sich Trumps ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton, ein aussenpolitischer Falke in Washington. Israel könne die Abschreckung gegenüber Iran nur durch eine disproportionale Reaktion wiederherstellen, meinte er am Sonntag in einem Interview auf CNN. Es gebe verschiedene Optionen – etwa Angriffe auf die iranische Erdölindustrie oder die Hauptquartiere der Revolutionswächter. Vor allem aber könne dies eine Gelegenheit für Israel sein, um das iranische Atomwaffenprogramm zu zerstören.

Sollten Biden die Israeli tatsächlich dazu drängen, auf einen Vergeltungsschlag zu verzichten, sei der Präsident «eine Schande für die Vereinigten Staaten», meinte Bolton.

Angriff war «an der oberen Grenze»

Die Situation zeigt, wie eng Bidens Handlungsspielraum in diesem Konflikt geworden ist. Für seine Wiederwahl im Herbst braucht er die arabischen und die linken Wähler seiner Partei. Sie sind tief enttäuscht über die bisherige Solidarität der Biden-Regierung mit Israel. Um diese propalästinensischen Wählergruppen wieder zurückzugewinnen, drängt der amerikanische Präsident derzeit auf einen sofortigen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas sowie langfristige Gespräche über eine Zweistaatenlösung.

Nachdem die israelischen Streitkräfte im Gazastreifen kürzlich sieben humanitäre Helfer getötet hatten, drohte Biden gegenüber Netanyahu damit, die amerikanische Waffenhilfe an Bedingungen zu knüpfen. Der demokratische Senatsführer Chuck Schumer forderte gar Neuwahlen in Israel und erklärte Netanyahus politische Ära für beendet. Doch weder die Hamas und Iran noch Netanyahus Kriegskabinett scheinen Bidens Drehbuch für eine Deeskalation folgen zu wollen. Die islamistische Widerstandsbewegung im Gazastreifen hat es nicht eilig, sich mit Israel auf einen Austausch ihrer Geiseln einzulassen. Israel wiederum hatte am 1. April mit der gezielten Tötung hoher iranischer Militärführer im iranischen Konsulat in Damaskus vermutlich die jetzige Eskalation geschürt. Teheran seinerseits entschied sich im Gegenzug für einen präzedenzlosen Angriff auf Israel.

Das iranische Regime liess sich von Bidens Warnungen nicht abschrecken. Die Attacke sei «an der oberen Grenze» des Erwarteten gewesen, sagten Mitarbeiter des Weissen Hauses am Sonntag gegenüber Journalisten. «Es bestand die klare Absicht, für erhebliche Zerstörung und Tote zu sorgen.»

Um westliche Geschlossenheit zu demonstrieren, beriet sich der amerikanische Präsident am Sonntag in einer Videoschaltung mit den Führern der sieben grossen Industrieländer (G-7): Die USA, Italien, Japan, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Kanada bezeugten in einer gemeinsamen Erklärung ihre Solidarität mit Israel und versicherten, eine weitere Eskalation verhindern zu wollen. Iran dürfte sich davon kaum beeindrucken lassen.

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