Das grosse Geschäft mit Nachhaltigkeit: Der Grünen-Nationalrat Bastien Girod wird Partner bei Deloitte

das grosse geschäft mit nachhaltigkeit: der grünen-nationalrat bastien girod wird partner bei deloitte

Deloitte wird vom grossen Netzwerk des Grünen-Nationalrats Bastien Girod profitieren. Alessandro Della Valle / Keystone

Es ist noch nicht so lange her, da brachte Bastien Girod das Establishment zur Weissglut. Mit Nackt-Demos protestierte der Nachwuchspolitiker 2008 gegen ein überhartes Vorgehen der Polizei. Der Mundart-Rocker Gölä nannte Girods Offroader-Initiative, die in der Schweiz Geländewagen verbieten wollte, einen «fertigen Chabis».

Tempi passati. Die Initiative wurde 2011 zurückgezogen, und dort, wo Girods heutiges Büro steht, wimmelt es nur so von dicken Schlitten: bei der Zürcher Niederlassung des aus Grossbritannien stammenden, weltweit tätigen Consultingunternehmens Deloitte. Das Gebäude liegt im Schatten des Prime Tower im Kreis 5. Einer boomenden Gegend, wo sich hochbezahlte Banker, Headhunter, Wirtschaftsanwälte und Berater die Klinke in die Hand geben.

«Bastien Girod wird bei Deloitte Schweiz Partner für Nachhaltigkeit», so betitelte das Unternehmen Ende März stolz seine Medienmitteilung. Wie etwa auch bei Anwaltskanzleien sind Partner bei Beratungsunternehmen gleichzeitig Miteigentümer und Geschäftsführer.

Zweifellos ist das ein guter Posten, aber dass wegen eines neuen Partners direkt eine Medienmitteilung verschickt wird, ist dennoch eher selten. Statt sich über ihn zu ärgern, hofiert das Establishment heute Bastien Girod.

Politik macht Druck

Denn er bringt alles mit für den neuen Job: Als Doktor der ETH ist er bestens qualifiziert, als ehemaliger Berater des strauchelnden Nachhaltigkeitsunternehmens South Pole kennt er die Branche, als Nationalrat verfügt er über Kontakte und Bekanntheit. Aber vor allem: Als Umweltexperte verkörpert er das, was Consultingunternehmen gerade besonders gern verkaufen: Expertise in Sachen Nachhaltigkeit.

Ein Kontakt zu Girod via Deloitte kam nicht zustande. Das Unternehmen nimmt aber ausführlich Stellung zum florierenden Geschäft mit der Nachhaltigkeitsberatung. «Die internationalen und zunehmend auch schweizerischen Regulierungen sind sehr umfassend», schreibt Deloitte. Es bestehe viel Unsicherheit, was die Umsetzung angehe. «Entsprechend häufig werden externe Spezialisten hinzugezogen.»

Externe Spezialisten sind das Geschäft von Consultingunternehmen. Kaum eine grössere Firma kommt ohne externe Berater aus. Grosse Beratungsfirmen wie Deloitte, PwC, EY oder KPMG sind wie Taschenmesser: Für jedes Problem haben sie dank passenden Experten eine Lösung parat. Und seit zwei, drei Jahren braucht es vor allem solche, die sich mit Nachhaltigkeit auskennen.

Gründe dafür gibt es mehrere. Viele Unternehmen machen Ernst mit dem Klimaschutz und arbeiten daran, ihre Emissionen zu senken. Oft fehlt ihnen aber das Wissen, wie das gehen soll. «Natürlich bringen wir als Beratungsunternehmen Expertise ein, die den Unternehmen fehlt», schreibt KPMG, ein Deloitte-Konkurrent.

Bastien Girod selbst glaubt offenbar, dass er durch seinen neuen Job die Welt ein Stückchen grüner machen könne. Sein Engagement bei Deloitte ermögliche ihm, Kunden aus allen Branchen zu unterstützen, was eine nachhaltigere Entwicklung mit sich bringe, lässt er sich in der Medienmitteilung zitieren.

Wirklich lukrativ ist das Geschäft aber, weil die Politik Druck macht. Das Stichwort lautet: ESG – Environmental, Social and Governance. Das sind Richtlinien, mit denen bewertet werden kann, welche Auswirkungen Unternehmen auf die Umwelt und Gesellschaft haben.

Seit 2014 müssen in der EU alle grösseren, börsenkotierten Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen. Für 2024 wurde die Art und Weise, wie Bericht erstattet werden muss, noch einmal überarbeitet. Neu wird die Pflicht nach und nach auch auf KMU ausgeweitet.

Echte Experten sind rar

In der Schweiz ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung seit 2023 Pflicht. Seit Anfang Jahr kommt für Grossunternehmen mit mindestens 500 Angestellten und einem Umsatz von 40 Millionen Franken ein obligatorischer Klimabericht hinzu.

Genau auf solche Mandate haben es die Consultingunternehmen abgesehen. Immer wenn es neue Regulierungen gibt, stehen Firmen erst einmal vor der Herausforderung, diese zu durchschauen. Sie umzusetzen, ist noch schwieriger. Nur wenige haben spezialisierte Leute für solche Aufgaben. Also holen sie sich die Kompetenz von aussen.

Consultingunternehmen sind sehr gut darin, sich rasch solchen Anforderungen anzupassen und ein Angebot zur Verfügung zu stellen. Im Bereich Nachhaltigkeit tun sie das entlang der ganzen Wertschöpfungskette: von der Beratung über die Berichterstattung bis hin zur Prüfung.

Während es in den USA danach aussieht, als könnten gewisse Gliedstaaten zurückbuchstabieren, was die Regeln in Sachen Nachhaltigkeit betrifft, winkt in Europa über Jahre ein todsicheres Geschäft. Hier werden die Schrauben eher noch angezogen als gelockert.

Entsprechend gibt es einen Verteilkampf um Experten wie Bastien Girod. Zwar bieten mittlerweile viele Hochschulen Studiengänge mit einem Nachhaltigkeitsfokus an. Aber die Absolventen sind alle noch relativ jung. «Man muss sagen, dass es zurzeit einfacher ist, Junior-ESG-Experten zu finden. Erfahrene ESG-Experten sind auf dem Markt seltener, wenn man die Reife und Komplexität einiger ESG-Themen bedenkt», schreibt PwC, ein weiterer Deloitte-Konkurrent.

Für die Consultingbranche ist die Nachhaltigkeit ein Segen. Jüngst mehrten sich die Stimmen, dass die Industrie zu schnell gewachsen sei und ihr schwierige Zeiten bevorstünden. Die «Financial Times» berichtete, dass Deloitte Kosten sparen muss. Für das Engagement von Bastien Girod hat das Budget aber offensichtlich gereicht.

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