"Ab und zu überrascht er mich auch"

Xabi Alonso lässt seinen Trainer-Kollegen Thomas Tuchel im Spitzenspiel alt aussehen. Leverkusens grandioser Erfolg gegen den FC Bayern liegt nicht zuletzt den taktischen Finessen des Spaniers zugrunde.

“Ab und zu überrascht er mich auch”

Eigentlich wollte Xabi Alonso seinen Spielern, den Helden des Samstagabends, das Feiern überlassen. So ging der Spanier zunächst vom Platz, als sich die Leverkusener nach dem beeindruckenden 3:0 gegen den FC Bayern zu den eigenen Fans in die Nordkurve aufmachten. Doch die Anhänger wollten ihn partout nicht gehen lassen, riefen Alonso – mit tatkräftiger Unterstützung von Kapitän Lukas Hradecky – umgehend zurück. Der gab schließlich klein bei und joggte wieder zu seiner Mannschaft.

Jedoch nicht nur er. Vorher drehte sich Alonso noch einmal um und winkte auch sein gesamtes Trainerteam hektisch ran, das geschlossen an der Seitenlinie stand. „Die Spieler brauchen uns alle. Ich alleine kann hier nichts machen. Ich habe ein Topteam um mich herum. Das ist der Schlüssel des Erfolgs“, erklärte Bayers Trainer die emotionalen Szenen nach dem Abpfiff und hob die große Bedeutung seiner Kollegen vor. Dem alleinigen Rampenlicht konnte sich Alonso trotzdem nicht entziehen.

Denn die Fans bedachten den Mann, der Leverkusen vom ewigen Zweiten zum Top-Favoriten auf den Meistertitel formte, mit frenetischen wie ausgiebigen Sprechchören. Wohlwissend, dass der hochverdiente Sieg nicht nur eine spielerische, sondern auch eine taktische Meisterleistung war. Wurde das brisante Duell zwischen Herausforderer und Titelverteidiger doch zu einem wahren Coaching-Gipfel – in dem Alonso seinen Kontrahenten Thomas Tuchel schlichtweg übertrumpft hatte.

Bayer stresst Bayern mit Geschwindigkeit

Alonso hatte sich für das mit riesiger Spannung erwartete Spitzenspiel etwas Besonderes ausgedacht. Er ließ Jeremie Frimpong zunächst draußen, der normalerweise immer spielt. Für ihn bekam der deutlich defensiver ausgerichtete Josip Stanisic den Vorzug, sodass die Werkself hinten mit einer Vierer- statt Dreierkette agierte. Auch auf einen klassischen Mittelstürmer verzichtete der Spanier – zum ersten Mal in der laufenden Saison. Vielmehr sollten Nathan Tella und Amine Adli offensiv ihre Qualitäten im Tempospiel nutzen.

„Wir haben uns im Vorfeld etwas Untypisches überlegt, damit die Bayern überrascht sind“, kommentierte Robert Andrich den erfolgreichen Taktik-Kniff seines Trainers. Am Donnerstag sei Alonso mit dieser „Idee um die Ecke gekommen, Freitag haben wir es dann trainiert“. Tuchel schickte die Bayern dagegen mit einer ihrerseits unüblichen Dreierkette auf den Rasen, wollte das eigentliche System des Tabellenführers spiegeln. Doch Alonso war Tuchel stets einen Schritt voraus, ein klarer Plan beim deutschen Rekordmeister deswegen nicht zu erkennen – ganz im Gegenteil.

Selten traten die Münchner so schwach und ideenlos auf, wirkten gegen bestens organisierte und flinke Leverkusener teilweise sogar überfordert. „Wir haben immer wieder Räume bei den Bayern gefunden“, stellte Geschäftsführer Simon Rolfes hinterher fest. Zwar brauchten die Rheinländer anfangs nach zehn Minuten, hatten die Partie dann aber „in den Griff bekommen“ und die erste Pressinglinie der Gäste in regelmäßigen Abständen durchspielen können.

Hinzu kommt: Bayerns Systemumstellung signalisierte einen enormen Respekt vor der Werkself, was Alonsos Team schon vor dem Match spürbar positiv aufnahm. Es sei ein schönes Gefühl gewesen und gab noch einmal mehr „Mut und Selbstvertrauen“, verriet Jonathan Tah. Zwingen die Münchner in absoluten Spitzenspielen normalerweise dem Gegner die eigene Spielweise auf, lief das am Samstagabend genau andersrum.

Personalauswahl geglückt

Zweifellos hat auch Alonso viel Angriffsfläche geboten, wären seine plötzlichen taktischen und personellen Wechsel nach hinten losgegangen, doch der ehemalige Weltklasse-Spieler vermittelte sein Konzept mit voller Überzeugung. Dass ausgerechnet Bayern-Leihgabe Stanisic, vorher noch nie als Torschütze für Leverkusen in Erscheinung getreten, den Führungstreffer erzielte, zeigte dann endgültig: Egal, was sich Alonso in diesen Wochen ausdenkt, es funktioniert.

„Ab und zu überrascht er mich auch“, erzählte Rolfes im STAHLWERK Doppelpass über die Vorhaben seines Trainers. Aber Alonso habe „den Mut, sich eben nicht nur auf eine Elf festzulegen, sondern auch mal zu sagen: Ich passe das System an, bringe auch mal andere Typen auf den Platz. Wir sind nicht im System gefangen, dass es darauf basiert, wie wir Fußball spielen.“ Jeder Spieler wisse, was seine Rolle ist. „Und jeder hat darin die Qualität, diese Rolle gut zu spielen“, fügte der 42-Jährige hinzu.

Diese Herangehensweise führte nun dazu, dass es innerhalb des Teams stimmt, niemand schlechte Laune schiebt. So nahm Frimpong, der das zweite Bundesliga-Spiel hintereinander nicht in der Startelf stand, Alonso die Entscheidung auch nicht übel. „Natürlich“ sei er über seinen neuerlichen Bankplatz nicht enttäuscht gewesen, betonte der Niederländer: „Ich bin ein Teamplayer. Alles für die Mannschaft – vor allem bei so einem Spiel.“ Was der 23-Jährige drauf hat, zeigte letztlich seine furiose Schlussphase. Mit seinem Tempo war der später eingewechselte Frimpong nie zu stoppen war und schoss auch das 3:0.

Doch nicht nur einzelne Personalien machen den Unterschied. In den vergangenen Monaten hat Alonso die Werkself in Sachen Raumaufteilung, Passspiel und Spielgestaltung auf ein bemerkenswert hohes Niveau gehoben. Automatismen funktionieren, egal in welchem System. Wollte Tuchel, wie er im Vorfeld des Krachers durchaus forsch ankündigte, die Karten auf den Tisch legen, ist ihm das in keinster Weise gelungen. Denn Alonsos Blatt war definitiv das bessere.

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