Nachdem seine Vorgängerin allen Afghaninnen grundsätzliches Asylrecht zusprach, will Beat Jans die Regelung jetzt wohl einschränken. Doch seine Antwort an die Kommission sorgt für Verwirrung – und das Staatssekretariat für Migration hüllt sich in Schweigen.
Im vergangenen Sommer hatte das Staatssekretariat für Migration (SEM) seine Aufnahmepraxis dahingehend verändert, dass allen Afghaninnen aufgrund der Machtübernahme der Taliban und der damit verschlechterten Situation für Frauen grundsätzlich die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird und sie damit Recht auf Asyl besitzen.
Die Praxisanpassung wurde nicht nur in der Schweiz vorgenommen: Auf Empfehlung der Europäischen Asylagentur änderten auch weitere europäische Länder ihre Praxis – darunter Deutschland, Schweden und Dänemark.
Staatspolitische Kommission fordert Änderungen
Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK) hatte eine Motion von Gregor Rutz (SVP), der das vollständige Rückgängigmachen der Regelung verlangte, mit 13 zu zwölf Stimmen knapp abgelehnt. Stattdessen reichte sie eine eigene Motion mit drei Forderungen ein:
a. In jedem Fall soll Asyl nur nach einer Einzelfallprüfung gewährt werden.
b. Die Verfolgungssituation von Afghaninnen, die sich zuletzt in einem Drittstaat aufgehalten haben, soll nach diesem Land beurteilt werden.
c. Nachziehende Ehemänner sollen einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden.
Bundesrat spricht sich für Teilannahme aus
Beat Jans will die Praxisänderung nun offenbar beschränken. Punkt a und c der Motion seien bereits erfüllt, erklärt der Bundesrat in seiner Stellungnahme. Punkt b hingegen heisst er gut.
Chaos um Afghaninnen-Praxis: Verschärft die Schweiz ihre Asylregeln?
Man sei «einverstanden, die Schutzmöglichkeiten für afghanische Frauen in einem Drittstaat, in dem sie sich vor ihrer Einreise in die Schweiz zuletzt aufhielten, unter Berücksichtigung der Flüchtlingskonvention vertieft zu prüfen», schreibt er.
Antwort des Bundesrats sorgt für Kopfkratzen
Auch auf mehrfache Nachfrage will das SEM nicht erklären, welche konkreten Auswirkungen die beantragte Teilannahme der Motion letztlich hätte. Man wolle der politischen Diskussion nicht vorgreifen.
Gemäss Informationen im Faktenblatt zur Praxisänderung haben Afghaninnen, die bereits in einem EU-Staat registriert wurden, ohnehin kein Recht auf Asyl in der Schweiz. Die Schweiz darf zudem gemäss Rückschiebungsverbot (Non-Refoulement-Gebot) Asylsuchende nicht in ein Land ausweisen, von dem aus sie möglicherweise in ein Land weitergeschickt werden, wo ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit gefährdet ist.
«Keine Person darf in irgendeiner Form zur Ausreise in ein Land gezwungen werden, in dem ihr Leib, ihr Leben oder ihre Freiheit aus einem Grund nach Artikel 3 Absatz 1 gefährdet ist oder in dem sie Gefahr läuft, zur Ausreise in ein solches Land gezwungen zu werden.»
Welche möglichen Fälle dann noch übrig bleiben, bei denen Punkt b greifen könnte, wollte das SEM nicht sagen.
Bundesrats-Antwort verwirrt Politiker
Dass das SEM zu Punkt b keine Stellung nehmen will, sei «irritierend», sagt SVP-Nationalrat Gregor Rutz.
«Dass das SEM dazu keine Stellung nehmen will, ist befremdend», sagt SVP-Nationalrat Gregor Rutz.
Massgebend müsse das Herkunftsland und nicht die Nationalität sein. Oft gebe es nach asylpolitischen Kriterien keinen Grund, in die Schweiz zu reisen, da die Frauen ja bereits nicht mehr in Afghanistan seien. «Dass das SEM dazu keine Stellung nehmen will, ist befremdend. Dies werden wir in der Debatte aufnehmen», betont der SVP-Mann.
Mitte-Nationalrat Nicolò Paganini sieht das ähnlich. «Die Entgegennahme von Punkt b durch den Bundesrat bedeutet, dass auch die Landesregierung hier Handlungsbedarf sieht», sagt er.
Auch Mitte-Nationalrat Nicolò Paganini hofft auf eine Änderung der heutigen Praxis mit Afghaninnen.
Waren Afghaninnen vor der Einreise in die Schweiz in einem Land, in welchem sie nicht an Leib und Leben gefährdet waren, so müsse ihnen nach Asylgesetz kein Asyl gewährt werden, so seine Interpretation. «Ist eine Rückführung aktuell nicht möglich, kommt es statt zur Asylgewährung zum Status der vorläufigen Aufnahme ohne Möglichkeit des baldigen Familiennachzugs.»
«Diese Antwort lässt viel Interpretationsspielraum», sagt hingegen SP-Nationalrätin Nina Schläfli zur Stellungnahme.
«Afghaninnen, die bereits in einem sicheren Drittstaat waren, erhalten auch heute kein Asyl», sagt SP-Nationalrätin Nina Schläfli.
Sie halte es zudem für fraglich, ob hier eine Praxisänderung möglich oder überhaupt nötig sei. «Afghaninnen, die bereits in einem sicheren Drittstaat waren, erhalten auch heute kein Asyl», sagt sie.
Es bleibt also nur die weiterführende politische Debatte der SPK abzuwarten. Danach wird die Asylpraxis bei Afghaninnen womöglich in der Sommersession auf den Teppich kommen.
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