«Wunsch nach Autorität»: Darum ist Ostdeutschland AfD-Hochburg

In Ostdeutschland erreicht die AfD die meisten Stimmen und könnte im Herbst in mehreren Bundesländern die Wahlen gewinnen. Wieso ist die Partei in der Region so beliebt? Ein Erklärungsansatz in drei Punkten.

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«Wunsch nach Autorität»: Darum ist Ostdeutschland AfD-Hochburg

Vor dem Hintergrund einer Wirtschafts- und Vertrauenskrise wird im September in drei der fünf ostdeutschen Bundesländer gewählt – in Brandenburg, Thüringen und Sachsen. Überall wird ein Sieg der AfD vorhergesagt. In der Region ist das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates schwach. Bei einer aktuellen Umfrage des Deutschen Beamtenbundes (dbb) sagten 77 Prozent der Befragten, dass der Staat hinsichtlich seiner Aufgaben und der bestehenden Probleme überfordert sei.

Dass sich diese Bilanz in den Wahlresultaten widerspiegeln wird, ist wahrscheinlich. In Sachsen könnte die AfD gemäss Umfragen 35 Prozent erreichen. Ob es dann auch zu einer Regierungsbeteiligung der AfD kommen wird, ist dennoch fraglich. Hierfür bräuchte die Partei Koalitionspartner. Doch: Wieso ist die rechtspopulistische Partei genau im Osten so beliebt? Drei Faktoren spielen eine entscheidende Rolle.

Fehlende Repräsentation

In Gesprächen in Sachsen zeigt sich, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger von der Politik in Berlin allein gelassen fühlen. Diesen Eindruck bestätigt auch Michael Nattke, Geschäftsführer vom Kulturbüro Sachsen gegenüber 20 Minuten. «Für sie ist die Hauptstadt wahnsinnig weit weg.»

Das Problem sei, dass die Bevölkerung vor allem im Osten des Bundeslandes kaum mit den Regierungsparteien in Kontakt komme. Das werde auch in Gesprächen mit Leiterinnen und Leitern von Jugendclubs bestätigt. «Wie sie erzählen, war das letzte Mal, dass jemand von einer Regierungspartei in den Clubs oder ähnlichen Einrichtungen vorbeikam, Ende der Neunzigerjahre», so Nattke.

«wunsch nach autorität»: darum ist ostdeutschland afd-hochburg

«Für die Leute im Osten, ist die Hauptstadt wahnsinnig weit weg», sagt Michael Nattke, Geschäftsführer des Kulturbüro Sachsen.

Die fehlende Präsenz der anderen Parteien macht sich die AfD laut dem Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer zunutze. Vor der letzten Bundestagswahl sagte er voraus, dass die Stärke der AfD in Ostdeutschland anhalten werde. «Die AfD hat sich organisatorisch in einzelnen Milieus und Gruppen festgesetzt, auch in Betrieben», sagte der Professor der Technischen Universität Dresden zu «Deutschlandfunk».

Wunsch nach einer «autoritären Staatlichkeit»

Ein Grossteil der AfD-Wählerbasis wurde in der DDR sozialisiert oder wuchs in der Zeit des Umbruchs auf. Das ist gemäss Nattke ein Teil des AfD-Erfolgsrezepts. «Die Bevölkerung Ostdeutschlands ist in einem System aufgewachsen, in dem alles für sie geregelt wurde. Mitwirken und eine Demokratie mitzugestalten, haben viele auch nach 1990 nicht gelernt.»

Diese Einschätzung verdeutlicht eine Befragung der Universität Leipzig in den ostdeutschen Bundesländern von 2023. Laut dem an der Studie beteiligten Direktor des Instituts für Demokratieforschung, Johannes Kiess, beobachtet man ein «ausgeprägtes Fremdeln» mit der Demokratie. Sie werde von vielen nicht als etwas Eigenes verstanden. Stattdessen sei die Sehnsucht nach einer «autoritären Staatlichkeit» ausgeprägt. Das zeigt die hohe Zustimmung zur Forderung nach «einer einzigen starken Partei, die die Volksgemeinschaft verkörpert».

Strukturwandel führt zu Verlustängsten

Mit der Wiedervereinigung durchlebte der Osten in den Neunzigerjahren einen Strukturwandel. Teils wurden Berufsbiografien von Personen in der DDR nicht anerkannt: «So haben Betroffene viele Jahre unter prekären Verhältnissen gearbeitet und gelebt», so Nattke. Bis heute nehmen sich laut dem Experten viele als Verlierer der Wende wahr. Wie die Leipziger Studie zeigt, zählt sich ein Drittel der Ostdeutschen zu den Verlierern, weniger als die Hälfte möchte sich als Gewinner bezeichnen. «Rückblickend ist die Zufriedenheit unter den Befragten mit ihrem Leben in der DDR hoch», sagt der Studienleiter.

Um sich etwas aufzubauen, hätten die Menschen in der Region hart gearbeitet, so Nattke. Das löse Verlustängste aus. «Sie sind insofern nachvollziehbar, dass die Menschen in der DDR nicht wirklich Geld verdient haben. Demnach haben sie auch kein grosses Erbe. Alles, was sie haben, haben sie mit ihren eigenen Händen erschaffen.»

Aktuell erleben die Regionen Sachsen und Brandenburg einen erneuten Strukturwandel. Wegen des bevorstehenden Braunkohleausstiegs könnten Hunderte in der Region ihren Job verlieren. «Das löst materielle Verunsicherung und Existenzängste aus, die die AfD mit ihrer Politik bedient», sagt Nattke.

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