Der Milchpreis steigt, aber nur um 3 Rappen pro Liter und erst ab Juli. Damit sehen die Bauern ihre Forderung nur zum Teil erfüllt. Wie sie darauf reagieren, ist unklar.
Welcher Preis für die Milch ist angemessen? Ein Käser im Toggenburg giesst Milch in eine Kanne.
Den ganzen Freitag hat das Warten gedauert. Dann, am frühen Abend, war der Entscheid da. Die Branchenorganisation Milch erhöht den Milchpreis, aber nicht sofort. Angekündigt ist eine Anhebung ab Juli bis Ende Jahr um 3 Rappen pro Liter. «Eine Preiserhöhung bereits im Frühjahr mit hohem Milchaufkommen wäre ein falsches Marktsignal gewesen», begründen die Verantwortlichen den Entscheid.
Die Bauern sind mit ihrem Antrag auf eine sofortige Preiserhöhung um 4 Rappen gescheitert. Der Schweizer Bauernverband bedauert das zwar, würdigt die Anhebung auf Juli aber als «ersten Schritt». Gar keine Verbesserung hätte den Frust an der bäuerlichen Basis verstärkt; insofern hätten die Verarbeiter und Händler den Ernst der Lage verstanden.
Der Bauernverband argumentiert, der Milchpreis sei über Jahre viel zu tief gewesen, was zu einem enormen Strukturwandel in der Branche geführt habe. Nun seien auch die übrigen Branchen gefragt, ihre Produzentenpreise zu erhöhen.
Stimmung kann «schnell kippen»
Die laufenden Proteste der Bauern scheinen also zumindest teilweise gewirkt zu haben. Offen ist, wie die Bauernbasis den Entscheid aufnehmen wird. Denkbar ist, dass die Proteste etwas abflauen. Sie könnten nun aber auch erst recht aufflammen, weil die Bauern merken, dass sie ihre Forderungen so zumindest in Ansätzen durchsetzen können.
Bauernpräsident Markus Ritter sagt, eine Einschätzung sei schwierig. Der Bauernverband jedenfalls wirke über alle Kanäle mässigend auf die Berufskollegen ein. In der Westschweiz sei aber die Anspannung, ausgelöst auch durch die Bilder aus Frankreich, deutlich grösser. Auch Grünen-Nationalrat Kilian Baumann, selber Biobauer und Präsident der Kleinbauern-Vereinigung, wagt keine Prognose. «Ich hoffe, dass die Situation nicht eskaliert.» Die Stimmung könne aber schnell kippen.
Nationalrat gibt Druck nach
Ganze Wirkung gezeigt hat der Druck der Bauern dagegen bei einem anderen Geschäft. Am Mittwoch hat der Nationalrat gegen mehr Ökoflächen auf Äckern gestimmt. Der Bundesrat wollte den Bauern vorschreiben, auf 3,5 Prozent ihres Ackerlandes die Biodiversität zu fördern – ein Plan, der der Bauernlobby von Anfang an nicht schmeckte.
Nachdem das Parlament die auf Anfang 2023 geplante Einführung schon zweimal um ein Jahr verschoben hatte, strich die grosse Kammer die neue Bestimmung nun ganz – knapp mit 94 zu 89 Stimmen. Ausschlaggebend waren die Stimmen von welschen FDP-Vertretern, die sich offenbar von den bäuerlichen Protesten beeindrucken liessen und nun mit der SVP und der Mitte stimmten.
Vergebliches Votum für mehr Ökologie auf den Äckern: Agrarminister Guy Parmelin diese Woche im Nationalrat.
Folgt der Ständerat diesem Beschluss, streicht das Parlament ein wesentliches Element für eine nachhaltigere Landwirtschaft, und das gegen den Willen von Agrarminister Guy Parmelin. Bereits in der zweimaligen Verschiebung sah der Bundesrat einen Verstoss gegen Treu und Glauben. Dies, weil unter anderem diese Massnahme das Versprechen für mehr Ökologie einlösen würde, welches das Parlament in seinem Kampf gegen die Trinkwasser- und die Pestizidinitiative 2021 gegeben hatte.
Ritters Schwenker
Noch im November hatte Mitte-Nationalrat Ritter versichert, es gehe einzig darum, die neue Regel etwas später einzuführen. Es brauche Biodiversitätsmassnahmen – aber solche, die die Bauernfamilien mittrügen.
Dass Ritter nun mitgeholfen hat, die neue Regel zu versenken, begründet er auf Anfrage mit der «aktuellen Entwicklung der Diskussion bei der bäuerlichen Basis und den Protesten». «Hätte ich mich enthalten oder die Motion gar abgelehnt, wäre das auf völliges Unverständnis gestossen.»
Im Lager der Umweltschützer löst der nationalrätliche Beschluss derweil Irritation aus. Dies umso mehr, als der Bundesrat den Bauern mit einem Kompromiss entgegenkommen wollte. Vereinfacht gesagt, sah der Vorschlag vor, 40 Prozent weniger Biodiversitätsflächen als geplant auszuscheiden und zusätzliche Anrechnungen wie etwa Hecken zu erlauben. Grünen-Nationalrat Baumann sagt: «Ich kann den Entscheid des Nationalrats nicht verstehen.» Der Biobauer hofft, dass der Ständerat den Beschluss korrigieren wird.
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