Ahrtal-Flutkatastrophe: Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen gegen früheren Landrat ein

ahrtal-flutkatastrophe: staatsanwaltschaft stellt ermittlungen gegen früheren landrat ein

Nach dem Jahrhunderthochwasser in der Eifel durch heftige Regenfälle und Dauerregen wurde das Ahrtal überschwemmt. (Archivbild 2021) Christoph Hardt / Imago

Die Staatsanwaltschaft Koblenz hat die Ermittlungen gegen den ehemaligen Landrat Jürgen Pföhler (CDU) zur Flutkatastrophe vom Sommer 2021 im Ahrtal eingestellt. Auch die Ermittlungen gegen ein früheres Mitglied des Krisenstabs sind eingestellt worden. Das sagte ein Sprecher der Behörde am Donnerstag in Koblenz.

Starke Regenfälle hatten Mitte Juli 2021 Überschwemmungen an Flüssen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ausgelöst. Viele Gemeinden wurden von den Flutmassen verwüstet, besonders stark getroffen war das Ahrtal. Tausende Häuser wurden zerstört, Brücken weggespült und Strassen unbefahrbar gemacht. Bei der Flut vor zweieinhalb Jahren waren 135 Personen in der Ahrregion ums Leben gekommen.

Nach dem Ergebnis der Ermittlungen habe sich kein hinreichender Tatverdacht ergeben, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Eine Verurteilung sei «nicht zu erreichen», hiess es weiter. Das Verfahren müsse aus diesem Grund eingestellt werden.

Bereits im August 2021 hatte die Staatsanwaltschaft in Koblenz Ermittlungen gegen Pföhler sowie gegen ein früheres Mitglied des Krisenstabs eingeleitet. Sie wurden der fahrlässigen Tötung und der fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen verdächtigt. Dahinter stand die Frage, ob die Einsatzleitung in der Flutnacht zu wenig getan hatte, um die Bevölkerung zu schützen. Pföhler wurde vorgeworfen, zu spät vor der Gefahr einer Flut gewarnt zu haben. Dies wies Pföhler nach Angaben seines Anwalts zurück. Sein Mitarbeiter hatte ebenso abgestritten, sich strafbar gemacht zu haben.

Für den Tatbestand der fahrlässigen Tötung oder Körperverletzung durch Unterlassen muss eine gebotene Handlung unterlassen worden sein, mit der «Personenschäden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wären». Strafbar wird das Verhalten auch nur dann, wenn Personenschäden selbst bei pflichtgemässem Handeln hätten vermieden werden können. Dies sei den beiden Tatverdächtigen nicht nachzuweisen gewesen, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Gutachten bestätigt erhebliche Mängel, aber keine Fahrlässigkeit

Das Ausmass der Flutkatastrophe sei für die Verantwortlichen des Landkreises Ahrweiler nicht absehbar gewesen, befand die Staatsanwaltschaft. Zu diesem Ergebnis kam ein Gutachter, den die Staatsanwaltschaft beauftragt hatte. Laut seinem Urteil handelte es sich um eine hochkomplexe Sturzflut.

Hinzu kommt laut dem Gutachten, dass durch die unterschiedliche Topografie und Vegetation gemessene Wasserstände an einem Ort nicht automatisch auf einen anderen übertragen werden konnten. Den Verlauf der Wassermassen abzuschätzen, wäre laut dem Gutachten kaum möglich gewesen.

Die Pegelprognose vom 14. Juli 2021 war am Nachmittag laut dem Bericht zwar besorgniserregend, die Pegelstände selbst aber noch «unauffällig». Die Pegelstand-Prognosen wurden zeitweise nach unten korrigiert, bis sie in den Abendstunden sukzessive anstiegen. Erst um 22 Uhr rief der Landkreis schliesslich die Alarmstufe 5 aus und forderte mehrere Gemeinden an der Ahr auf, Wohnungen in einer Entfernung von 50 Metern um den Fluss zu evakuieren.

Staatsanwaltschaft stellt Organisationsfehler fest

Die Staatsanwaltschaft bemängelte jedoch nach Abschluss ihrer Ermittlungen die «unzureichende» Organisation des Katastrophenschutzes im Landkreis. Konkret habe das Führungssystem «eine ganze Reihe von Mängeln» aufgewiesen. So hätten dem Landkreis Evakuierungspläne für Hochwasserszenarien gefehlt, Einsatzpläne seien nicht umgesetzt worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Obschon die Staatsanwaltschaft dafür Pföhler verantwortlich macht, ergebe sich aus den «durchaus beachtlichen Mängeln» keine Strafbarkeit.

Pföhler war im August 2021 nach der Flutkatastrophe krankheitsbedingt als Landrat ausgefallen, im Oktober des gleichen Jahres beantragte er, wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt zu werden.

Gegen die Staatsanwaltschaft ist laut der Deutschen Presse-Agentur eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingegangen. Mehrere Angehörige hatten Mitte April ein Schreiben an den rheinland-pfälzischen Justizminister Herbert Mertin gerichtet, in dem sie die Aussetzung des Ermittlungsverfahrens und die Auswechslung der Staatsanwälte forderten. Angehörige von Flutopfern kündigten an, weiter gegen die Behörden der Flutkatastrophe vorgehen zu wollen.

Mit Agenturmaterial.

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