Eine Auswertung der Universität Zürich zeigt, wie Zeitungen und Onlineplattformen über die Vorlagen vom 3. März berichtet haben. Der Abstimmungsmonitor fördert ungewöhnliche Muster zutage.
Im Schnitt berichten die Schweizer Medien ausgewogen über die AHV-Vorlagen – doch es gibt Ausreisser.
Man muss nicht Adolf Ogi heissen, um zu merken: Die Abstimmung über die 13. AHV-Rente bewegt die Gemüter in der Schweiz gewaltig. Als der Alt-Bundesrat Anfang Februar gemeinsam mit anderen ehemaligen Magistraten einen Brief versandte, in dem er die Rentnerinnen und Rentner im Land vor den Folgen einer Annahme der Initiative warnte, erlebte er das, was man auf Neudeutsch einen Shitstorm nennt. Ihn erreichten dutzendweise Briefe und Mails, in denen er zum Teil heftig beschimpft wurde.
Wie intensiv die Debatte über die 13. AHV-Rente auch medial ausgetragen wurde, zeigt der am Freitagnachmittag publizierte Abstimmungsmonitor des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög) der Universität Zürich. Total 752 redaktionelle Beiträge zählte Autor Linards Udris im Beobachtungszeitraum vom 11. Dezember bis 25. Februar – das sind so viele wie bei keiner anderen Abstimmungsvorlage in den letzten gut fünf Jahren.
Selbst die Konzernverantwortungsinitiative und das Covid-19-Gesetz, beides hoch umstrittene Vorlagen, erhielten weniger Aufmerksamkeit. Vergleiche mit früheren Abstimmungen sind nur bedingt möglich, weil das Sample der untersuchten Medien vor 2018 ein anderes war.
Wie es im Bericht heisst, ist es eher ungewöhnlich, dass eine sozial- oder wirtschaftspolitische Vorlage so viel Beachtung erfährt. So berichteten die Medien über frühere Vorlagen zur Altersvorsorge, etwa über die AHV-Reform (2022) oder die Volksinitiative AHV plus (2016), deutlich zurückhaltender.
Die zweite Initiative, die am Sonntag zur Abstimmung gelangt, schafft es ebenfalls bei weitem nicht in diese Sphären: Die Renteninitiative der Jungfreisinnigen, die eine Erhöhung des Rentenalters verlangt, wurde in 295 Beiträgen thematisiert, ein durchschnittlicher Wert.
Wer besonders kritisch ist
Das Fög untersuchte auch die Tonalität der Beiträge. Dort zeigt sich: Über alle Medien hinweg sind beide Initiativen im ambivalenten Bereich. Das heisst: Es überwiegt weder eine besonders negative noch eine besonders positive Berichterstattung. Zwar wurde über die 13. AHV-Rente etwas kritischer berichtet als über die Renteninitiative, allerdings bewegen sich die Werte in beiden Fällen um den Nullpunkt herum (–6 und +7 auf einer Skala von –100 bis +100).
Interessant wird es, wenn die Auswertung auf einzelne Medientitel heruntergebrochen wird. In der Frage der 13. AHV-Rente stellt Udris bei SRF, «20 Minuten» und den Titeln von Tamedia (zu der dieses Medium gehört) eine «ausgewogene Tonalität» fest. Sehr kritisch berichteten demnach die NZZ und die «NZZ am Sonntag» über die Initiative: Ihre Beiträge zur 13. AHV-Rente erreichen einen Wert von –52 respektive –40.
Das andere Extrem stellt die «Wochenzeitung» (WOZ) dar, mit einer maximal positiven Tonalität (+100). «Auffallend» ist für Udris zudem die Positionierung der «Weltwoche»: Obwohl sie linken Vorlagen sonst äusserst kritisch gegenübersteht, gab sie in diesem Fall auch befürwortenden Stimmen Raum. So fällt die Tonalität unter dem Strich zwar negativ aus (–21), aber weniger stark, als zu erwarten gewesen wäre.
Ungewöhnlicher Verlauf
Die Berichterstattung über die Renteninitiative der Jungfreisinnigen hat – mit Ausnahme einiger Titel in der Westschweiz – in den meisten Medien einen eher positiven Touch. Studienautor Udris erklärt sich dies unter anderem damit, dass die Erfolgsaussichten der Initiative als relativ gering gelten, «was auch bedeutet, dass mögliche negative Konsequenzen der Initiative weniger zur Sprache kommen».
Untypisch ist bei beiden Initiativen, dass die Medienberichterstattung schon früh einen ersten Höhepunkt erreichte und danach eher nachliess. Normalerweise wird der Peak erst rund zwei bis drei Wochen vor der Abstimmung erreicht.
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