Die Wahlrechtsreform der GroKo wird untersucht

Berlin/Karlsruhe. Im vergangenen Frühjahr hat der Bundestag mit den Stimmen der Ampel eine Wahlrechtsreform beschlossen – da steht in Karlsruhe erst einmal die Reform der Vorgängerkoalition auf dem Prüfstand. Der Richterspruch könnte aber auch für die heutige Rechtslage interessant werden.

die wahlrechtsreform der groko wird untersucht

Der leere Plenarsaal des Deutschen Bundestages. (Symbolbild)

Im Idealfall wird eine für das politische System Deutschlands zentrale Frage wie das Wahlrecht in großem politischen Einvernehmen entschieden. Doch das ist schon lange blanke Theorie. Faktisch sind Wahlrechtsfragen auch Machtfragen – und damit politische Streitfragen. Deswegen muss das Bundesverfassungsgericht an diesem Mittwoch eine Entscheidung über die Wahlrechtsreform der GroKo von Union und SPD aus dem Jahr 2020 verkünden. Was etwas skurril ist, weil die Ampel-Koalition im vergangenen März eine viel weitreichendere Reform beschlossen hat und die einstigen Kläger gar kein Interesse mehr an dem Verfahren haben.

Warum wurde das Wahlrecht überhaupt reformiert?

Das Bundeswahlgesetz legte mit der 2002 begonnenen 15. Wahlperiode die Sollgröße des Bundestags auf 598 Abgeordnete fest. Diese Zahl wurde anfangs noch annähernd eingehalten. Doch von Wahl zu Wahl zogen mehr Abgeordnete ins Reichstagsgebäude ein, 2017 waren es schließlich 709. Verantwortlich für das Anwachsen des Bundestags auf ein XL-Format waren Überhang- und Ausgleichsmandate. Überhangmandate entstanden, wenn eine Partei mehr Direktmandate gewann, als ihr nach dem Zweitstimmen-Ergebnis Sitze zustanden. Diese durfte sie behalten, die anderen Parteien erhielten dafür aber Ausgleichsmandate. Alle Parteien plädierten für eine Verkleinerung, fanden dafür aber keinen gemeinsamen Nenner.

Wie sah die Wahlrechtsreform 2020 aus?

Die Wahlrechtsreform der GroKo bestand aus zwei Teilen. Der erste Teil kam schon 2021 zur Anwendung, der zweite Teil sollte erst für die Wahl 2025 gelten. Schon für 2021 wurde festgelegt, dass Überhangmandate einer Partei teilweise mit ihren Listenmandaten in anderen Ländern verrechnet werden sollen. Beim Überschreiten der Regelgröße von 598 Sitzen sollen bis zu drei Überhangmandate nicht durch Ausgleichsmandate kompensiert werden. Nicht angetastet wurde dagegen die Zahl der 299 Wahlkreise. Diese sollten erst im zweiten Schritt ab 2024 auf 280 verringert werden. Außerdem sollte nach der Bundestagswahl 2021 eine Reformkommission zu Fragen des Wahlrechts eingesetzt werden.

Woran könnten sich die Richter stören?

Bei der mündlichen Verhandlung im April ging es stark um die Frage, ob die Wählerinnen und Wähler überhaupt noch durchschauen, wie sich ihre Stimme auswirkt. Oder ist das Wahlrecht zu kompliziert geworden und muss vereinfacht werden?

Hat dies vielleicht schon die neue Reform geleistet?

In gewisser Weise ja. Das neue Wahlrecht begrenzt die Zahl der Sitze im Bundestag auf 630. Um das zu erreichen, gibt es keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr. Entscheidend für die Stärke einer Partei im Parlament ist allein ihr Zweitstimmenergebnis. Auch die Grundmandatsklausel fällt weg. Nach ihr zogen Parteien auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag ein, wenn sie unter fünf Prozent lagen, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Jede Partei, die in den Bundestag will, muss künftig bundesweit mindestens fünf Prozent der Zweitstimmen bekommen.

Was hat die Reform von 2020 überhaupt gebracht?

Nicht viel. Kritiker bemängelten von Anfang an, dass es sich nur um ein Reförmchen mit geringer Wirkung handele. Der Bundestag wurde nicht kleiner, sondern nochmals größer. Seit der Wahl 2021 umfasst er 736 Abgeordnete. Letztlich wurde nur der Anstieg gebremst. Für Wahlrechtsexperten steht allerdings fest, dass der Bundestag bei einem nur minimal anderen Wahlverhalten der Bürger noch viel größer hätte werden können. Robert Vehrkamp von der Bertelsmann Stiftung hielt kurz vor der Wahl sogar einen Bundestag mit gut 1000 Abgeordneten für möglich.

Wie wurde die Reform zum Fall für das Bundesverfassungsgericht?

FDP, Grüne und Linke, die bei der Verabschiedung der GroKo-Reform in der Opposition waren, hatten sich auf einen eigenen Gesetzentwurf verständigt, der erheblich mehr Wirkung gehabt hätte. Nach ihm sollte zum Beispiel die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 250 verringert werden. Sie reichten im Februar 2021 in Karlsruhe eine sogenannte abstrakte Normenkontrolle ein, um die Wahlrechtsreform von Union und SPD auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu überprüfen.

Sind die Kläger damit noch glücklich?

Nein. FDP, Grüne und Linke hätten ihre Klage angesichts der Reform der Ampel-Koalition lieber ad acta gelegt. Die 216 Abgeordneten, die einst den Normenkontrollantrag eingereicht hatten, beantragten Mitte März, das Verfahren ruhen zu lassen. Vergeblich. Es bestehe ein „erhebliches Interesse“ an der Feststellung, ob der aktuelle Bundestag auf Grundlage eines verfassungsgemäßen Wahlrechts zustande gekommen sei, sagte Vizegerichtspräsidentin Doris König bei der mündlichen Verhandlung.

Warum ist das angesichts der neuen Reform noch relevant?

Wegen der vielen Pannen am Wahltag in Berlin soll die Bundestagswahl nach einem Beschluss des Bundestags in einigen Wahlbezirken der Hauptstadt wiederholt werden. Auch hierzu läuft ein Verfahren in Karlsruhe. Am 19. Dezember will das Bundesverfassungsgericht verkünden, in wie vielen Wahlbezirken dies zu geschehen hat, und ob es reicht, dabei nur die Zweitstimme abzugeben. Die Wiederholungswahl müsste nach denselben Regeln ablaufen wie die Hauptwahl.

Was könnte das bedeuten?

Es könnte kniffelig werden. Sollten die Änderungen für nichtig und nicht nur für verfassungswidrig erklärt werden, „müsste im Grunde im Fall einer partiellen Wiederholungswahl in Berlin das gesamte Bundestagswahlergebnis noch einmal nach dem alten Wahlrecht von vor 2020 berechnet werden“, erläutert die Politikwissenschaftlerin Sophie Schönberger, die Kläger von Grünen, FDP und Linken vertritt. Damit würde sich der aktuelle Bundestag nochmals vergrößern.

„Eine prinzipiell mögliche Lösung wäre die Anwendung des vor dieser Reform geltenden Rechts“, sagt der Bevollmächtigte des Bundestags, Professor Bernd Grzeszick. Auch käme theoretisch eine Art „Übergangs- oder Notfall“-Wahlrecht in Frage, das der Bundestag nur für diesen Fall erlassen könnte. All diese Szenarien seien aus verschiedenen Gründen aber rechtlich höchst problematisch.

Kann das Urteil auch Folgen für die neue Reform haben?

In Berlin wird das Urteil zur Wahlrechtsreform 2020 genau angeschaut. Denn möglicherweise schreiben die Richter ein paar generelle Leitsätze zum Wahlrecht in ihr Urteil, die auch Auswirkungen auf die jüngste Reform haben können. Gegen diese klagen bereits der Freistaat Bayern und die CSU. Auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und die Linke haben Klagen angekündigt. Angenommen, Karlsruhe verwirft die neue Reform, dann käme 2025 möglicherweise das alte Wahlrecht zum Tragen.

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