"Am Ende stehen wir da wie die Schildbürger"
Schönau-Berzdorfs Gemeinderäte fühlen sich erpresst: Wenn sie zusätzliche 60.000 Euro für den Gehwegbau in Kiesdorf nicht zahlen, wird es peinlich und teuer. Dabei ist es in ihren Augen ein Planungsfehler.
Seit einigen Wochen wird die Kreisstraße in Kiesdorf saniert und auch ein Gehweg angebaut. © Matthias Weber/photoweber.de
Viel hätte am Dienstagabend nicht gefehlt und die Schönau-Berzdorfer Gemeinderäte hätten die Bombe platzen lassen – oder besser – den Sanierungsarbeiten des Landkreises an der Oberen Straße in Kiesdorf torpediert. Denn, dass sie am Ende zähneknirschend zugestimmt haben, zusätzliche 60.000 Euro für den von der Gemeinde zu finanzierenden Gehweg auszugeben, empfanden sie als die Folge eines nicht anerkannten Planungsfehlers und letzten Endes als Erpressung.
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Ein Blick auf die Zahlen macht das verständlich: Seit etwa einem Jahrzehnt werden die Sanierung dieser Kreisstraße und in dem Zuge auch der Anbau eines Gehweges nun schon geplant. Planer wechselten, Sachbearbeiter kamen und gingen, Förderbedingungen veränderten sich. “Am Anfang lag unser Eigenanteil bei 100.000 Euro mit einer 90 Prozent Förderung”, fasst Bürgermeisterin Luisa Rönisch (SV Schönau) zusammen. Inzwischen liegt der Anteil, den die Gemeinde im Zusammenhang mit der Straßensanierung und ihrem Fußweg zu finanzieren hat, bei knapp 692.000 Euro – wovon zwei Drittel über eine Förderung übernommen werden. “Für das Geld hätten wir früher die ganze Straße bauen können”, witzelte ein Gemeinderat sarkastisch.
Unklar, ob Mehrkosten förderfähig sind
Noch obendrauf kommen dann unerwartete Kostensteigerungen – wie eben jene 60.000 Euro. Sie sind entstanden, weil die Planer davor ausgegangen waren, dass es reicht, 14 Zentimeter einstigen Ackerboden für den Gehwegunterbau auszuheben – tatsächlich müssen es nun aber 80 Zentimeter sein, weil man sonst nicht regelkonform bauen könne. Nach wie vor halten die Schönau-Berzdorfer Ratsmitglieder das für einen klaren Planungsfehler. Über Bodenuntersuchungen hätte man das im Vorfeld klären können. Ein Echo beim Landkreis fand diese Beschwerde bislang nicht. Man werde versuchen, die zusätzlich anfallenden Kosten wenigstens zu Teilen über eine Förderung zu reduzieren – so skizzierte die Bürgermeisterin das Angebot des Landkreises an die Gemeinde. Ob und wie das gelingt, ist noch nicht sicher.
Ihren Frust über diese Lage hätten die Räte am liebsten mit einer Weigerung – einem Einfrieren des Fußwegbaus – deutlich gemacht. Aber das wäre ein Weg mit Risiko, erklärte die Bürgermeisterin: “Was uns das an Vertragsstrafe kosten würde – weil wir ja die Vereinbarungen mit der Baufirma nicht einhalten, Material und Personal aber bereits einkalkuliert sind – hat noch keiner ausgerechnet.” Auch ein Rechtsstreit, auf den die Sache unweigerlich hinauslaufen würde, könnte als teurer Bumerang zurückkommen. Ganz zu schweigen vom Unverständnis der Kiesdorfer Bürger: “Am Ende stehen wir da wie die Schildbürger. Das würde doch keiner verstehen, wenn wir jetzt den Bürgersteig 200 Meter vor der Bushaltestelle, bis zu der er gehen soll, aufhören lassen”, schildert Bernd Richter das Dilemma.
“Hebst Du da gern die Hand?”
Und so beschloss der Gemeinderat bei einer Enthaltung die zusätzlichen 60.000 Euro. “Wir müssen doch die Hand heben, damit der Gehweg fertig wird – aber hebst Du da gern die Hand?”, fragte der Kiesdorfer Gemeinderat Gerd Fünfstück seine Ratskollegen. Er befürchtet, wie die meisten auch, dass diese Kostensteigerung bei der Baustelle noch längst nicht die letzte war. Weiteres Ungemach zeichne sich zum Beispiel bei der Entwässerung ab, heißt es. Dass die Gemeinde hier eine Art Mitschuld trage – weil sie, wie der Kreis jüngst gegenüber der SZ betonte, bei allen Baubesprechungen zugegen war – weist Gemeinderat Norman Möhle entschieden von sich: “Als ob wir nicht aufgepasst hätten! Das ist ein Planungsfehler und den haben wir nicht zu verantworten.”
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