Schulleiter zu Abi-Eklat in Oberbayern: „Die rote Linie wurde endgültig überschritten“
Markus Höß im Interview
Schulleiter zu Abi-Eklat in Oberbayern: „Die rote Linie wurde endgültig überschritten“
Nur wenig erfreut waren Markus Höß (vorne, 2.v.r.) und seine Direktoratskollegen von den Abschlussreden der Abiturienten in Dorfen. Den Schülern wirft er mangelnden Anstand vor.
Der Dorfener Schulleiter Markus Höß vom Gymnasium Dorfen legt seine Beweggründe dar, warum er den Abiturienten in diesem Jahr das Reifezeugnis nicht aushändigen wollte.
Dorfen – Schulleiter Markus Höß vom Gymnasium Dorfen hat sich geweigert, den 105 Abiturienten des Abschlussjahrgangs ihre Reifezeugnisse auszuhändigen, und verließ die Feier. Zu sehr habe er sich in den vergangenen Wochen über das niveaulose Verhalten der Absolventen ärgern müssen. Die überraschende Aktion des Schulleiters wird in der Schulfamilie viel diskutiert. Wir fragten den Oberstudiendirektor nach seinen Gründen.
Nach Abi-Eklat in Oberbayern: Schulleiter äußert sich im Interview
Herr Höß, Ihren Abgang konnten viele nicht nachvollziehen. Hätten Sie als versierter Pädagoge nicht mehr Fassung zeigen müssen?
Für mich wurde bei der Ansprache der Abiturienten die rote Linie endgültig überschritten. Das Verhalten vieler Schüler kann ich nicht akzeptieren, es ging stark ins Persönliche. Die Rede war auch den Lehrkräften gegenüber ungerecht und spiegelt ganz sicher nicht die Meinung der Mehrheit der Abiturienten wider. Wir haben uns alle bemüht, die Schüler gerade in der Oberstufe nach Kräften zu unterstützen und bestens auf das Abitur vorzubereiten. Zudem ist der Abi-Scherz völlig aus dem Ruder gelaufen.
Was war denn los?
Es liegt mir fern, jetzt schmutzige Wäsche zu waschen. Und was sich etliche Abiturienten bei diesem Streich an Entgleisungen geleistet haben, ist so ungeheuerlich, dass ich – um die Verantwortlichen nicht bloßstellen zu müssen – diskret damit umgehen muss.
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Schulleiter wollte mit seiner Aktion Zeichen setzen
Dennoch haben Sie eine Kollektivstrafe verhängt.
Von einer Strafe wird man hier kaum sprechen können, denn jeder Abiturient hat sein Abiturzeugnis erhalten. Mir aber war es wichtig, ein Zeichen zu setzen und bei den Verantwortlichen einen Denkprozess auszulösen. Im Übrigen sind die beiden Abiturredner mit dem Anspruch aufgetreten, für den ganzen Jahrgang zu sprechen. Sie haben offenbar die Macht ihrer Worte unterschätzt. Für viele unserer Abiturienten tut es mir aber sehr leid, dass ich das Reifezeugnis nicht persönlich ausgehändigt und mich verabschiedet habe. Viele waren hochanständig, leistungsbereit und auch sozial engagiert.
War das nicht auch der Jahrgang, dem sie kurz zuvor gegenüber unserer Zeitung noch attestierten: „Die Schüler sind nicht nur intelligent und talentiert, sondern haben zudem ein soziales Gewissen“?
Es gab leider eine Gruppe von Schülern, die immer stärker wurde – diese haben immer mehr gegen die Schule rebelliert. Schade finde ich, dass ich zu solchen Maßnahmen greifen musste – das entspricht überhaupt nicht meinem Selbstverständnis als begeistertem Pädagogen, der ich nach wie vor bin.