Frankreich-Wahl: Darum muss jetzt auch Deutschland zittern

  • Nach der ersten Runde der Parlamentswahlen in Frankreich liegen Rechtsnationale vorne
  • Das Ergebnis ist ein Schlappe für Präsident Emmanuel Macron
  • Doch auch für Deutschland könnte es zum Problem werden

Der Kanzler sagte nicht mehr als unbedingt nötig. Ob er denn die Sorge habe, dass in Frankreich demnächst die Rechtsextremen von Marine Le Pen regieren, wollte der Fragesteller im ARD-Sommerinterview unlängst wissen. Olaf Scholz antwortete: „Ich mache mir Sorgen wegen der Wahlen in Frankreich. Das will ich ausdrücklich sagen. Und ich hoffe, dass Parteien, die nicht Le Pen sind, um es so zu sagen, erfolgreich sind bei der Wahl.“

Im Nachbarland haben die Bürger am Sonntag damit begonnen ein neues Parlament zu bestimmen. Ein zweiter Wahlgang folgt eine Woche später. Überall in Europa ist die Angst groß, dass danach tatsächlich die Le-Pen-Partei Rassemblement National (RN) das Ruder übernimmt.

Wenn Scholz davon spricht, dass er sich Sorgen mache, dann ist das eine hanseatische Untertreibung: Tatsächlich schauen deutsche Politiker und Wirtschaftslenker hochnervös auf die Vorgänge jenseits des Rheins. Denn kippt Frankreich, dann könnte ganz Europa Schaden nehmen – inklusive Deutschland. Auf dem Spiel steht eine besonders enge Beziehung zwischen zwei Staaten und zwei Volkswirtschaften. Es geht auch um Stabilität auf dem Kontinent und Europas Rolle in der Welt.

Am Tag nach dem ersten Durchgang stellt sich die Situation laut Hochrechnungen so dar: Der RN liegt mit gut einem Drittel der Stimmen (34 Prozent) vorn, gefolgt vom Linksbündnis „Neue Volksfront“ (28 Prozent), in dem die linksnationalistische Partei LFI eine wichtige Rolle spielt. Abgeschlagen auf Platz drei kommt mit etwa 20 Prozent das liberale Parteienbündnis Renaissance von Staatschef Emmanuel Macron. Die Bürgerlich-Konservativen stecken im einstelligen Bereich fest.

Neuwahlen: „Macrons Auftritt als Reformer und Antreiber dürfte vorbei sein“

Macron hatte die Nationalversammlung nach der Europawahl vor knapp drei Wochen überraschend aufgelöst. Grund waren der Erdrutsch-Sieg der Le-Pen-Truppe und das katastrophale Abschneiden seiner eigenen Formation. Wie die neue Volksvertretung nach der zweiten Runde der Parlamentswahlen aussehen wird, ist noch unklar. Es ist aber gut möglich, dass Macron eine RN-Regierung ernennen oder sich mit den Linken arrangieren muss. Selbst wenn die pro-europäischen Kräfte die Oberhand behalten sollten, wird das Leben für den Präsidenten bestimmt nicht einfacher.

Das könnte auch jenseits der Landesgrenzen dramatische Folgen haben. „Nach dieser Aktion dürfte Macrons Auftritt in Europa als großer Reformer und Antreiber vorbei sein“, analysiert der SPD-Außenpolitiker und Frankreichkenner Nils Schmid. Er ergänzt im Gespräch mit dieser Redaktion: „Sollten Le Pens Leute an die Macht kommen, wäre eine enge Abstimmung zwischen Berlin und Paris kaum noch möglich.“ Zwar würde Deutschland jeder französischen Regierung mit dem gebotenen Respekt begegnen. „Aber der deutsch-französische Motor für Europa würde nicht mehr schnurren.“

frankreich-wahl: darum muss jetzt auch deutschland zittern

Marine Le Pen (links) ist die Anführerin des rechtsextremen Rassemblement National. Sie hofft, 2027 Staatspräsidentin zu werden. Ihr politischer Ziehsohn Jordan Bardella ist seit 2022 Parteivorsitzender. Der 28-Jährige führt die Partei jetzt auch als Spitzenkandidat in die vorgezogenen Parlamentswahlen. © DPA Images |Marine Le Pen (links) ist die Anführerin des rechtsextremen Rassemblement National. Sie hofft, 2027 Staatspräsidentin zu werden. Ihr politischer Ziehsohn Jordan Bardella ist seit 2022 Parteivorsitzender. Der 28-Jährige führt die Partei jetzt auch als Spitzenkandidat in die vorgezogenen Parlamentswahlen. © DPA Images | Lewis Joly

Nun ist es zwar so, dass die Außen- und Verteidigungspolitik in Frankreich dem Präsidenten vorbehalten ist. Emmanuel Macron bleibt auf jeden Fall im Amt, er wird auch künftig bei EU-Gipfeln oder anderen internationalen Treffen mit Scholz am Konferenztisch Platz nehmen. Das Verhältnis von Präsident und Kanzler ist nicht spannungsfrei. Wenn es darauf ankommt, raufen sich die beiden jedoch zusammen.

Aber auch in Frankreich bestimmt das Parlament über den Staatshaushalt. Das könnte unter anderem heikel werden, wenn es um die weitere Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen die russischen Invasoren geht. Le Pens RN und die linke LFI von Jean-Luc Mélenchon sind stramm moskaufreundlich. Zu ihren Feindbildern gehören der Westen, die Europäische Union – und Deutschland.

Berlin und Paris: Große Projekte für die kommenden Jahre

Und es geht ja nicht nur um Außenpolitik. Im Brüsseler EU-Ministerrat werden stets viele große und kleine Dossiers gleichzeitig verhandelt – von A wie Agrarpolitik bis Z wie Zuwanderung. Berliner Minister und ihre Mitarbeiter sind im ständigen Austausch mit ihren Pariser Kollegen. Ziehen beide Apparate nicht mehr an einem Strang, lähmt das die gesamte Union.

Dabei haben sich Deutschland und Frankreich eigentlich viel vorgenommen für die kommende Zeit. Sie wollen zum Beispiel endlich die Kapitalmarktunion auf die Beine stellen, damit Unternehmen in Europa leichter an Geld kommen und schneller wachsen können. Es gibt wichtige bilaterale Rüstungsprojekte, etwa die Entwicklung und den Bau neuer Panzer und Kampfflugzeuge. Für französische Nationalisten ist all das des Teufels.

Und was wäre eigentlich, wenn die künftige französische Regierung aus Rücksicht auf heimische Bauern und Unternehmen den Abschluss neuer Handelsabkommen zwischen der EU und Drittstaaten sabotierte? Was wäre, wenn sie sich nicht mehr an europäisches Recht gebunden fühlte – etwa mit Blick auf Subventionen, Binnenmarkt oder Haushaltspolitik? Wenn es schlecht läuft, könnte das der Wirtschaft in ganz Europa nachhaltig schaden. Auch der Währungsunion droht womöglich eine neue Zerreißprobe.

frankreich-wahl: darum muss jetzt auch deutschland zittern

Das Palais Bourbon in Paris ist der Sitz der französischen Nationalversammlung. © Aurelien Morissard/AP/dpa | Unbekannt|Das Palais Bourbon in Paris ist der Sitz der französischen Nationalversammlung. © Aurelien Morissard/AP/dpa | Unbekannt

Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD), die zugleich Bevollmächtigte der Bundesrepublik für die bilateralen Kulturbeziehungen ist, sagt: „Die deutsch-französischen Beziehungen sind sehr stabil. Aber man muss es klar sagen: Der wachsende Einfluss nationalistischer und rechtspopulistischer Parteien in den großen Ländern Europas gefährdet Frieden und Wohlstand in Europa.“

Frankreich: Für deutsche Exporteure der zweitwichtigste Auslandsmarkt

Es ist beileibe nicht nur der deutsche Politikbetrieb, der besorgt nach Frankreich blickt. Auch viele Unternehmen stellen sich die Frage, was auf sie zukommen könnte. Die beiden größten Volkswirtschaften der Eurozone sind eng miteinander verflochten. Für Frankreich ist Deutschland der wichtigste Handelspartner, aus deutscher Sicht war Frankreich im vergangenen Jahr die Nummer vier nach China, den USA und den Niederlanden. Betrachtet man nur die Exporte, war Frankreich für deutsche Firmen nach den USA zuletzt der zweitwichtigste Auslandsmarkt.

Etliche deutsche Firmen haben Niederlassungen im Nachbarland, der Wert der Direktinvestitionen liegt bei rund 80 Milliarden Euro. 350.000 Jobs sind dadurch unmittelbar entstanden. Unter Macron gewann das Land deutlich an Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit.

„Für deutsche Unternehmen geht es um Stabilität bei einem der wichtigsten Handelspartner“, sagt der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Volker Treier, im Gespräch mit dieser Redaktion. „Sie hoffen, dass sich die Ressentiments gegenüber Deutschland am rechten und linken Rand des politischen Spektrums in Frankreich nicht in den bilateralen Wirtschaftsbeziehungen niederschlagen.“

Doch zurück zu Kanzler Scholz. Der hat es in den vergangenen Wochen eher vermieden, sich öffentlich zu den Wahlen in Frankreich zu äußern. Wenn er es doch tat – siehe oben – dann mit angezogener Handbremse. Seine Minister hielten es genauso. Die deutsche Seite wollte auf keinen Fall den Eindruck erwecken, dass sie sich einmische und Partei ergreife. In Berlin sind sie sich sicher: Le Pens Leute und die extreme Linke hätten das im Wahlkampf gnadenlos ausgenutzt.

  • Politik-News: Die wichtigsten Nachrichten des Tages aus der Bundespolitik im Blog
  • Diskussion um Strafzölle: Wirtschaftskrieg mit China? Habeck macht den Mediator
  • Unbezahlte Masken? Jens Spahns teures Corona-Erbe
  • Griechenland als Vorbild: Sechstagewoche gegen Personalmangel? Das sagt ein Experte
  • Gutes Vorbild? Orban lobt Scholz wegen Asyl-Plänen: „Habe recht behalten“

OTHER NEWS

42 minutes ago

Jägervariante soll wieder fliegen – mit MiG-29: Abfang-Tornado wird zum privaten Mach-2-Jet

42 minutes ago

100 Prozent Bio: Land schraubt jetzt an der Quote

42 minutes ago

Gastbeitrag von Gabor Steingart - BASF ist nur der Anfang: Unser Abstieg ist das Ergebnis einer toxischen Agenda

42 minutes ago

Newey äußert sich zu den Zukunftsplänen: 'Das ist das Ziel'

42 minutes ago

Geht es überhaupt besser als "The Boys"? Das sind die (mit Abstand) besten Superhelden-Serien

42 minutes ago

EM 2024: Spanien schnappt DFB-Team Hotel in Stuttgart weg – Spieler sauer

49 minutes ago

Zumtobel macht weniger Umsatz und Gewinn

49 minutes ago

Kadioglu kein Thema mehr? Die schwierige Linksverteidiger-Suche beim BVB

49 minutes ago

Scholz in SPD-Fraktion - Zwischenstand zu Haushaltsgesprächen erwartet

55 minutes ago

Wimbledon: Zverev souverän in Runde zwei

57 minutes ago

Kreuzfahrt in Hamburg: Mega-Koloss erreicht zum ersten Mal die Stadt – der Empfang ist bitter

58 minutes ago

Skandal-Rapperin Nura fliegt von Fanmeile – Auftritt geplatzt!

58 minutes ago

Maren Eggert: „Gegen bestimmte Männerblicke habe ich regelrecht eine Allergie entwickelt“

58 minutes ago

Kurioser Prozess in Salzburg : Gericht fällt Urteil, wann Kirchenglocken läuten dürfen

58 minutes ago

Wechseljahre - Stoffwechsel wird langsamer – so kurbeln Sie ihn wieder an

1 hour ago

Easter Eggs aus Westeros: House of the Dragon-Macherin bestätigt neue Verbindung zu Game of Thrones

1 hour ago

Formel 1: Team macht Wechsel offiziell! Gravierende Änderung steht bevor

1 hour ago

EZB-Maßnahmen wirken - Inflation im Euroraum sinkt weiter und fällt auf 2,5 Prozent

1 hour ago

Zwei Mädchen sind nun ganz ohne ihre „Mama“

1 hour ago

Spanien will gegen DFB-Team "nicht nachlassen"

1 hour ago

Gaza: Luftangriff Israels nach Raketenbeschuss fordert Tote

1 hour ago

Nach Sieg über Österreich ist der „Rucksack“ weg

1 hour ago

Der Wert der Annovis-Aktie hat sich am Dienstag mehr als verdoppelt: Was ist passiert?

1 hour ago

"Absolut irrwitzig!" Deutscher Tour-Edelhelfer gefeiert

1 hour ago

US-Börsen legen zu - Tesla-Aktie springt nach guten Absatz-Zahlen um zehn Prozent nach oben

1 hour ago

Gürtel über Bluse? Dieser elegante Modetrend steht jeder Frau!

1 hour ago

Sieg der Türken: 8000 Fans feiern in Duisburg

1 hour ago

Rekord-Hurrikan Beryl verwüstet Karibikinseln und nimmt Kurs auf Jamaika

1 hour ago

Sanierungsunternehmen aus Klagenfurt-Land schlittert in die Insolvenz

1 hour ago

Vier Mal All-Star in der NBA: Walker beendet Karriere

1 hour ago

Olympia als Sightseeing-Tour -Versailles, Eiffelturm, Louvre

1 hour ago

Champions League: Schachtar Donezk trägt seine Spiele in Gelsenkirchen beim 1. FC Schalke 04 aus

1 hour ago

Besser als Aperol Spritz: Dieser Kult-Drink kommt im Sommer '24 endlich zurück - La Dolce Vita pur!

1 hour ago

Landeskriminalamt Niedersachsen Neue Fotos von Ex-RAF-Terrorist Staub

1 hour ago

Snapdragon-X-Notebooks: Windows runter und Linux drauf?​

1 hour ago

Für Hilfe soll Meyer-Werft Arbeitgeberparadies Luxemburg verlassen

1 hour ago

GZSZ | Unerwartetes Bündnis mit dem Teufel: Das wissen wir bisher

1 hour ago

Brexit: Was könnte ein Sieg der Labour-Partei für die EU bedeuten?

2 hrs ago

Gelbe Blätter bei Rosen: Das sind die wahren Ursachen

2 hrs ago

Corinna Schumachers Neuanfang mit 55