Der Afrika-Cup ist für die Elfenbeinküste eine teure Imagekorrektur

der afrika-cup ist für die elfenbeinküste eine teure imagekorrektur

Ivory Coast’s supporters create a tifo during the Africa Cup of Nations (CAN) 2024 group A football match between Ivory Coast and Nigeria at the Alassane Ouattara Olympic Stadium in Ebimpe, Abidjan, on January 18, 2024. (Photo by FRANCK FIFE / AFP)

Fast hätte die Anreise zum Afrika-Cup in der Elfenbeinküste in einer Katastrophe geendet. Die Nationalmannschaft Gambias war in der Hauptstadt Banjul ehrenvoll vom Staatspräsidenten Adama Barrow verabschiedet worden. “Bringt uns den Cup nach Hause”, rief er dem Team zu, was trotz des enormen Aufschwungs des Teams unter der Leitung des belgischen Trainers Tom Saintfiet (50) doch ein wenig zu ambitioniert erscheint.

Der Verband hatte ein Propellerflugzeug des Typs Bombardier Dash 8 organisiert, mit 52 Plätzen. Kaum in der Luft, klagten Spieler über Atemnot und Hitze, einige verloren das Bewusstsein. “Wir müssen umkehren”, sagte der Pilot – sonst drohe der Tod. Die Sauerstoffzufuhr in der Kabine war defekt.

Ein Telefonat mit Saintfiet einige Tage nach dem Vorfall. Er tummelt sich seit Jahrzehnten im afrikanischen Fußball, trainierte bereits Namibia, Äthiopien, Malawi, Togo – und seit nunmehr fünf Jahren Gambia, eine der erfolgreichsten Epochen der Fußballgeschichte der winzigen westafrikanischen Nation mit 2,5 Millionen Einwohnern. Saintfiet hat im Laufe seiner Karriere gelernt, den Blick schnell nach vorn zu richten. Er schwärmt von der Unterstützung aus seiner Heimat, trotz einer 0:3-Auftaktniederlage gegen Titelverteidiger Senegal. “Während des Turniers vergessen die Menschen in Gambia ihre Konflikte untereinander, ihre Sorgen – da zählt nur noch der Fußball.”

Und das Turnier sei bisher wirklich beeindruckend, sagt Saintfiet, im Vergleich zum letzten Afrika-Cup in Kamerun “ein wirklicher Schritt nach vorn”. Die Infrastruktur und die Stimmung seien hervorragend. Der afrikanische Fußball werbe seit jeher um den Respekt der internationalen Fußballfans, besonders in Europa. “Wir hoffen zumindest auf die gleiche Aufmerksamkeit wie die Copa América”, sagt Saintfiet, “die Qualität des Fußballs ist längst hoch genug, Afrika würde es verdienen.”

Tafelsilber

Lange konzentrierte sich die Debatte vorwiegend auf die Frage, welcher europäische Verein am meisten unter den Abstellungen seines Personals leidet. Topstars wie Ägyptens angeschlagener Stürmer Mohamed Salah (FC Liverpool) oder Nigerias Victor Osimhen (Napoli) gehören zum Tafelsilber des europäischen Fußballs. 22 Spieler beim Afrika-Cup stehen in der englischen Premier League unter Vertrag.

Angesichts der steigenden Prominenz der Akteure nimmt auch das weltweite Interesse zu. Der afrikanische Fußballverband CAF wird seit drei Jahren vom südafrikanischen Bergbaumilliardär Patrice Motsepe angeführt, der mehr Renommee mitbrachte als die meisten Vorgänger. Die Sponsoren- und TV-Gelder sind unter seiner Ägide deutlich gestiegen. So wird das siegreiche Team sieben Millionen Dollar ausbezahlt bekommen, 40 Prozent mehr als früher.

Selten aber hat ein Gastgeberland so viel Geld im Vorfeld in die Hand genommen wie die Elfenbeinküste. Eine Milliarde Dollar floss in den Ausbau der Infrastruktur. Allein das neue Finalstadion am Rand der Hauptstadt Abidjan kostete 260 Millionen Dollar. Man könnte argumentieren, dass es in einem Land, in dem fast jeder Zweite die UN-Definition für Armut erfüllt, bessere Investitionsoptionen geben könnte.

Gebaut wurde das Stadion allerdings mithilfe Chinas. Die Weltmacht hat seine lange Zeit enormen Investitionen in anderen Regionen Afrikas in den vergangenen Jahren etwas zurückgeschraubt. In Westafrika, das man im Vergleich zum Osten und Süden des Kontinents beim Ausbau des Investitionsprogramms Neue Seidenstraße lange vernachlässigt hatte, will Peking aber an Einfluss gewinnen – und setzt auf seine eher selten gewordene “Stadiondiplomatie”. So wird die Finanzierung von Prestigebauten bezeichnet. Im Gegenzug erhofft sich China größeren politischen Einfluss. Angesichts der zunehmenden Feindseligkeiten gegenüber der einstigen Kolonialmacht Frankreich, die in Westafrika lange weiter den größten politischen und wirtschaftlichen Einfluss hatte, erscheint das Zeitfenster günstig.

Benannt ist das Stadion mit einer Kapazität von 60.000 Zuschauern nach Präsident Alassane Ouattara, ein Umstand, den ein weniger eitler Politiker womöglich verhindert hätte. Doch der studierte Ökonom, bei dessen umstrittener Wiederwahl im Jahr 2020 es rund 100 Tote gab, gehört zu den großen Unterstützern des Turniers. Er versucht das Land als Investitionsstandort zu präsentieren. Der Internationale Währungsfonds (IMF) prognostiziert ein Wirtschaftswachstum in diesem Jahr von mehr als sechs Prozent.

Schlagzeilen

Ganz Westafrika hat diese Imagekorrektur dringend nötig, nachdem in den vergangenen Jahren eine Mischung aus Putschen, Terrorismus, Schuldenkrise und gestiegenem russischen Einfluss die Schlagzeilen dominierte. Die Bilder von modernen Stadien, neuen Straßen und feiernden Fans sollen beim Turnier der Elfenbeinküste an die Stelle der Assoziation des Landes mit mehreren brutalen Bürgerkriegen treten, die zwischen den Jahren 2002 und 2011 ganze Landstriche zerstört hatten.

Schon damals hatte sich die Kraft des Fußballs gezeigt. Im Oktober 2005 nahm Ex-Chelsea-Star Didier Drogba, der beste Profi in der Geschichte des Landes, an einem “Friedensspiel” teil. Umgeben von knienden Mitspielern flehte er die Kriegsparteien an, ihre Waffen niederzulegen. Das geschah tatsächlich binnen einer Woche. Zumindest für einige Zeit. (Christian Putsch aus Kapstadt, 23.1.2024)

News Related

OTHER NEWS

Fix! Diese Personen bekommen bald mehr Geld aufs Konto

Fix! Diese Personen bekommen bald mehr Geld aufs Konto In der dritten Runde der Kollektivvertragsverhandlungen in der Sozialwirtschaft ist in der Nacht eine Einigung erzielt worden. Das sind die Details. ... Read more »

Sozialwirtschaft: KV-Abschluss nach 16 Stunden

++ THEMENBILD ++ PFLEGE / KRANKENPFLEGE / PFLEGEREGRESS / ALTENPFLEGE / GESUNDHEIT Einen Durchbruch hatte die dritte Runde der Kollektivvertragsverhandlungen für die Beschäftigten im privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich (“Sozialwirtschaft Österreich”) ... Read more »

Struber: "Wir wissen, dass es bereits jetzt eine Entscheidung geben kann"

Red Bull Salzburg hat am Mittwoch ein schwieriges Auswärtsspiel bei Gruppenleader Real Sociedad zu bestreiten. Die Mozartstädter denken vor der Begegnung aber nicht an die Tabellenkonstellation. Gerhard Struber ruft dazu ... Read more »

Experten stehen vor Rätsel: Mysteriöse Alien-Kugel an Strand gefunden!

Alien-Kugel Die mysteriöse Metallkugel mit einem Durchmesser von etwa 1,5 Metern hat im Internet für heftige Spekulationen gesorgt. Die Polizei und die Anwohner einer japanischen Küstenstadt stehen vor einem Rätsel: ... Read more »

Feinstaub in Österreich: Richtwerte 2022 an allen Messstellen überschritten

Das Land Salzburg hat festgestellt, dass allein das kürzlich aufgehobene flexible Tempolimit 100 (IG-L Tempolimit) auf der Tauernautobahn (A10) den Stickoxidausstoß beim Pkw-Verkehr um 19 Prozent reduzierte. 2022 sind bei ... Read more »

„Wäre besser für uns, stärkere Gegner zu bekommen“

„Wäre besser für uns, stärkere Gegner zu bekommen“ Nach der erfolgreichen EM-Qualifikation und dem souveränen Auftritt gegen Deutschland hängen die Trauben in Österreich hoch. Bereits am Samstag wird darüber entschieden, ... Read more »

Gvardiol freut sich auf RB-Duell

Verteidiger Josko Gvardiol von Champions-League-Sieger Manchester City geht die Partie gegen seinen Ex-Klub RB Leipzig mit vollem Fokus an. Gvardiol freut sich auf RB-Duell Verteidiger Josko Gvardiol vom Champions-League-Sieger Manchester ... Read more »
Top List in the World