Parteitag der Grünen Berlin: Philmon Ghirmai teilt gegen Senat aus
Grünen-Landesvorsitzender Philmon Ghirmai spricht beim Parteitag im Estrel Convention Center.
Der Berliner Grünen-Vorsitzende Philmon Ghirmai hat die bisherige Politik des schwarz-roten Senats als „Rückschritt pur“ bezeichnet. Im Sozialbereich werde gestrichen, Entscheidungen zum Haushalt würden in Hinterzimmern getroffen, sagte Ghirmai am Samstag auf einem Grünen-Landesparteitag in Neukölln. „Die Verkehrswende und der Klimaschutz werden ausgebremst, und die Mietpreise in unserer Stadt explodieren weiter.“ Hinzu komme die „Schnapsidee“ der CDU, eine Magnetschwebebahn bauen zu wollen. Das sei alles „ziemlich dünn“.
„Wir Bündnisgrüne haben richtig Bock, in dieser Stadt etwas zum Guten zu verändern“, sagte Ghirmai weiter. So setzten etwa die Grünen-Verkehrsstadträte in acht Bezirken dem „verkehrspolitischen Chaos von Schwarz-Rot“ mit Radwege-Stopp, Tram-Stopp oder Busspur-Stopp etwas entgegen: Sie hörten nicht auf, für die Verkehrswende zu kämpfen. „Jeder Radweg, jeder Kiezblock und jede Spielstraße sind ein Schritt zu einem Berlin, in dem sich alle nach ihrem eigenen Wunsch bewegen können.“
Die Grünen auf Landes- und Bezirksebene stünden an der Seite der Menschen in Berlin. „Wir packen wirklich an. Wir legen den Finger in die Wunde und lassen Schwarz-Rot auch in Zukunft nichts durchgehen“, so Ghirmai.
Die Berliner Grünen fordern mehr Engagement im Kampf gegen rechts und für die Stärkung der Demokratie. „Die größte Bedrohung in unserem Land, die größte Bedrohung für unsere Demokratie, das ist der Rechtsextremismus“, sagte Landesvorsitzende Nina Stahr. Das hätten nicht erst die jüngsten Enthüllungen über ein Treffen gezeigt, bei dem Nazis sowie Vertreter von AfD und CDU etwa über die Deportation von Millionen Menschen fabuliert hätten.
Daraufhin seien Millionen zuletzt für Demokratie und Weltoffenheit auf die Straßen gegangen, so Stahr. Aber: „Die Demos allein reichen nicht. Es ist unsere Verantwortung, das, was auf der Straße angefangen hat, jetzt in die Politik und in die Parlamente zu tragen.“
Den Delegierten des Parteitags beschlossen einen Leitantrag mit dem Titel „Demokratie sichern, Diskriminierung bekämpfen“. Die Oppositionspartei fordert darin unter anderem eine Stärkung und nachhaltige Finanzierung zivilgesellschaftlicher Strukturen und Bündnisse gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus, Antifeminismus und Queerfeindlichkeit.
Zudem rufen die Grünen den schwarz-roten Senat auf, eine Bundesratsinitiative für ein AfD-Verbot anzustoßen. Nötig sei auch konsequentes Vorgehen gegen rechtsextremes Gedankengut in Justiz, Polizei und beim Verfassungsschutz. Die Grünen verlangen zudem eine strukturelle Neuordnung, nach der der Landesverfassungsschutz künftig aus zwei Teilen bestehen würde, darunter einem neuen Verfassungsinstitut.
„Es ist kein Geheimnis, dass wir den Verfassungsschutz kritisch sehen“, sagte Stahr dazu. „Zu lange ist er im Bund und in den Ländern seinen Aufgaben nicht gerecht geworden, war auf dem rechten Auge blind.“
Die Antwort der Grünen ist ein Zwei-Säulen-Modell. Es soll einerseits aus einem unabhängigen Institut zum Schutz der Verfassung bestehen, das die Expertise von Wissenschaft und Zivilgesellschaft einbezieht. Hinzu kommt ein „rechtsstaatskonformer, von polizeilichen Aufgaben klar abgegrenzter nachrichtendienstlicher Verfassungsschutz“, der sich auf die Früherkennung von staatsgefährdenden Straftaten, Desinformation, Spionage und Terrorismus konzentriert.