Nachricht an mein jüngeres Ich: Halte Ordnung in Deiner Fotosammlung oder Du wirst es bitter bereuen
Ein älterer Mann, der auf einem riesigen Berg aus Fotos sitzt und verzweifelt die Hände vors Gesicht schlägt
Nachdem ich diese Aufgabe Monate, wenn nicht gar Jahre vor mir her geschoben hatte, habe ich endlich Ordnung in meine digitale Fotosammlung gebracht. Es war die Hölle, aber es hat sich gelohnt. Vielleicht kann dieser Beitrag den einen oder anderen Leser animieren, es mir gleichzutun, und vielleicht kann er sogar jemanden davor bewahren, in die missliche Situation zu schlittern, in der ich mich Ende 2023 befand.
Seit gut 24 Jahren fotografiere ich ausschließlich digital. Zuerst mit unterschiedlichen Digitalkameras, da war die Welt noch halbwegs in Ordnung. Später kam das Smartphone hinzu, und von da an nahm das Unheil unaufhaltsam seinen Lauf. Da ich ein typischer Schnappschuss-Fotograf und kein Enthusiast bin, wurde das Smartphone sukzessiv zur primären und schließlich zur einzigen Kamera, die ich nutze.
Die Fotos von der Digitalkamera mussten regelmäßig gesichert werden. Das war manueller Aufwand, hatte aber einen erzieherischen Effekt, denn selbstverständlich warf ich die digitalen Erinnerungen nicht auf einen großen Haufen, sondern sortierte sie fein säuberlich in entsprechend bezeichnete Ordner ein. Bei dieser Gelegenheit wurden dann auch gleich misslungene Aufnahmen und identische Fotos vom selben Motiv gelöscht.
Mit Beginn der Smartphone-Fotografie entfiel die lästige Sicherung. Es gab nämlich jetzt die Cloud, in die alle Fotos direkt hochgeladen wurden, und von dort wurden sie auf meinen PC zurück synchronisiert. Man musste sich um nichts mehr kümmern, das war ein Segen – und gleichzeitig ein Fluch. Los ging es bei mir mit Windows Phone und OneDrive, nach dessen Ende nutze ich erst jahrelang Android und seit gut zwei Jahren ein iPhone. OneDrive blieb eine Konstante, gleichzeitig lege ich meine Fotos aber auch in Google Fotos und Apples iCloud ab.
Das Ergebnis: Zu etwa 95 Prozent war der Foto-Bestand auf allen Plattformen identisch, aber überall lagen einige Bilder exklusiv. Dazu kamen bearbeitete Fotos, Alben und Collagen. Ach, reden wir es doch nicht schön: Ich lebte in einem Chaos, das ich nicht mehr überblickte.
Lange Zeit habe ich gegrübelt, mit welcher Strategie ich die längst überfällige Bereinigung und Ordnung meiner Fotosammlung angehen könnte. Bis ich eines Tages zu der Erkenntnis kam, dass es diese Strategie nicht gibt und ich die Suche danach als Ausrede benutze, anstatt endlich anzufangen.
Das tat ich schließlich im Dezember 2023, indem ich ein Duplikat meiner Fotosammlung anlegte und dort alle Fotos aus allen Speicherorten zusammenführte. Insgesamt lagerten dort exakt 75.402 Fotos. Durch die teilweise vorhandene Ordnerstruktur und großteils identischen Dateinamen wurden die Duplikate dabei gleich eliminiert. Dachte ich.
Es stellte sich nämlich heraus, dass die Dateinamen doch nicht immer gleich waren. Ich machte mich daher sogleich auf die Suche nach einem Programm, mit dem man Duplikate ermitteln und beseitigen kann. Gerne hätte ich euch an dieser Stelle einen heißen Tipp präsentiert, stattdessen gelangte ich schnell zu der Erkenntnis, dass die Überprüfung der identifizierten Duplikate so langwierig ist, dass man es auch gleich ohne Software erledigen kann. Was ich dann auch tat.
Ich möchte euch nicht mit zu vielen Details langweilen. Nach vielen Stunden Arbeit (ich habe sie nicht gezählt) blieben 51.179 Fotos übrig, ein gutes Drittel wurde also gelöscht. Dabei handelte es sich nicht nur um doppelte Dateien, sondern auch um “quasi identische” Fotos vom selben Motiv, misslungene Bilder und unzählige Fotos, die ich schlicht als nicht erhaltenswert erachtete. Keine Software hätte das gekonnt, und ganz nebenbei hatte ich während dieser Stunden viele emotionale Momente und schwelgte so manche Minute in Erinnerungen. Es hat sich gar nicht so sehr nach Arbeit angefühlt, eher wie ein Zeitvertreib.
Seit Ende 2023 besitze ich ein NAS von Synology. Das ist jetzt auch der primäre Speicherplatz für alle meine Fotos. Eine Synchronisation mit der Cloud findet ebenfalls noch statt. Derzeit ist das OneDrive, noch habe ich aber nicht final entschieden, ob das so bleibt.
Folgende Erkenntnisse und Vorsätze habe ich aus dieser Aktion mitgenommen, vielleicht helfen sie dem einen oder anderen von euch:
- Ich habe mir vorgenommen, nie wieder Funktionen zu nutzen, die auf einer Plattform proprietär sind. Meine Fotosammlung ist so organisiert, dass ich sie jederzeit von ihrem aktuellen Ort an einen anderen verschieben kann. Die einzige Ausnahme sind ein paar virtuelle Alben in Synology Fotos. Egal, welche Lösung ihr benutzt, achtet immer darauf, dass z. B. die Verschlagwortung immer in den Dateien selbst gespeichert wird.
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Auf der Suche nach der idealen Organisation für die lokale Speicherung bin ich wieder bei der guten alten Ordnerstruktur gelandet. Es gibt Ordner, die nach einem Ereignis (Geburtstag, Urlaub etc.) oder nach einem Projekt wie meiner Baustelle benannt sind. In Ordnern, wo sich Bilder über einen längeren Zeitraum sammeln, sind die Dateien zudem im Format Jahr/Monat/Tag/Uhrzeit benannt. Bei der Umbenennung leistet mir der Total Commander hervorragende Dienste, er erzeugt die Dateinamen aus dem Aufnahmedatum.
Last but not least gibt es einen Ordner für jedes Jahr mit Unterverzeichnissen für jeden Monat. Darin landen alle Schnappschüsse, die nicht thematisch sortiert werden müssen.
- In regelmäßigen Abständen – mindestens einmal pro Woche – sichte ich die neu hinzugekommenen Fotos und sortiere alle überflüssigen Bilder sofort aus. Wenn ich mehrere Fotos von einem Motiv mache, versuche ich mich zu disziplinieren, möglichst sofort das beste Bild auszuwählen und die anderen direkt wieder zu löschen.
Mein guter Rat an alle, die diesen Beitrag gelesen haben und jetzt denken “ja, das muss ich auch endlich mal angehen”: Fangt an. Jetzt. Ihr müsst das ja nicht an einem Tag erledigen, ich habe Monate damit zugebracht. Aber fangt an. Es wird nicht besser.
Vielleicht motiviert euch die Tatsache, dass ich selbst bei dieser Mammut-Aufgabe einen psychologischen Effekt beobachten konnte, der mich immer wieder trifft und aus dem ich dennoch niemals lerne:
Kennt Ihr das vielleicht auch, dass Ihr ein schlechtes Gewissen habt, weil es da eine Aufgabe zu erledigen gibt, die Ihr ständig vor euch her schiebt? Bis es euch dann eines Tages “packt” und ihr die Aufgabe angeht, um anschließend festzustellen: Das schlechte Gefühl, das ihr euch selbst angetan habt, war viel schlimmer war als die eigentliche Arbeit. Mir geht das regelmäßig so, denn ich bin ein Prokrastinator vor dem Herrn. Aber auch das werde ich ändern. Vielleicht morgen.