Test einer iranischen „Kheibar Shekan“-Rakete im Mai 2023 – Derartige Raketen wurden am Samstag in großer Zahl auf Israel abgeschossen.
Mit seiner „Vergeltungsaktion“ gegen Israel wollte der Iran eine deutliche Botschaft senden und seine militärische Stärke demonstrieren. Letzteres ist gründlich misslungen: Zahlreiche Raketen stürzten ab, lange bevor sie ihrem Ziel nahekamen. Die Angst vor einem Flächenbrand ist beißendem Spott für das Mullah-Regime gewichen.
Zum ersten Mal überhaupt hat der Iran am Samstag Israel angegriffen, mehr als 300 Geschosse prasselten auf das Land nieder. Die meisten wurden aber von der israelischen Luftverteidigung abgefangen, die Bevölkerung kam glimpflich davon.
Experten sind sich einig: Das Mullah-Regime wollte keinen Krieg entfesseln, den es sich nicht leisten kann, sondern an seinem Erzfeind Vergeltung für den Angriff in Damaskus üben, bei dem hochrangige Kommandeure der iranischen Revolutionsgarden getötet wurden. Von einer vorrangig „politischen Botschaft“ sprach der Politikwissenschaftler Markus Kaim gegenüber „Ö1“. Es sei signalisiert worden: „Israel hat eine Grenze überschritten, dafür ist ein Preis zu zahlen“, so Kaim.
Staaten wurden vorgewarnt
Dafür spricht, dass es Ankündigungen und Warnungen gab. So bekamen etwa die Türkei, Jordanien und der Irak 72 Stunden vor der Attacke Bescheid. Außerdem hieß es nach dem Angriff schon bald aus Teheran, dass die „Vergeltung“ abgeschlossen sei. Der frühere NATO-Chef George Robertson meint gar, der Iran wollte gar keinen Treffer landen.
Während der Iran von „Selbstverteidigung“ sprach, wurde die Attacke von den westlichen Ländern verurteilt. Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanani, übte daran Kritik und erklärte postwendend, dass der Westen vielmehr die „Zurückhaltung“ des Iran in den vergangenen Monaten „wertschätzen“ solle.
60 Tonnen Sprengstoff in der Luft
Wenn das Mullah-Regime auch an einem offenen Krieg nicht interessiert ist, von „Zurückhaltung“ kann keine Rede sein. Nach israelischen Angaben wurden 170 Drohnen, 30 Marschflugkörper und mehr als 120 ballistische Raketen abgefeuert. Insgesamt flogen damit rund 60 Tonnen Sprengstoff auf Israel. Hätte die moderne israelische Luftabwehr nicht fast alle abgewehrt, die Auswirkungen hätten statt einigen Verletzten und geringen Schäden an Nevatim-Luftwaffenbasis verheerend sein können.
Zweifelsohne wollte der Iran mit dem Angriff auch ein Zeichen militärischer Stärke aussenden. Das ist allerdings gründlich misslungen. Denn etwa die Hälfte der abgefeuerten Raketen legten Fehlstarts hin oder stürzten ab, bevor sie Israel erreichten, berichtet das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf US-Beamte. Demzufolge wurden zwischen 115 und 130 ballistische Raketen abgefeuert, die israelisches Territorium hätten treffen sollen. Die Hälfte davon sei erfolgreich abgefangen worden, die andere Hälfte sei „im Flug gescheitert“ und hätte ihr Ziel nicht erreicht. „So viel zu den gerühmten Raketenfähigkeiten des Iran“, wurde ein Beamter von der US-Zeitung zitiert.
Spott im Netz
In Israel und auch in der arabischen Welt wurde nach dem Großangriff über die militärischen Fähigkeiten des Iran gespottet. Ein satirischer „Mossad“-Account auf X teilte das Foto eines kleinen Kraters und schrieb sarkastisch dazu: „Wir werden wieder aufbauen“. Im Netz machte auch das Bild eines Militärfahrzeugs, von dessen Rampe riesige Gurken statt Raketen gestartet werden, die Runde. „Schlechte Show“, schrieb Alaa Mubarak, Sohn des verstorbenen ägyptischen Langzeitherrschers Hosni Mubarak, lakonisch auf X.
Unterdessen ist weiterhin offen, wie Israel auf den Angriff reagieren wird. Am Montag tagte das Kriegskabinett. Es war bereits am Sonntag zusammengetreten, um über einen israelischen Vergeltungsschlag zu beraten, dabei wurde aber noch kein Beschluss gefasst. International wird Israel zur Zurückhaltung aufgefordert und Deeskalation im Nahen Osten herbeigesehnt.
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