„Kickl begibt sich gerne in Teufels Gesellschaft!“

„kickl begibt sich gerne in teufels gesellschaft!“

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) im Gespräch mit Ida Metzger und Nikolaus Frings

Viel gehört hat man von Werner Kogler im noch jungen Jahr zuletzt eher nur auf seinem neuen TikTok-Account. Im Gespräch mit der „Krone“ spricht der grüne Vizekanzler über die Einführung einer Bezahlkarte für Asylwerber, mögliche Neuwahlen und Koalitionsvorlieben sowie FPÖ-Chef Herbert Kickl.

„Krone“: Vor fünf Jahren rief Ursula von der Leyen den Green Deal aus. In Europa, aber auch in Österreich hat sich die Stimmung in Sachen Klimaschutz seither verändert. Entsprechen die Grünen nicht mehr dem Zeitgeist der Gesellschaft, ist Grün nicht mehr schick?

Werner Kogler: Ob schick, oder nicht, ist für mich nicht relevant. Relevant ist, Umweltschutz und Wirtschaft unter einen Hut zu bringen. Da erleben wir Gegenwind in Europa. Darum wird es ja jetzt bei den EU-Wahlen gehen. Es geht eben darum, Chancen zu nutzen und Wohlstand zu schaffen. Die Grünen sind der verlässliche Partner. Wir sind der Anwalt der Kinder und Enkelkinder.

Aber woher kommt der Sinneswandel? Man sieht auch in den sozialen Netzwerken zum Beispiel viele Postings, die meinen, es gibt den Klimawandel gar nicht, weil im Jänner ja eh Schnee gefallen ist.

Das muss man den Wirtschaftsbund und die Sozialdemokraten fragen. Die verwenden Umweltschutz eher nur in den Sonntagsreden. Wir sollten nicht übersehen, dass dies der wärmste Jänner der Messgeschichte war. Die Auswirkungen der drohenden Klimakatastrophe sind zu erkennen. Für diese Art von Beschwichtigern habe ich kein Verständnis. Da kommen wir in die Nähe der Lügenpropagandisten. Wir müssen unsere Lebensgrundlage sichern, so viel ist klar.

Überfordern Sie die Österreicher nicht ein bisschen?

Wir fordern nicht, wir fördern. Und zwar mit so viel Milliarden für den Klimaschutz wie nirgends in Europa. Da geht es um hunderttausende neue Arbeitsplätze. Die Umwelttechnologie ist einer der stabilsten und zukunftsträchtigsten Sektoren überhaupt. Wenn Österreich mit Schweden und Norwegen zu den ersten Ländern gehört, die grünen Stahl produzieren werden – das sind Sensationsnachrichten. Da werden alle mitwollen. Überfordert sind von diesem Fortschritt nur die, die sich Viktor Orbán zum Vorbild nehmen. Wir haben keine Zeit zu verlieren, sondern Chancen zu gewinnen.

Listenerste der Grünen bei der Europawahl wird nun Lena Schilling. Wäre es nicht aus Ihrer Sicht sinnvoll, als Duo aufzutreten und die Wahlen am selben Tag stattfinden zu lassen?

Es ist weit und breit im EU-Kandidatenfeld niemand erkennbar, der den Klimaschutz so stark und kompetent verkörpert, wie Lena Schilling. Taktiererei ist nicht mein Metier. Die Frage des Wahltermins ist leicht erklärt. Wann die Nationalratswahl sein soll, wird aus unserer Sicht davon abhängen, wie viele Projekte wir weiterbringen. Die nächsten Vorhaben sind schon vorbereitet und weitere werden besprochen

Was könnte denn bis zur Wahl noch umgesetzt werden?

Viel ist schon weitergegangen. Und es muss noch mehr gehen. Wohin soll es jetzt gehen? Wir wollen beim sozialen, ökologischen Wohnbau antauchen. Das bringt Arbeitsplätze, ist gut fürs Klima und fürs Geldbörsel. Wenn wir durch Gebäudesanierungen Wohnraum schaffen, wirkt sich das gut auf die Preise aus. Wir wollen auch noch die ORF-Gremien reformieren und im Bereich des Tierschutzes etwas bewegen, das die bäuerlichen Einkommen und das Tierwohl gleichermaßen sichert. Das alles ist nicht umsonst zu haben. Da brauchen wir gute Förderungen und Kennzeichnungspflichten.

Wie viel muss weitergehen, damit wir nicht im Juni wählen?

Zu tun gibt es genug. Solche Spekulationen begleiten uns schon lange. Eines ist sicher, die aktuelle Regierung liefert so viel, wie keine Regierung zuvor. Und das trotz aller Unterschiedlichkeiten. Ob es Steuersenkungen, eine Erhöhung der Sozialleistungen oder auch die Bereiche Gesundheit und Pflege sind. Wenn wir diesen Takt halten können, ist es sehr sinnvoll weiterzumachen.

Die Grünen haben sich, anders als die ÖVP, zuletzt gegen die Klarnamenpflicht ausgesprochen.

Die Plattformen dieser eigentlich unsozialen Medien müssen in die Pflicht genommen werden.

Böse Zungen aus der Opposition behaupten, die Grünen wollen nicht vor dem Sommer wählen, weil man auf einen Hitzesommer und ein Hochwasser hoffe …

Wie der Schelm denkt, so redet er auch offensichtlich. Das ist mir nicht nur zu blöd, sondern auch zuwider. Wer schon einmal bis zum Knie im überschwemmten Keller gestanden ist, wird damit nicht scherzen oder spekulieren. Geschmacklos. Und: Die Legislaturperiode geht vom Gesetzgeber aus nun einmal bis Ende September.

Vor bald einem Jahr haben Sie einen Lebensmittelgipfel ins Leben gerufen. Folglich wurde eine Preisvergleichsdatenbank für Lebensmittel versprochen, die – wie die „Krone“ berichtete – noch immer auf sich warten lässt. Wird die Datenbank noch umgesetzt?

Die Frage ist an das Wirtschaftsministerium zu richten, das die Datenbank liefern müsste – gesehen haben wir noch nichts. Wir machen Druck, dass alle Daten verfügbar gemacht werden. Und dank der Grünen ist die Wettbewerbsbehörde gestärkt und kann besser eingreifen.

Der Österreichplan von Kanzler Karl Nehammer steht. Wie lautet der grüne Plan?

Wir werden ein ökologisches Programm mit sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Vernunft abliefern. Zum Beispiel für gesunden Boden und damit für Ernährungssicherheit, für mehr Geschlechtergerechtigkeit und damit Gleichstellung von Frau und Mann und für gelebte sozial-ökologische Marktwirtschaft und damit Wohlstand durch Klimaschutz.

Gibt es Parallelen zum schwarzen Österreichplan? Es scheint ja nicht ausgeschlossen, dass man wieder miteinander koalieren wird.

Ich stehe nicht an, zu sagen, dass es auch triftige grüne Punkte im Plan gibt. Etwa beim Thema Wohnbau. Wenn der Mut dazu reicht bei der ÖVP, wollen wir die Wohnbaumilliarden in allen Bundesländern tatsächlich zweckwidmen. Es gibt ein weiteres großes gemeinsames Ansinnen, in die Kinderbetreuung zu investieren. Wir haben dafür schon Milliarden aufgegleist. Mehr flächendeckende und gute Kinderbetreuung ist auch ein Grund, warum ich gerade eine bessere Bezahlung für Kindergärtnerinnen, Lehrer im öffentlichen Dienst verhandelt habe. Im Gesundheitsbereich gilt es, den erfolgreichen Weg fortzusetzen und weitere 700 Kassenarztstellen zu schaffen – wie auch von Johannes Rauch forciert. Bei der Pflege gilt es nach ersten großen Verbesserungen weitere Reformen voranzutreiben. Sie sehen: Grüne machen den Unterschied. Sehr vielen SPÖ-Bundeskanzlern ist es nicht gelungen, Sozial- und Familienleistungen automatisch an die Teuerung anzupassen. Wir haben es gemacht und das sogar mit der türkisen ÖVP. Wir liefern.

Die vergangenen Tage waren von Spekulationen rund um eine Neuauflage der alten „Großen“ Koalition geprägt, um Herbert Kickl als Bundeskanzler zu verhindern. Was halten Sie von diesen Planspielen?

Das ist kein Spiel, da geht’s um viel. Wir müssen genau benennen, wo eine Regierung unter Herbert Kickl, der sich Orban zum Vorbild nimmt, hinführen würde. In Ungarn wurde die Medienfreiheit gekillt und ein wirtschaftlicher Niedergang eingeleitet. Die jungen Ungarn wandern daher aus. Wollen wir das für unser Österreich? Nein. Wir brauchen konstruktive Kräfte, die sagen, wofür sie sind. Ich finde gut, dass die beiden Parteien wieder miteinander reden. Wir dürfen das Feld nicht den blauen Orbanisten überlassen.

Das hört sich schon aber sehr danach an, dass die Grünen gerne die Dritten im Bunde sein würden …

Das ist wieder eine andere Frage. Wir haben damals nie damit gerechnet, eine Regierung zu verhandeln. Wir haben das in aller Offenheit diskutiert, und uns dazu entschieden, mit Leidenschaft Verantwortung zu übernehmen. Aus der Überzeugung, dass es besser ist. Wer ist der Anwalt der Kinder und Enkelkinder? Die Grünen. Wessen Anwalt ist Herbert Kickl? Putins. Er hat einen Freundschaftsvertrag mit Putin, den er jetzt gerne unter den Tisch fallen lässt. Er begibt sich gerne in Teufels Gesellschaft.

Alle Parteien überlegen derzeit, wie sie Herbert Kickl stoppen können …

Alle sind aufgefordert, ihre Forderungen und was sie für dieses Land wollen, auf den Tisch zu legen. Was die blauen Brüder wollen, ist klar: Orbanistan. Er will die Rechtsstaatlichkeit angreifen. Niemand braucht sagen, er hätte nicht gewusst, was die sogenannten Freiheitlichen vorhaben. Wir Grüne haben eine bessere Welt vor Augen. Blaue Funktionäre sind zum Teil ärger als die AfD und dauernd am Identitäre Verharmlosen – das sind geistige Brandstifter.

Antworten Sie bitte mit Ja oder Nein. Glauben Sie Karl Nehammer, dass er nicht mit Herbert Kickl regieren wird?

Ja.

Die ÖVP will auch nach rechts rücken und eine Bezahlkarte für Asylwerber einführen …Die Neuigkeit des Vorschlags wird völlig überbewertet. Wenn ich mir das Modell in Tirol anschaue – da spricht nichts dagegen. Gar kein Bargeld ist keine Lösung. Das würde auch rechtlich nicht halten. In Tirol sind auch Bargeldbehebungen möglich.

Abschließend: Wie läuft es mit den Planungen von Umweltministerin Leonore Gewessler, Österreich weniger von Gasimporten aus Russland abhängig zu machen?

Es ist ein Wirtschaftsverbrechen, dass nach 2014 die Abhängigkeit von Russland erst richtig in die Höhe getrieben wurde. Vorgängerregierungen haben den Karren in den Dreck gefahren, ist hinlänglich bekannt. Wir ziehen ihn wieder raus. Was wir schon geschafft haben, ist die Bezugsmenge aus Russland um 50 Prozent zu senken. Das Ziel ist es, bis 2027/2028 völlig unabhängig sein zu können. Und da ist Kanzler Karl Nehammer mit an Bord.

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