1. Mai in Berlin: Internes Polizeipapier bewertet Konfliktpotenzial der linksradikalen Demo
Vermummte Linksradikale ziehen bei der „Revolutionären 1. Mai“-Demo durch Kreuzberg.
Die Polizei erwartet zur traditionellen linksradikalen Demonstration am 1. Mai mehr als 10.000 Teilnehmer und geht von einer regen „Beteiligung linksalternativer, linksextremistischer und auslandsbezogener Klientel“ aus. Das geht aus einem internen Papier – einer sogenannten Gefährdungsbewertung – hervor, aus dem die B.Z. am Sonntag zitierte.
Darin heißt es laut dem Bericht weiter: „Besondere Relevanz dürfte von gewaltorientierten Linksextremisten des autonomen und postautonomen Spektrums sowie aktionsorientierter linker Klientel ausgehen.“ Es sei mit Stein-, Flaschen- oder Böllerwürfen auf Einsatzkräfte aus dem Aufzug heraus zu rechnen.
Ein „gefährdendes Ereignis“ im Kontext mit dem Nahost-Konflikt oder der verbotenen Palästinenserorganisation Samidoun hält das Landeskriminalamt (LKA) demnach trotz Ausschreitungen bei propalästinensischen Demonstrationen für „wenig wahrscheinlich“. Das gilt auch für die Festnahme der früheren RAF-Terroristin Daniela Klette im Februar in Berlin sowie die andauernde Fahndung nach ihren mutmaßlichen Komplizen Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub.
Nach Einschätzung des Verfassungsschutzes will sich die linksradikale Demonstration am 1. Mai in diesem Jahr angesichts des eskalierten Nahost-Konflikts gezielt auch an arabischstämmige junge Menschen wenden. „Die Strecke der Demonstration durch das migrantisch geprägte Neukölln dürfte nicht ganz zufällig gewählt sein, sondern vielmehr in der Hoffnung, durch den Nahost-Konflikt politisierte Jugendliche in die Demonstration entsprechend einzubeziehen“, sagte Innen-Staatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) kürzlich.
Dieses Mal soll die Demonstration unter dem Motto „Konzerne enteignen, Kriegstreiber entwaffnen, Kapitalismus zerschlagen“ um 18 Uhr am Südstern beginnen und durch Neukölln ziehen. „Neukölln als Austragungsort des diesjährigen 1. Mai ist eine bewusste politische Entscheidung“, kündigten die Veranstalter an und thematisierten dabei auch ganz klar den Krieg Israels in Gaza und sprechen von einer „Palästina-Solidarität“. Angeprangert werden rund „40.000 ermordete Palästinenser:innen“ und Waffenlieferungen Deutschlands an Israel. Die Hamas und das Massaker in Israel, das am 7. Oktober den Krieg auslöste, werden nicht erwähnt.
Dem B.Z.-Bericht zufolge bezweifelt die Polizei, dass die Demonstration die komplette Strecke bis zu ihrem geplanten Endpunkt geht. Innerhalb der linken Szene bestehe „aufgrund befürchteter repressiver polizeilicher Maßnahmen kein Interesse mit dem Aufzug bis zu einem vorbereiteten Endplatz zu laufen“, zitiert das Blatt. Die Staatsschützer rechneten deshalb mit einem frühen Ende „nach der 2. Zwischenkundgebung am Hermannplatz oder im Bereich der Hasenheide“.
Die Polizei äußerte sich am Sonntag nicht zu dem Bericht. Polizeipräsidentin Barbara Slowik werde an diesem Montag im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses über den geplanten Einsatz der Polizei berichten, sagte ein Polizeisprecher. Nach seinen Angaben wird infolge der Veröffentlichung über das interne Papier zum Einsatz zur „Revolutionäre 1. Mai“-Demonstration ermittelt wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen.