"Was haben wir getan?": Im Trump-Prozess schlägt die Stunde der Anwälte
Dass Geld an die ehemalige Pornodarstellerin Stormy Daniels geflossen ist, daran besteht kein Zweifel. Aber wurde diese von Anwälten ausgehandelte Zahlung rechtmäßig verbucht? Daran besteht nach der Aussage eines Juristen im Prozess gegen Ex-Präsident Trump einmal mehr Zweifel.
Ein Gerichtszeichner hält die Szene der Zeugenbefragung von Anwalt Keith Davidson fest.
Im Prozess gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an Stormy Daniels ist ein früherer Anwalt der Pornodarstellerin befragt worden. Anwalt Keith Davidson trat nach übereinstimmenden US-Medienberichten am Donnerstag vor dem Gericht in New York als Zeuge auf und berichtete darüber, wie er im Präsidentschaftswahlkampf 2016 mit dem damaligen Trump-Anwalt Michael Cohen verhandelt habe. Letztendlich habe seine Klientin Daniels daraufhin zugestimmt, im Gegenzug für 130.000 Dollar Schweigegeld nicht über ihre Begegnung mit Trump zu sprechen.
Daniels behauptet, Sex mit Trump gehabt zu haben. Trump bestreitet eine Affäre, nicht aber, dass Geld geflossen ist. In dem Verfahren – dem ersten Strafprozess gegen einen ehemaligen US-Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten – ist Trump unter anderem wegen Fälschung von Geschäftsunterlagen angeklagt. Der 77-Jährige, der im November erneut zum US-Präsidenten gewählt werden will, hat auf nicht schuldig plädiert. Schweigevereinbarungen zwischen zwei Parteien sind nicht grundsätzlich illegal. Trump wird aber vorgeworfen, er habe die Zahlungen unrechtmäßig verbucht, auf illegale Weise zu verschleiern versucht und damit andere Gesetzesverstöße vertuschen wollen.
“Was haben wir getan?”, textete Anwalt Davidson nach dem Wahlausgang 2016 an den Chefredakteur der Boulevardzeitung “National Enquirer”, Dylan Howard. “Oh mein Gott”, lautete die Antwort. “Es bestand Einvernehmen darüber, dass unsere Bemühungen in irgendeiner Weise – streichen Sie das – unsere Aktivitäten in irgendeiner Weise die Präsidentschaftskampagne von Donald Trump unterstützt haben könnten”, sagte Davidson vor den Geschworenen. Der “National Enquirer” hatte damals Geschichten über außereheliche sexuelle Begegnungen des Kandidaten Trump unterdrückt, um zu verhindern, dass sie in den letzten Tagen des erbittert geführten Präsidentschaftswahlkampfes an die Öffentlichkeit gelangten.
Die Aussage von Davidson sollte die Schweigegeldzahlungen direkt mit Trumps Ambitionen auf die Präsidentschaft in Verbindung bringen und das Argument der Staatsanwaltschaft untermauern, dass es in dem Fall um eine Einmischung in die Wahl von 2016 geht und nicht nur um Sex und Geld. Der Bezirksstaatsanwalt von Manhattan, Alvin Bragg, versucht, diese Verbindung herzustellen, nicht nur um eine Verurteilung zu erreichen, sondern auch um die Öffentlichkeit von der Bedeutung des Falles zu überzeugen.
Weitere Geldstrafen für Trump beantragt
“Das ist eine Art Galgenhumor”, beschrieb Davidson seine Reaktion. “Es war in der Wahlnacht, als die Ergebnisse eintrafen.” Der Anwalt vertrat neben Stormy Daniels auch das Playboy-Model Karen McDougal, das ebenfalls angibt, sexuelle Kontakte zu Trump gehabt zu haben, was dieser bestreitet. Beide verkauften ihre Geschichte an die Boulevardzeitung, die sie dann nicht veröffentlichte.
Nachdem 130.000 Dollar an Daniels geflossen waren, erstattete Trumps Firma seinem Anwalt Michael Cohen das Geld zurück und verbuchte die Zahlungen an ihn als Gerichtskosten, wie die Staatsanwaltschaft erklärte. Sie klagte den ehemaligen Präsidenten deshalb wegen Fälschung von Geschäftsunterlagen in 34 Fällen an. Bei einer Verurteilung drohen Trump bis zu vier Jahre Gefängnis. Cohen habe ihn nach der Wahl vielfach angerufen und sich enttäuscht gezeigt, dass ihn Trump nicht mit nach Washington genommen und mit einem Posten belohnt habe, sagte Davidson im Zeugenstand.
Vor Beginn der Zeugenaussagen beantragte die Staatsanwaltschaft Geldstrafen in Höhe von jeweils 1000 Dollar für vier Äußerungen Trumps, die ihrer Ansicht nach gegen eine richterliche Auflage verstoßen, wonach er nicht öffentlich über Zeugen, Geschworene und andere eng mit dem Fall verbundene Personen sprechen darf. Eine solche Strafe käme zu der Geldstrafe von 9000 Dollar hinzu, die Richter Juan Merchan am Dienstag im Zusammenhang mit neun von ihm festgestellten Verstößen gegen die Auflage verhängte. Merchan entschied nicht umgehend über die Anträge.