Rumoren in der AfD: Krah-Affäre wird für Weidel und Chrupalla gefährlich
Kritik innerhalb der AfD
Rumoren in der AfD: Krah-Affäre wird für Weidel und Chrupalla gefährlich
Für die Vorwürfe gegen ihre EU-Spitzenkandidaten muss die AfD einiges an Kritik einstecken. Auch innerhalb der Partei wird gegen Weidel und Chrupalla gewettert.
Update vom 30. April, 10.18 Uhr: Ursula von der Leyen (EVP) hat jegliche Zusammenarbeit mit „Stellvertretern“ von Russlands Präsident Wladimir Putin ausgeschlossen. Das sagte die EU-Kommissionspräsidentin gestern bei einer vom Portal Politico in Maastricht organisierten Europawahl-Debatte. Das Gleiche gelte für die AfD, die Teil der Fraktion Identität und Demokratie (ID) ist. Von der Leyen wies dabei Kritik vom Europaabgeordneten Anders Vistisen (ID) an ihrer Amtszeit zurück. Die Fraktion solle erst einmal vor der eigenen Tür kehren, sagte sie, und verwies auf die Vorwürfe gegen Krah und Bystron.
Rumoren in der AfD: Krah-Affäre wird für Weidel und Chrupalla gefährlich
Erstmeldung: Berlin – Am Samstag (27. April) hat die AfD offiziell ihren Europawahlkampf gestartet. Ungewöhnlich an der Veranstaltung, die sonst weitestgehend nach gewohnten AfD-Mustern verlief: Der Spitzenkandidat für die Europawahl, Maximilian Krah, war nicht mit von der Partie. Den Grund ließ AfD-Chef Tino Chrupalla im Laufe einer Ansprache verlauten: „Es soll nicht um Krah, Krah, Krah gehen.“
Doch wenn es zurzeit um die AfD geht, scheint es aufgrund der Spionagevorwürfe gegen einen Mitarbeiter des Spitzenkandidaten genau darum zu gehen – um Krah.
Nicht nur zeigt sich in Umfragen, dass die AfD mit Blick auf die Europawahl an Zustimmung verloren hat, auch wird Kritik innerhalb der Partei laut – an Krah selbst, aber auch an der Parteispitze. Der Umgang der AfD-Doppelspitze, Alice Weidel und Tino Chrupalla, mit den Vorwürfen gegen ihre Spitzenkandidaten, findet innerhalb der AfD nicht nur Anklang.
AfD-Europaabgeordnete Limmer richtet Vorwürfe an Weidel und Chrupalla
Scheinbar besonders unter den AfD-Europaabgeordneten hat sich Unmut breitgemacht. So äußerte sich die scheidende Abgeordnete der AfD, Sylvia Limmer, im Deutschlandfunk-Interview mit Vorwürfen an die Parteispitze. Weidel und Chrupalla hätten über Krahs Verbindungen Bescheid gewusst und sich dennoch für Krah als Spitzenkandidat eingesetzt, sagte Limmer.
Nach Spionage-Vorwuerfen: Haftbefehl gegen Mitarbeiter von AfD-Spitzenkandidat Krah. ARCHIVFOTO: v.li:EU Abgeordneter Ma
Sie habe im Jahr 2022 selbst einen Brief mit Vorwürfen gegen Krah an die AfD-Chefs gesendet. Darin sei es um dessen Loyalität und Abstimmungsverhalten im Europäischen Parlament gegangen. Limmer betonte außerdem, die Vorwürfe seien „in den Medien“ nachzulesen gewesen, auch für den Bundesvorstand der AfD.
AfD inszeniert Vorwürfe gegen Krah und Bystron als Kampagne gegen die Partei
Noch versucht die AfD die Vorwürfe, die nicht nur gegen Krah, sondern auch gegen ihren zweiten Spitzenkandidaten Petr Bystron erhoben wurden, in gewohnter Manier wegzuwischen und als eine gezielte Kampagne zu verkaufen. Wiedereinmal soll sich der deutsche Rechtsstaat gegen die „Alternative für Deutschland“ verschworen haben. Zu Spekulationen über den Grund für die schnelle Festnahme von Krahs Mitarbeiter sagte Justizminister Marco Buschmann in einer ARD-Sendung am Sonntag, es gebe „nichts hineinzugeheimnissen“.
Doch genau das ist es, was die AfD bereits fleißig versucht. „Ich sehe nur, wie unsere Partei diskreditiert wird“, sagte Weidel am Samstag beim Wahlkampfauftakt für die Europawahl. Scheinbar steht die Verschwörungs-Fraktion innerhalb der Partei jedoch nicht mehr unwidersprochen da.
EU-Abgeordneter der AfD über das Ausscheiden von Seitz: Grund sei „der Ekel vor dem Führungspersonal“
Auch der scheidende AfD-Europaabgeordnete Nicolaus Fest wetterte vor wenigen Tagen in einem Video gegen Weidel und Chrupalla. Über das Ausscheiden des AfD-Politikers Thomas Seitz vor wenigen Wochen sagte Fest darin: „Was ihn aus der Partei trieb, war vor allem der Ekel vor dem Führungspersonal“.
Von dem Gründungsgedanken der AfD, habe sich die Spitze längst verabschiedet. Fest sagte, zu Beginn habe es für die AfD geheißen, „im Zweifel lieber American Way of Life, anstatt chinesische Sozialprodukte oder russische Giftmorde“. Davon sei „nichts übrig“, das zeige sich, sagt Fest, am „Agieren der Bundessprecher“.
AfD-Politiker über die eigene Partei: „Staats-gläubig und egalitär im primitiv sozialistischen Sinne“.
Über seine Partei sagt er, sie sei „Staats-gläubig und egalitär im primitiv sozialistischen Sinne“. Chrupalla wirft er vor, „ausgemachte Terrorregime, wie Russland, China oder Iran“ zu „hofieren“. Korruption, fährt er fort, finde man „genauso in der AfD“, wie in den Parteien und Institutionen, die die AfD sonst dafür kritisiert. Als Beispiele nennt er neben drei AfD-Leuten auch Weidel selbst. Es seien Weidel und Chrupalla gewesen, die Krah zum Spitzenkandidaten gemacht haben, „gegen alle Warnungen“, kritisiert Fest.
Mit Limmer und Fest äußern sich öffentlich genau diejenigen AfD-Politiker, die in der Partei nicht mehr viel zu verlieren haben und mutmaßlich ohnehin einen Groll gegen die Parteispitze hegen. Limmer hat ihre Kandidatur für die kommende Europawahl nach drei vergeblichen Bewerbungsrunden zurückgezogen. Fest wurde von dem Landesgericht der Berliner AfD sogar aus der Partei ausgeschlossen. Das Urteil wird derzeit durch das Bundesschiedsgericht geprüft. Noch ist Fest damit Mitglied der AfD.
Abgeordneter der AfD über Krahs Buch: „Antiwestlich“ und ideologische Nähe zur KP Chinas
Mit Norbert Kleinwächter äußerte auch ein AfD-Bundestagsabgeordneter öffentlich Kritik – jedenfalls an Krahs Haltung. Kleinwächter veröffentlichte bereits vor dem Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Krahs Mitarbeiter auf seiner Website einen Beitrag unter dem Titel „Krahs ‚Politik von rechts‘ und die Antidemokratie Chinas“. Das Buch des AfD-Spitzenkandidaten bezeichnet Kleinwächter darin als „antiwestlich“ und kritisiert, dass der Begriff „Demokratie“ darin kaum genannt würde.
Der AfD-Abgeordnete prangert an Krahs Vorstellungen außerdem „die ideologische Entsprechung mit der aktuellen Argumentation“ der Kommunistischen Partei Chinas an. „Ich jedenfalls will den Praxistest seiner Ansichten in Deutschland niemals erleben müssen“, schreibt Kleinwächter zum Abschluss seiner Schrift über Krahs Weltanschauungen.
Anders als Limmer, Fest und Kleinwächter, sollen viele in der AfD Kritik nicht öffentlich äußern
Kleinwächters Kritik gilt in erster Linie Krah und dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, was auch Fest schon in seinem Video thematisiert hat: Die AfD-Parteispitze hat Krah als Spitzenkandidat für die Europawahl den Rücken gestärkt. Das sagte Chrupalla noch nach der Wahl Krahs zum Spitzenkandidat in einem Interview mit der ARD im Juli 2023.
Innerhalb der AfD soll daher Unzufriedenheit mit der Partei- und Fraktionsspitze wachsen, berichtete die Süddeutsche Zeitung. Viele sollen ihren Unmut demnach, anders als Limmer, Fest oder Kleinwächter, hinter verschlossenen Türen äußern.
Neben der internen Differenzen könnte auch das Image der AfD für die Partei zum Problem werden. Laut einer Forsa-Umfrage hält eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger die Politiker der AfD generell für unseriöser als die anderer Parteien. In der Umfrage für das Magazin Stern stimmten 35 Prozent der 1000 Befragten dafür, dass die möglichen Verstrickungen von AfD-Europakandidaten im Zusammenhang mit prorussischen Desinformationskampagnen und mutmaßlicher chinesischer Spionage Einzelfälle seien. (pav)