«Rostiger Paragraph»: Sind das die «dümmsten» Gesetze des Jahres?
Zum 18. Mal wird im Mai der «rostige Paragraph» verliehen – ein Award, den man lieber nicht gewinnt. Damit werden absurde Gesetze erkoren: Dieses Jahr geht es etwa um Bussenwahnsinn, Kompostkontrollen und ein Verkehrsmeldungsverbot.
Jedes Jahr verleiht die bürgerliche IG Freiheit den «rostigen Paragraphen» – einen Preis, auf den die meisten wohl lieber verzichten. Denn damit wird das «dümmste, unnötigste Gesetz» des Jahres erkoren.
Per Online-Voting wird im Mai entschieden, wer die unliebsame Auszeichnung erhält. Zur Wahl für die diesjährige Preisverleihung stehen fünf Nominierte, wie 20 Minuten weiss.
Verbot von Verkehrsmeldungen
Die Verkehrsmeldungen im Radio nerven, findet Grünen-Nationalrat Michael Töngi. Er will diese deshalb per Vorstoss verbieten. Argument: Die linearen, halbstündigen Verkehrsmeldungen seien kein Service public.
Bei Töngi nachgefragt, verteidigt er seinen Vorstoss. Für die Umsetzung brauche es kein Gesetz, sondern einzig eine Konzessionsänderung. «Zweitens ist das Ausstrahlen dieser Verkehrsmeldungen jede halbe Stunde eine rostige und veraltete Angelegenheit», sagt er. Wer über Staus und Verkehrsmeldungen orientiert sein wolle, könne dies via Internet oder Navigationssystem machen.
Amtliche Kompostkontrolle
Für Bioabfälle gilt seit Januar 2023 in der Stadt Zürich eine Container- und Standortpflicht – die Gebühr für die Container beträgt bis zu 627 Franken jährlich. Wer einen eigenen Garten hat, kann die Bioabfälle selbst kompostieren und sich von der Gebührenpflicht befreien. Dafür muss per Formular eine amtliche Erlaubnis eingeholt werden, danach kommen Inspekteure zur Kompostkontrolle vorbei.
Nominiert ist die Vorsteherin des zuständigen Entsorgungsdepartements, Stadträtin Simone Brander. «Die Bestimmung hat den rostigen Paragraphen aus Sicht der Stadt nicht verdient», sagt sie auf Anfrage. «Zugegeben: Zum Jahresbeginn war das Antragsformular zu streng formuliert und einzelne Mitarbeitende gingen zu forsch auf die Kundschaft zu.» Beides habe man dank Rückmeldungen aus der Bevölkerung rasch korrigieren können.
«Bussenwahnsinn» in der Stadt Zürich
Seit September 2023 gilt auf einer Teilstrecke der Langstrasse tagsüber ein Fahrverbot. Aufgrund vieler Fahrzeuglenker, die das Fahrverbot missachteten, wurde ein Radarkasten montiert. Innerhalb des ersten Monats sprach die Stadt an der Teilstrecke 17’310 Bussen in Höhe von 1,7 Millionen Franken aus.
Die Vorsteherin des zuständigen Sicherheitsdepartements der Stadt Zürich, Stadträtin Karin Rykart, ist deshalb nun nominiert. Auf Anfrage wollte sie zu ihrer Nomination keine Stellung nehmen.
Sexistische Autowerbung
Im Kanton Waadt ist sexistische Werbung verboten. Als Toyota in einer Kampagne mit Model Anja Leuenberger für sein neues Prius-Modell warb, intervenierte die zuständige Kommission: Die schlanke Figur Leuenbergers würde falsche Vorstellungen des Idealkörpers einer Frau fördern, das seitlich geschlitzte Kleid und angewinkelte Bein würden einen sexualisierten Eindruck vermitteln, kritisierte sie.
Zu sexistisch: Diese Werbung wurde im Kanton Waadt verboten, weil die Darstellung der Frau, hier Model Anja Leuenberger, nichts mit dem verkauften Produkt, dem Auto, zu tun habe.
«Sexismus hat keinen Platz mehr auf unseren Strassen», betont die waadtländische Kommission auf Anfrage. «In diesem Fall kam die Kommission zum Schluss, dass das Fehlen einer natürlichen Verbindung zwischen der Darstellung der Frau und dem Auto den aufreizenden Charakter des Plakats verstärkt und dass die Darstellung dieser Frau nichts mit dem verkauften Produkt zu tun hat.»
Verbot der Marke «Bimbo QSR»
Der mexikanische Milliardenkonzern «Bimbo QSR» will sich in der Schweiz registrieren lassen, das Institut für Geistiges Eigentum (IGE) verweigerte den Eintrag: Die Behörde kam zum Schluss, dass der Ausdruck «Bimbo» Menschen mit dunkler Hautfarbe abwerte und gegen die guten Sitten verstosse. Das mexikanische Unternehmen reichte deswegen Beschwerde ein, der Fall landete am Bundesverwaltungsgericht.
Auf Anfrage schreibt IGE-Kommunikationschef Peter Studer: «Wir haben einfach nur unseren Job, nämlich eine von über 34’000 Markenanmeldungen zu prüfen, gemacht. Selbstverständlich kommt es – wie anderswo auch – vor, dass Entscheidungen streitbar sind.» Für diese Fälle hat die Schweiz ein sehr gut funktionierendes Rechtssystem, im Rahmen dessen Verfügungen einer gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden könnten. «Dies geschieht im vorliegenden Fall gerade. Insofern hat uns die Nominierung doch ein wenig erstaunt.»