RBI lässt Rückzug aus Russland platzen
Blick auf die Unternehmenszentrale in Wien
Russland bleibt für die Raiffeisen Bank International (RBI) weiterhin eine Hypothek. Eine heikle Transaktion, mit der das zweitgrößte Geldhaus aussteigen wollte, kommt nicht zustande. Denn am Mittwoch hat die RBI die geplante Übernahme von 24,1 Prozent der Anteile am österreichischen Baukonzern Strabag abgesagt. Die Strabag-Beteiligung gehörte früher dem russischen Milliardär Oleg Deripaska, der wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine sanktioniert wurde. Die Genossenschaftsbank wollte dieses Aktienpaket übernehmen und so ihr in Russland eingefrorenes Vermögen nach Österreich holen. Nun lässt das Finanzinstitut die Transaktion wegen des Sanktionsrisikos platzen.
„Im jüngsten Austausch mit den relevanten Behörden konnte die Raiffeisen Bank International AG nicht den erforderlichen Komfort erhalten, um die geplante Transaktion durchzuführen“, teilte das Management mit. „Die Bank hat beschlossen, aus Gründen der Vorsicht von der Transaktion Abstand zu nehmen.„ Zwar habe der Verkauf ihres Russland-Geschäfts höchste Priorität. Dafür sei aber auch die Zustimmung der russischen Behörden notwendig. Der Vorstandsvorsitzende Johann Strobl hatte wiederholt eingeräumt, den Übernahmeplan aufzugeben, falls damit ein Sanktionsrisiko verbunden wäre.
Die RBI hatte im Dezember bekanntgegeben, über ihre russische Tochter 28,5 Millionen Aktien an der Strabag im Wert von mehr als einer Milliarde Euro erwerben zu wollen. Gehalten wurde das Aktienpaket von der russischen MKAO Rasperia Trading, die vom mit Sanktionen belegten russischen Oligarchen Oleg Deripaska kontrolliert wurde. Zuletzt wurde Rasperia an einen russischen Investor namens Iliadis verkauft, der nach Angaben der Bank nicht sanktioniert ist. Nach dem ursprünglichen, nun verworfenen Plan der RBI sollten die Anteile von der russischen Tochter erworben und dann als Sachdividende an die Konzernmutter in Wien übertragen werden.
Viele Angebote für russische RBI-Tochter eingegangen
Im ersten Quartal hat die RBI den Überschuss um ein Prozent auf 664 Millionen Euro gesteigert. Die Hälfte davon wurde in Russland und Belarus erwirtschaftet. Man habe das Russland-Geschäft aber in den vergangenen zwei Jahren schon deutlich verringert, sagte Strobl. So sei das Kreditportfolio in Russland erheblich geschrumpft. Darüber hinaus habe man Beschränkungen bei der Finanzierung von Geschäften in Russland und in vielen Nachbarländern eingeführt. „Viele dieser Maßnahmen haben wir proaktiv eingeführt, bevor Sanktionen oder Beschränkungen verhängt wurden“, so Strobl.
Man habe aber darauf geachtet, das Russland-Geschäft nicht zu schnell einzudampfen, um den Wert der Russland-Tochter für einen möglichen Verkauf zu erhalten. „Unsere russische Tochter hat bedeutende Investitionen in ihr IT-Personal und die Systeme getätigt, um eine völlige Entkoppelung im Falle eines Verkaufs zu ermöglichen. Das Russland-Geschäft wäre dann vollkommen unabhängig von der RBI-Gruppe und von westlichen IT-Lieferanten.“
Man habe in den vergangenen zwei Jahren viele Angebote für die russische RBI-Tochter erhalten, sowohl aus Russland als auch aus anderen Ländern. Für einen Verkauf sei es aber auch notwendig, dass die russischen Behörden einem potentiellen Käufer zustimmten. „Die Dekonsolidierung unserer russischen Tochter bleibt unsere erste Priorität. Und wir glauben, dass ein Verkauf der schnellste und sauberste Weg dazu ist.“
In ihrem Ausblick für das Gesamtjahr rechnet die Bank ohne Russland und Belarus, weil die EZB die österreichische Bank aufgefordert hat, ihren Rückzug aus Russland zu beschleunigen. Zum Jahresende erwartet das Management eine harte Kernkapitalquote von rund 14,6 Prozent, wobei eine Entkonsolidierung der russischen Einheit zum Kurs-Buchwert-Verhältnis von Null angenommen wird. Auch die Dividendenentscheidung werde von der Kapitalposition des Konzerns ohne Russland abhängen. Das Geldhaus bekräftigte am Mittwoch, die geplante Entkonsolidierung ihrer russischen Tochtergesellschaft unabhängig vom geplatzten Deal weiterhin anzustreben. Die RBI prüft dazu seit längerem ihre Optionen.
Mit der Absage der Transaktion liegen vier Milliarden Eigenkapital weiter brach. Die Aktionäre der mehrheitlich im Eigentum der Raiffeisen-Landesbanken stehenden RBI scheinen das eingepreist zu haben. Ein Ausstieg hätte den Kurs aber beflügelt. Insofern überrascht es wenig, dass der Kurs am Mittwochnachmittag um rund eineinhalb Prozent auf 17 Euro nachgegeben hat.