Gefangene sollen in Containern untergebracht werden
Im Kanton Bern drohen aufgrund von Software-Problemen Tausende Ersatzfreiheitsstrafen zu verjähren. Weil in den Gefängnissen Platzmangel herrscht, prüft der Kanton die Installation von Containern.
Weil das Rechnungswesen im Kanton Bern Anfang 2023 auf ein neues System umgestellt wurde, war das Busseninkasso teilweise nicht mehr möglich. Säumige Zahler konnten nicht gemahnt oder zur Ersatzfreiheitsstrafe aufgeboten werden, berichtet die «Berner Zeitung». Innerhalb kurzer Zeit müssen mehrere Tausend Ersatzfreiheitsstrafen vollzogen werden, weil diese in der Regel nach drei Jahren verjähren. Dafür fehlt aber der Platz in den Gefängnissen.
Gefängnisse schweizweit stark ausgelastet
«Die Regionalgefängnisse sind voll», zitiert die «Berner Zeitung» das Amt für Kommunikation. Auch schweizweit seien die Gefängnisse stark ausgelastet, deshalb könnten die Strafen nicht in anderen Kantonen vollzogen werden. In «einzelnen Fällen» sei es so bereits zu Verjährungen gekommen, mit weiteren sei zu rechnen. Es handelt sich dabei laut Kanton vor allem um Vergehen wie Schwarzfahren oder Betäubungsmitteldelikte.
Der Kanton prüft nun die Installation von Containern zur Unterbringung von Gefangenen bei bestehenden Gefängnissen. Kürzlich kamen solche Container bei der Justizvollzugsanstalt in Witzwil während Umbauarbeiten zum Einsatz. Die Container sollen vorläufig als Reserve behalten werden.
Die Container dürften für den Vollzug von mehreren Tausend Freiheitsstrafen jedoch kaum ausreichen. Laut dem Amt für Kommunikation sind die Kosten für die Installation und die Zumietungen weiterer Container «in Abklärung». Für den Betrieb müssten zusätzliche Personalkosten eingeplant werden. «Zum heutigen Zeitpunkt können keine verlässlichen Angaben zu den effektiven Kosten gemacht werden», so das Amt.
Massiver Mehraufwand durch neues System
Seit der per 1. Januar 2023 erfolgten Umstellung der veralteten Systeme auf die Standardsoftware SAP müssen beim kantonalen Busseninkasso etliche Arbeiten manuell ausgeführt werden, die vorher automatisiert abliefen.
Bei jährlich rund 80’000 verschickten Rechnungen bedeutet das für die Mitarbeitenden einen massiven Mehraufwand. Das Supportteam musste für die Nachbearbeitung des Busseninkassos um gut 500 Stellenprozente befristet verstärkt werden, wie aus dem Tätigkeitsbericht der Justiz hervorgeht. Der Einsatz werde sich bis Ende dieses Jahres hinziehen.
Alternative Vollzugsformen sollen ausgeschöpft werden
Berner Grossrätin Marianne Schild (GLP) zeigt sich kritisch gegenüber der angedachten Containerlösung: «Bevor wir wegen eines IT-Schlamassels zusätzliche Kapazitäten im Freiheitsentzug aufbauen, muss das Amt versichern, dass die alternativen Vollzugsformen voll und ganz ausgeschöpft werden.» Sie bezieht sich dabei auch auf Möglichkeiten wie elektronisch überwachter Hausarrest oder gemeinnützige Arbeit. Letztere ist aber laut Kanton bei Ersatzfreiheitsstrafen nicht erlaubt und der Hausarrest mit elektronischer Fussfessel scheitert oft an ungenügender Kooperation der Verurteilten.
«Würde der Kanton die aufgestauten Ersatzfreiheitsstrafen absichtlich verjähren lassen, hätte das Amt wohl Kosten gespart, aber auch den gesetzlichen Auftrag nicht erfüllt», meint Schild, findet aber, Ersatzfreiheitsstrafen würden Kosten generieren, deren Sinn man hinterfragen könne.
Bei säumigen Zahlern, die tatsächlich die Haft antreten, handle es sich oft um eine Klientel am Rande der Gesellschaft, die man zuerst polizeilich ausfindig machen muss. Andererseits führe die Haftandrohung dazu, dass die meisten die Busse schlussendlich doch bezahlen.