Finanzinstitute: Raiffeisen Bank bläst waghalsigen Deal um Strabag ab
Die größte verbliebene westliche Bank in Russland leidet darunter, dass ihre Gewinne dort blockiert sind. Mit einem komplexen Manöver sollte diese Blockade ausgehebelt werden.
Die österreichische Raiffeisenbank International (RBI) hat in ihrem Bemühen, sich aus dem russischen Markt zurückzuziehen, einen schweren Rückschlag erlitten. Sie muss von einer im Dezember abgeschlossenen Vereinbarung zum Erwerb eines Aktienpakets des Baukonzerns Strabag Abstand nehmen, wie sie am Mittwoch mitteilte. Ziel der Transaktion wäre es gewesen, die wegen Sanktionen in Russland blockierten Gewinne der dortigen Tochtergesellschaft nach Wien zu transferieren.
Der Deal war aber von Anfang an umstritten, weil die Strabag-Beteiligung dem russischen Oligarchen Oleg Deripaska zuzurechnen ist, der als Vertrauter von Wladimir Putin mit westlichen Sanktionen belegt wurde. Vor allem Beamte des US-Finanzministeriums machten deshalb Bedenken geltend und stellten die Rechtmäßigkeit des Geschäfts infrage, wie Reuters Ende März meldete.
Die Bank begründete ihre Entscheidung denn auch damit, dass sie im Austausch mit den relevanten Behörden nicht den erforderlichen Rückhalt bekommen habe. Bei einem Verstoß gegen die Sanktionsauflagen hätten der RBI Strafzahlungen gedroht.
Milliardenschweres Tauschgeschäft
Bei dem komplizierten Tauschgeschäft hätte die Russland-Tochter der RBI die rund 28 Prozent umfassenden Anteile an der Strabag über eine dazwischengeschaltete Gesellschaft für 1,5 Milliarden Euro von Deripaska übernommen. Das Aktienpaket wäre im Anschluss daran als Sachdividende an die RBI in Wien übertragen worden.
Das wäre für beide Unternehmen ein Erfolg gewesen: Die RBI hätte so Zugriff auf einen Teil der Gewinne in Russland erhalten, während die Strabag ihren Mitaktionär Deripaska losgeworden wäre, dessen Einfluss der Baukonzern schon seit zwei Jahren zu beschneiden versucht.
Der Oligarch verkaufte seine Beteiligung Ende März auch tatsächlich an eine russische Gesellschaft namens Iliadis, die sie in einem zweiten Schritt an die Russland-Tochter der RBI übertragen sollte. Wer allerdings hinter Iliadis stand, blieb im Dunkeln – und das machte den Deal zum Problem. Denn Deripaska darf als sanktionierte Person weder direkt noch indirekt Gelder erhalten, was offenbar nicht ausreichend garantiert werden konnte.
RBI-Chef Johann Strobl hatte die Transaktion erst vor einem Monat anlässlich der Generalversammlung als zulässig bezeichnet, die sanktionsrechtlichen Vorschriften würden eingehalten. Dass sie nun dennoch scheitert, erhöht den Druck auf die Bank. Sie ist das größte verbliebene westliche Finanzinstitut in Russland, und das Land ist ihr mit Abstand lukrativster Markt. Seit Kriegsausbruch hat sich der Gewinn der russischen Tochter vervielfacht: 2023 betrug er rund 1,3 Milliarden Euro, 2022 schon 2 Milliarden Euro.
Erst vergangene Woche war bekannt worden, dass die RBI letztes Jahr fast 500 Millionen Euro Steuern an den russischen Fiskus entrichtet hatte – mehr als alle anderen westlichen Banken zusammen. Dieses Geld fließt direkt in die Kriegskasse von Kremlchef Wladimir Putin.
Ein Rüffel von der EZB
Das ist mit einem erheblichen Reputationsrisiko verbunden, zumal immer wieder der Eindruck entsteht, der RBI sei es wegen der satten Gewinne mit dem geplanten Rückzug aus Russland nicht wirklich ernst. Kürzlich enthüllte die „Financial Times“, dass die Bank seit Dezember Dutzende von Stellen ausgeschrieben und dafür über 2400 Anzeigen geschaltet hatte.
Die RBI begründet dies damit, dass die Tochtergesellschaft im Hinblick auf einen Verkauf operativ gehalten werden müsse. Sie hat ihr Kreditvolumen in Russland bis Ende 2023 um gut die Hälfte reduziert. Der EZB geht dies allerdings zu langsam: Erst vor drei Wochen ermahnte sie die österreichische Bank, ihren Rückzug zu beschleunigen. Am Mittwoch hielt diese fest, man strebe weiterhin die Entkonsolidierung der russischen Tochter an.