Ärger in der «Ampel»: Habecks Heizungspläne entblössen die Spannungen innerhalb der Regierungskoalition

Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck hat mit seinen Verbotsplänen einen Koalitionsstreit vom Zaun gebrochen. Bernd Elmenthaler / Imago

Wenn sich die Regierungsmitglieder der «Ampel» am Sonntag zum Koalitionsausschuss treffen, dürfte die Stimmung so mies sein wie lange nicht. Auslöser des jüngsten Konflikts ist ein Vorschlag aus dem Wirtschaftsministerium von Robert Habeck. Demnach soll der Einbau neuer Öl- und Gasheizungen bereits ab 2024 untersagt werden, bis 2045 ist sogar ein komplettes Betriebsverbot für alte Heizsysteme vorgesehen. Statt sich mit der Kritik auseinanderzusetzen, beklagte sich Habeck bei den «Tagesthemen», der entsprechende Gesetzesentwurf sei von seinen Koalitionspartnern an die «Bild»-Zeitung weitergeleitet worden.

Damit hat der Minister die Sozialdemokraten oder aber die Liberalen öffentlich als Durchstecher markiert. Seitdem fliegen die Spitzen zwischen den Parteien. Der Landesvorsitzende der FDP Hamburg, Michael Kruse, bezichtigt das Wirtschaftsministerium, den Entwurf selbst verbreitet zu haben. Auf Twitter schreibt er, das sei im politischen Berlin ein «offenes Geheimnis», und schiebt die Frage nach: «Vielleicht versucht Habeck auch nur zu vertuschen, dass er seinen Laden nicht im Griff hat?»

Konstantin Kuhle, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP, schlägt ähnliche Töne an: «Wer sagt, dass es nicht Habecks Ministerium selbst war?» Kuhle hat recht, wenn er Habeck entgegenhält, dass immer wieder Gesetzesentwürfe frühzeitig aus den Ministerien an Medienvertreter weitergegeben werden.

Finanzminister Christian Lindner stimmte ein, nannte die Pläne in der «Welt am Sonntag» ein «finanzielles Luftschloss». Das Verhältnis zwischen Lindner und Habeck gilt spätestens seit dem öffentlich gewordenen Briefwechsel Mitte Februar als unterkühlt. Dessen Hintergrund ist die Uneinigkeit über den Bundeshaushalt. Der Finanzminister will an der Schuldenbremse festhalten, Habeck drängt im Namen der Grünen verklausuliert auf Steuererhöhungen.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki polterte in einem Interview mit dem Online-Sender Massengeschmack-TV: «Putin und Habeck haben eine ähnliche Überzeugung davon, dass der Staat, der Führer, der Auserwählte, besser weiss als die Menschen, was für sie gut ist.» Schon einen Tag später betonte Kubicki reuevoll, dass er sich bei Habeck «in aller Form» entschuldigt hätte, der Vergleich sei «Quatsch».

Doch nicht nur die Liberalen meldeten sich zahlreich zu Wort, auch die SPD erhob Einspruch. Bauministerin Klara Geywitz gab zu verstehen, dass die Sozialdemokraten dem geleakten Gesetzesentwurf in dieser Form nicht zustimmen würden. Ein «Sanierungszwang per Gesetz» sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, so Geywitz im Deutschlandfunk. Es wäre ein unverhältnismässiger Eingriff in die Eigentumsrechte.

Auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil von der SPD kritisierte Habecks Heizungspläne scharf, sagte der «Bild am Sonntag»: «Seine Zeitplanung ist nicht realistisch und stiftet am Ende mehr Schaden als Nutzen.» Da die Sanierungskosten auch viele Mieter finanziell schwer treffen könnten, scheinen die Sozialdemokraten besorgt um ihre einstige Kernwählerschaft, Arbeiter mit geringem Einkommen.

Der Gesetzesentwurf hatte neben der politischen Kritik für Verunsicherung bei Mietern und Immobilienbesitzern gesorgt. Der Eigentümerverband Haus und Grund bezeichnete die Habeckschen Pläne als «praxisfern» und nicht finanzierbar. Der Einbau von strombetriebenen Wärmepumpen, die Öl- oder Gasheizungen ersetzen, wird mit bis zu 40 000 Euro beziffert.

Zwar versprach Habeck bei der Klausurtagung der Grünen in Weimar staatliche Förderung für Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen und bekräftigte: «Das ist der Plan, das ist die Zusage.» Eine konkrete Höhe nannte er allerdings nicht. Momentan werden die Investitionskosten von Wärmepumpen mit bis zu 40 Prozent vom Bund gefördert. Bei einer höheren Förderung könnte die FDP auf der Bremse stehen, um den Haushalt nicht weiter zu belasten.

Die Rufe nach einem Machtwort des Bundeskanzlers werden lauter. Olaf Scholz hat sich bisher nicht zum öffentlich ausgetragenen Streit in seiner «Fortschrittskoalition» geäussert. Allerdings sagte Scholz Anfang März bei einer Veranstaltung des Verbandes kommunaler Unternehmen: «Ab 2024 werden wir jedes Jahr 500 000 neue Wärmepumpen installieren. Und wir wollen und wir werden das neue Deutschland-Tempo verstetigen.»