Wiener Grüne beschließen Liste für die NR-Wahl
Wiener Grüne beschließen Liste für die NR-Wahl
In der Messe Wien haben sich die Landes-Grünen am Samstag zu ihrer 88. Landesversammlung getroffen. Sie beschließen dort unter anderem ihre Landesliste für die Nationalratswahl im Herbst. Spitzenkandidatin wird Justizministerin Alma Zadić. Auch die Wiederwahl des grünen Wiener Spitzenduos Judith Pühringer und Peter Kraus steht auf dem Programm. Zum Auftakt spielte auch die kommende EU-Wahl eine Rolle. Parteichef Werner Kogler warnte: “In Europa steht viel auf dem Spiel.”
“Grüß euch, Landesversammlung. Ich verneige mich vor der Doppelspitze”, begrüßte der Vizekanzler die Delegierten in der Messehalle zunächst durchaus launig. Die Situation in Europa, so betonte er, sei aber durchaus ernst. Es stehe viel auf dem Spiel, etwa die liberale Demokratie, der Rechtsstaat und die Menschenrechte.
Von außen werde man vom russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem “Verbrecherregime” bedrängt, von innen von “Putinkollaborateuren”, Rechten und Rechtsextremen. Kogler versicherte: “Diese Umtriebe werden wir weiter benennen. Es geht um nicht mehr oder weniger als um Demokratie versus Autokratie.”
Auch die persönlichen Freiheiten seien bedroht, was sich etwa in Ungarn bereits zeige: “Du kannst nicht mehr lieben wen du willst.” Frauen würden dort zurück an den Herd gedrängt, die Medien seien in den Händen einiger Oligarchen. Und auch in Österreich gebe es Parteien, die die Zusammenarbeit mit der FPÖ nicht hundertprozentig ausschließen. “Bei Grün ist man sich sicher, dass dieser Verrat nicht rauskommen wird.”
Kogler zeigte sich erbost über die kürzlich ans Licht der Öffentlichkeit getretenen “Spionageumtriebe”. Diese seien staatsgefährdend – und hätten eine klare parteipolitische Zuordnung. Es sprach sich für einen Untersuchungsausschuss aus, um die Russlandhörigkeit zu erörtern. In Sachen Energie seien hier nicht nur die Blauen dafür verantwortlich, da seien auch andere Parteien dabei gewesen, ließ er wissen.
Man brauche viel Kraft und Energie, um aus der Gasabhängigkeit rauszukommen, hielt er fest. Die Grünen würden für eine gerechtere Welt und auch für Klimaschutz kämpfen. Weiters sei es eine Mär, dass nur die Sozialdemokratie für die Rettung des Sozialstaates zuständig sei, sagte Kogler. Er sprach sich unter anderem für eine Millionärssteuer aus, die essenziell sei, wie er versicherte.
“Die Sozialdemokratie ist in Fragen des Natur-, Umwelt- und Klimaschutzes extrem verlässlich – auf der falschen Seite”, setzte er fort. Die CO2-Bepreisung werde nun in Frage gestellt. “Was ist das für ein Blödsinn.” Klimaschutz könne es somit nur mit den Grünen geben, zeigte er sich überzeugt. Er verwies auf seine Teilnahme an der Besetzung der Hainburger Au und die jüngsten Proteste gegen den Lobautunnel in Wien.
Als “Überraschungsgast” begrüßte er die grüne EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling, die sich bei den Besetzungen in der Lobau engagiert hat. Für die Umwelt zu kämpfen sei auch Heimat, stellte er klar. Schilling versicherte in einer kurzen Rede, dass man weiter für die gemeinsamen Ziele kämpfen werde. “Wir haben eine Welt zu gewinnen.”
Man spreche nun oft von einem Superwahljahr. “Und glaubt mir, ich verstehe jetzt schon, was es bedeutet.” Man müsse härtere Bandagen anlegen. Es sei für sie “extrem besonders”, heute nicht nur als Aktivistin bei der Landesversammlung zu sein, sondern auch als Spitzenkandidatin für die EU-Wahl. “Und wir werden gewinnen”, zeigte sie sich zuversichtlich.
Auf dem Treffen der Grünen wird heute ebenfalls fleißig abgestimmt – etwa über das Spitzenduo Pühringer und Kraus. Die beiden waren 2021 gekürt worden. Die Zustimmung für das Team, das gemeinsam kandidiert hatte, betrug 83,6 Prozent. Auch heute werden sie wieder gemeinsam antreten.
Die Landesversammlung ist das größte Gremium der Ökopartei – und damit vergleichbar mit einem Parteitag. 2019 war der bisherige umweltpolitische Sprecher der Umweltschutzorganisation Greenpeace, Lukas Hammer, zum Listenersten gekürt worden. Bei der Nationalratswahl in jenem Jahr kamen die Grünen auf knapp über 20 Prozent in Wien, was damals ein kräftiges Plus von fast 15 Prozentpunkten darstellte.
Im Jahr 2019 kam auch ein neues Abstimmungssystem bei der Listenwahl zur Anwendung, das bereits eine Art Stichwahl inkludiert. Es hatte die bisherige Gepflogenheit ersetzt, die Listenplätze in Blöcken abzustimmen. Diese Variante hatte immer wieder für Unmut gesorgt.
Mitunter waren Mandatare an einer Kandidatur auf einem aussichtsreichen Listenplatz gescheitert, weil sie die angestrebte vordere Position nicht ergattern konnten. Nun kehrt man jedoch wieder zur blockweisen Abstimmung zurück. Für den ersten Platz dürfte sich das Rennen aber nicht sonderlich aufregend gestalten. Laut Partei ist Zadić die einzige Bewerberin für die Spitzenkandidatur.