Weniger Auflagen für Landwirte beschlossen – doch den Bauern kommt es auf die Umsetzung an
Proteste zeigen Wirkung
Weniger Auflagen für Landwirte beschlossen – doch den Bauern kommt es auf die Umsetzung an
Die Bauernproteste scheinen langsam Wirkung zu zeigen.
Theo Runge, Vorsitzender des Landvolk-Kreisverbands Grafschaft Diepholz, ordnet die Lockerung der EU-Umweltauflagen für Landwirte ein.
Diepholz/Drebber – Ruhig ist es geworden um die Landwirte im südlichen Landkreis Diepholz. Noch vor einigen Wochen reihte sich gefühlt Protest an Protest, in denen die hiesigen Bauern ihren Unmut über die deutsche Agrarpolitik zum Ausdruck gebracht haben. Und das nicht nur in dieser Region: In ganz Deutschland wurde protestiert.
Diese öffentlichkeitswirksamen Aktionen der Landwirte scheinen nun erste Früchte zu tragen: Das Europaparlament hat einige Umweltauflagen in der Landwirtschaft zurückgenommen. Die Änderungen wurden in der vergangenen Woche im Eilverfahren gebilligt – und gelten zum Teil sogar rückwirkend zum 1. Januar 2024. Das Ziel der in Straßburg beschlossenen Lockerungen: Sie sollen einerseits Bürokratie abbauen und andererseits den Landwirten wieder mehr Flexibilität und Eigenverantwortung beim Bewirtschaften der eigenen Ackerflächen geben.
Lockerungen können Situation für Landwirte grundsätzlich verbessern
„Ich halte das generell für eine gute Sache. Mit diesen Lockerungen kann man mit Sicherheit die Rahmenbedingungen für Landwirte verbessern. Jetzt kommt es auf die nationale Umsetzung an“, ordnet Theo Runge, Vorsitzender des Landvolk-Kreisverbands Grafschaft Diepholz, die Beschlüsse des EU-Parlaments auf Nachfrage der Mediengruppe Kreiszeitung ein. Seiner Meinung nach wurde endlich erkannt, dass weniger Regeln und Vorgaben die Landwirtschaft stärken.
Wichtig sei jetzt nur, dass diese Lockerungen auch in Deutschland eins zu eins umgesetzt werden. „Da ist jetzt die Bundespolitik gefragt“, meint der Kreisverbandsvorsitzende und richtet einen Appell an den Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft: „Da ist der Herr Özdemir jetzt gefordert, diese Dinge auch umzusetzen.“
Streichung der Stilllegungspflicht
Hinsichtlich der Auflockerung bei der verpflichtenden Stilllegung von mindestens vier Prozent der Ackerfläche sagt der Landvolkvorsitzende ganz klar: „Wir waren schon immer dagegen, Flächen brachliegen zu lassen.“ Gerade der Ukraine-Krieg habe gezeigt, dass sich Deutschland nicht abhängig von Getreide-Exporten machen dürfe. Vor allem nicht, bei der Qualität der hiesigen Flächen: „Die Ackerflächen in Deutschland sind vom Kosten-Nutzen-Faktor her führend in Europa“, meint Runge.
Die Witterung sei aber immer wieder ein Problem für die Landwirte, erklärt er. Das hätten auch die vergangenen eineinhalb Jahre mit großer Trockenheit auf der einen und starken, lang anhaltenden Regenfällen auf der anderen Seite gezeigt: „Das kannst du nicht per Verordnung festlegen“, sagt der Landwirt. Entscheidungen müssten in der Praxis vor Ort getroffen werden. Insofern ist diese Lockerung nach Runges Einschätzung sehr sinnvoll: „Wir sind froh, dass das jetzt erst mal vom Tisch ist. Das finden wir natürlich gut.“
Mehr Flexibilität bei den Flächen
Dass Wiesenflächen künftig in Ackerland umgewandelt werden dürfen, werde vielen Landwirten helfen, ist sich Runge sicher. „Das trägt dazu bei, dass man den gesamten Bereich Ackerbau flexibler gestalten kann. Das ist ganz, ganz wichtig – gerade auch für Milchviehhalter zum Beispiel“, meint der Landvolkvorsitzende. Auch die Fruchtfolgen sind nach den Lockerungen des EU-Parlaments nicht mehr so stringent vorgegeben. „Diese Erleichterung betrifft und hilft nahezu jedem Landwirt“, sagt Runge.
Weniger Kontrollen bei kleinen Betrieben
Die Kontrollen bei landwirtschaftlichen Betrieben von der Größe abhängig zu machen, hält Theo Runge indes für falsch: „Ich finde es unglücklich, diese Aussage so zu treffen“, meint er. Eine fixe Größe für Kontrollen festzulegen, empfindet er als unfair. „Entweder man macht es bei allen, oder bei keinen.“ Doch diese Auflockerung bei den Kontrollen komme ohnehin nicht wirklich bei den Landwirten in der Region Diepholz an, denn: „Betriebe unter zehn Hektar gibt es hier kaum noch“, sagt der Kreisverbandsvorsitzende.
Auch wenn seiner Meinung nach immer noch mehr passieren könnte, sieht Theo Runge in den EU-Beschlüssen ein positives Zeichen für die Landwirtschaft. Die Arbeit der Bauern werde dadurch wieder flexibler, das starre System von vorher werde merklich aufgeweicht. Der Vorsitzende des Landvolk-Kreisverbands fasst die Folgen der Lockerungen wie folgt zusammen: „Du hast mehr Möglichkeiten, auf Schwierigkeiten zu reagieren. Dem Landwirt werden mehr Möglichkeiten gegeben, sich den Gegebenheiten in der Praxis vor Ort anzupassen.“