Weinstein saß an Rollstuhl gekettet vor Richter
Harvey Weinstein nach der Aufhebung seines Vergewaltigungsurteils vor Gericht
Rund eine Woche nach der Aufhebung eines Vergewaltigungsurteils gegen ihn ist der frühere Film-Mogul Harvey Weinstein am Mittwoch vor Gericht erschienen. Der seinen Anwälten zufolge an einer Vielzahl gesundheitlicher Probleme leidende 72-Jährige wurde in einem Rollstuhl, an den er mit Handschellen gekettet war, in den Gerichtssaal in Manhattan gefahren.
Ein Vertreter der Staatsanwaltschaft sagte, die Anklagebehörde sei „fest davon überzeugt“, dass Weinstein erneut verurteilt werde.
„Glauben an diesen Fall“
„Wir glauben an diesen Fall und wir werden diesen Fall neu aufrollen“, sagte die stellvertretende Staatsanwältin Nicole Blumberg am Mittwoch bei einer Anhörung vor einem Gericht in New York.
Auch die Verteidigung zeigte sich mit einem neuen Verfahren einverstanden. Beide Seiten signalisierten, dass sie im Herbst für einen neuen Prozess bereit sein könnten, wenn das in den Gerichtskalender passen würde. Richter Curtis Farber setzte zunächst eine neue Anhörung für den 29. Mai an. Ob es wirklich zu einem neuen Prozess kommt, könnte aber beispielsweise auch noch davon abhängen, ob Zeugen und Zeuginnen erneut aussagen wollen.
2020 zu 23 Jahren Haft verurteilt
Weinstein war 2020 wegen Sexualdelikten zu 23 Jahren Haft verurteilt worden. In der vergangenen Woche hatte ein Berufungsgericht in New York die historische Verurteilung überraschend aufgehoben. Mit knapper Mehrheit befand das Gremium, dass bei dem damaligen Prozess Verfahrensfehler gemacht worden waren. Zahlreiche Unterstützer und Aktivistinnen der #MeToo-Bewegung hatten sich entsetzt gezeigt.
Weinstein ist aber weiter in Haft, weil er 2023 in einem anderen Strafprozess in Los Angeles, in dem es ebenfalls um Sexualverbrechen ging, zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Auch dieses Urteil fechten seine Verteidiger an.
Gesundheitliche Probleme
Nach der Aufhebung des Urteils in New York war Weinstein aus einer Haftanstalt im Norden des Bundesstaats New York in das Gefängnis Rikers Island in der Metropole New York verlegt worden. Anschließend musste er nach Angaben seines Sprecher- und Anwaltsteams in einem Krankenhaus in Manhattan behandelt werden, er leide unter anderem an Bluthochdruck, Herzleiden und „einer Vielzahl“ von anderen Gesundheitsproblemen. In den Gerichtssaal wurde er am Mittwoch in einem Rollstuhl geschoben.
Der erste Weinstein-Prozess hatte einen Meilenstein der Rechtsgeschichte markiert. Der Fall hatte damals die #MeToo-Bewegung maßgeblich mit ausgelöst. Seit 2017 haben mehr als 80 Frauen Weinstein öffentlich sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Der Ex-Produzent hat stets jede Schuld zurückgewiesen und behauptet, sexuelle Handlungen hätten einvernehmlich stattgefunden.
„Gerechtigkeit werde Genüge getan“
Staatsanwältin Jessica Mann werde sich dafür einsetzen, dass „der Gerechtigkeit erneut Genüge getan wird“. Erwartet wurde am Mittwoch zunächst, dass Richter Farber die Verurteilung Weinsteins in New York formell aufheben, den 72-Jährigen aber nicht freilassen würde.
Der Oberste Gerichtshof von New York hatte das 2020 ergangene Vergewaltigungsurteil gegen den früheren Hollywood-Produzenten in der vergangenen Woche aufgehoben und eine Neuverhandlung angeordnet. Zur Begründung verwiesen die Richter auf Verfahrensfehler während des Prozesses.
Weinstein war allerdings im Februar 2023 in Kalifornien wegen mehrfacher sexueller Angriffe zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Dieser Richterspruch bleibt rechtskräftig. Dutzende Frauen werfen dem einst gefeierten Filmproduzenten sexuelle Angriffe bis hin zur Vergewaltigung vor. Die Enthüllungen lösten 2017 die #MeToo-Bewegung aus.
Anwältin Gloria Allred, die Weinstein-Anklägerinnen vertritt, kündigte an, die „MeToo“-Abrechnung werde fortgesetzt.