Verfahren gegen Reichsbürger: Der Rechtsstaat muss klare Kante zeigen
Vor Gericht in Stuttgart
Ein Mammut-Verfahren, das deshalb aufgespalten wurde – und ein Mammut-Vorwurf: Marsch auf den Reichstag, Machtübernahme mit Waffengewalt unter Inkaufnahme von Toten. Die Reichsbürger-Szene setzt sich auch aus aktiven und ehemaligen Staatsdienern zusammen, einer Richterin und Soldaten.
Was für ein Milieu?
Ihr Schusswaffenarsenal war offenbar nicht unbeträchtlich, und ihre Pläne gingen deutlich über Phantasien über ein anderes System hinaus. Unabhängig von den strafrechtlichen Vorwürfen, die immerhin zu Untersuchungshaft und Anklagen der Bundesanwaltschaft geführt haben, stellt sich die Frage nach dem Potential, dass in dieser mutmaßlichen terroristischen Vereinigung und ähnlichen Gruppen bis hin zu politischen Parteien schlummert.
Es gibt ein Milieu, dass sich offenbar vom demokratischen Rechtsstaat verabschiedet hat und auch Mängel nicht mehr im Diskurs oder auf dem Weg geordneter Verfahren beheben will. Und doch ist es von dort noch ein erheblicher Weg bis zu Terror und Putsch. Hier muss der Rechtsstaat klare Kante zeigen. Es geht nicht um krude Meinungen über den Zustand eines imaginären Reichs, sondern letztlich um Mord und Totschlag, auch an „Verrätern“.
Diese Gefahr sollte weder verniedlicht noch übertrieben werden. Strafverfahren sind nötig, sofern die Voraussetzungen vorliegen. Aber die Demokratie geht zugrunde, wenn es zu wenige Demokraten gibt.