Unternehmergespräch: „Meine Kinder wollten nicht verkaufen“
Ferdinand Munk hat unter seinen vier Kindern zwar keinen Nachfolger gefunden, aber die Leitung gibt er demnächst trotzdem zufrieden in andere Hände.
Wer in seinem Beruf regelmäßig auf eine Leiter steigen muss, der will sich auf sein Steiggerät verlassen. Ob bei Feuerwehren oder Rettungsdiensten – Leiter ist nicht gleich Leiter. Gerade hier vertrauen viele auf die Produkte des Günzburger Familienunternehmens Munk Group. Inhaber und Geschäftsführer Ferdinand Munk sieht sein Unternehmen als Technologie- und Innovationsführer in der Steigtechnik. Im Gespräch mit der F.A.Z. verweist er darauf, dass Munk-Produkte, oft noch bekannt unter der Marke Günzburger Steigtechnik, stark bei den Feuerwehren vertreten seien. Zwischen 15 und 20 Prozent des Umsatzes entfielen auf Endverbraucher. „Doch wir liefern keine Leitern an Baumärkte, sondern nur an ausgesuchte Fachhändler, also dorthin, wo unsere Qualität geschätzt wird“, sagt der 62 Jahre alte Unternehmenschef.
Aus Aluminiumprofilen baut Munk Produkte für diverse Branchen.
Das Unternehmen blickt auf eine 125-jährige Geschichte zurück, was Ende des Jahres gefeiert wird. „Im vergangenen Jahr sind wir um 10 Prozent gewachsen“, fügt Munk hinzu. Zum Jahresende erfolgt auch die Übergabe an die nächste Generation. Sein Schwiegersohn Alexander Werdich wird die Verantwortung übernehmen. „Meine Kinder wollten das Unternehmen trotz eines attraktiven Angebots nicht verkaufen.“ Munk führt dies auf die seit ihrer Kindheit enge Bindung zum Unternehmen zurück. „Meine drei Töchter und die Schwiegersöhne arbeiten für die Munk Group. Auch mein Sohn hat weiterhin Verbindung zum Unternehmen.“ Mit der Nachfolgeplanung, die für viele mittelständische Familienunternehmen eine Schicksalsfrage darstellt, ist er zufrieden. Sie ist seiner Ansicht nach gut vorbereitet worden: „Schließlich hat die Notarkammer unsere Regelung mit einem Familienrat als musterhaft gewürdigt.“ Die vier Kinder entnehmen vom Jahresgewinn jeweils nur ein Prozent, der Rest wird im Unternehmen investiert.
„Sicherheit Made in Germany“: Damit wirbt die Munk Group
Seit Anfang der 2000er durchgestartet
Die Zeiten waren nicht immer einfach. So hatte das Unternehmen Mitte der 90er Jahre eine schwierige Phase zu überstehen, als ein namhafter Kunde verloren wurde. Dabei dürfte es sich um das Aluminium verarbeitende, ebenfalls in der Steigtechnik tätige Unternehmen Zarges gehandelt haben. Die schwierige Zeit hat Munk überstanden: „Zwischen 2000 und 2005 haben wir richtig Gas gegeben“, sagt er. Im Jahr 2000 habe der Jahresumsatz bei 11 Millionen Euro gelegen, nun sei es fast achtmal mehr. „Wir genießen bei den Banken eine hohe Kreditwürdigkeit und haben keine Finanzierungsprobleme.“
Die Munk Group macht 80 Prozent ihres Umsatzes in Deutschland und 20 Prozent im Ausland, davon den Großteil in Europa. Zu den Kunden zählen die Lufthansa, Siemens, Daimler Truck und einige Schwergewichte mehr. „Derzeit wachsen wir auch sehr stark im Rüstungsbereich“, sagt Munk. Von den Geschäftsbereichen sei die Munk Günzburger Steigtechnik der umsatzstärkste. Danach komme die Rettungstechnik, die Feuerwehren und Rettungsdienste, also die gesamten Blaulichtorganisationen, ausstatte. Die Steigtechnik sei der Kernbereich und wachse weiterhin. „Aber ein deutlich höheres Wachstum erzielen wir über die Blaulichtorganisationen, weil wir über sie in jüngster Zeit viele Aufträge aus dem Militärbereich erhalten haben“, berichtet Munk. Für die Drohnen würden Rollcontainer und Kisten benötigt. Für Panzer oder Hubschrauber stellt das Unternehmen die Wartungs- und Montageplattformen her. Eine Betriebserweiterung sei hier in Planung.
Für das Image sind auch die Sonderfertigungen von hoher Bedeutung. „Wir haben die Dockanlagen für den Airbus A380 gebaut oder stellen die Einstiege für die Zeppelin-Luftschiffe her. Das Geschäft mit Sonderanfertigungen wächst überdimensional.“ Großes Wachstumspotential sieht er auch im Ausland. „Wir wollen aber gesund wachsen“, fügt er sofort hinzu. Das Personal dafür müsse vorhanden sein, ebenso die Maschinen und die Werke. Ein zu rasches Wachstum sei mit einer hohen Verschuldung verbunden, weil man bei den Personal- und Produktionskapazitäten in Vorleistung gehen müsse. „Das wollen wir nicht.“
Für Munk ist Deutschland als Standort sehr wichtig. Schließlich wirbt die Gruppe mit „Sicherheit Made in Germany“. Als das Unternehmen in der Corona-Pandemie Lieferkettenprobleme hatte und auf Vorprodukte aus China warten musste, fasste die Geschäftsführung den Entschluss, möglichst viel davon wieder zurückzuholen und Einzelteile aus Europa zu beziehen. „Dadurch haben wir auch Kunden gewonnen, weil auf uns Verlass war.“ Es sei nicht immer günstiger, in China einzukaufen. „Wenn auf die Material- und Arbeitskosten jeweils 50 Prozent entfallen, dann gibt es keine Vorteile.“
Der Kommunalpolitiker, der für die CSU im Günzburger Kreistag und für die Unabhängigen Wähler im Stadtrat sitzt, spricht sich für eine Entbürokratisierung aus: „Wir haben bei Bauprojekten 7000 Vorschriften zu beachten. Da kann man fast nicht mehr bauen.“ Doch wenn die Vorschriften deutlich reduziert würden, bestehe das Problem der Klagen. Mache die Regierung nur einen Fehler, müsse sie sich auf eine Prozesswelle einstellen. „Auch darüber müssen wir als Gesellschaft nachdenken“, sagt er.
„Die Digitalisierung ermöglicht uns Wachstum“
Die Verantwortlichen in der Regierung und den Ministerien müssen seiner Ansicht nach gewillt sein, neue Wege zu gehen und auf Digitalisierung zu setzen. So müsse heute keine Anleitung in Papierform mehr an jedem Produkt sein, wenn diese über eine App zugänglich sei. „Dies würde auch der Umwelt und unserem Ziel, auf papierlose Prozesse und Digitalisierung zu setzen, zugutekommen.“
Die Digitalisierung spielt in der Munk Group eine große Rolle, ebenso die Künstliche Intelligenz (KI): „Wir arbeiten mit 196.000 Teilen, da kann ein Einzelner nicht mehr den Überblick behalten.“ Das Unternehmen bietet 1600 Standardprodukte an, in der Branche der Steig- und Rettungstechnik das größte Seriensortiment. Munk setzt KI in den Maschinen ein, die mit kleinen Computern und Sensoren ausgerüstet sind. Dadurch lässt sich zum Beispiel erkennen, warum Maschinen zu gewissen Zeiten stillstehen und woran das liegt. Demnächst entscheidet die Geschäftsführung über ein neues Betriebssystem, das schon KI-Instrumente enthalten wird.
„Die Digitalisierung ermöglicht uns Wachstum“, sagt Munk. Für ihn sind viele mittelständische Unternehmen in Deutschland in der Digitalisierung noch deutlich im Verzug. „Das wird einige von ihnen zum Aufhören zwingen“, befürchtet Munk, der dem Bundeswirtschaftssenat, dem höchsten Gremium im Mittelstandsverband BVMW, angehört. Die Investitionen kosten Geld. Die Munk Group investiert in das neue Betriebssystem mehrere Millionen Euro. „In den ersten fünf Jahren spüren sie von der Investition noch wenig, aber danach entscheidet sie über die Existenz des Unternehmens.“ Auch die Nachhaltigkeit hat für Munk einen hohen Stellenwert: „Mit unseren Photovoltaikanlagen decken wir 40 Prozent unseres Strombedarfs ab.“ 100 Prozent wären möglich, gäbe es Speicherkapazitäten für den am Wochenende produzierten Strom. Doch die sind noch nicht vorhanden.