Sanktionen haben den Iran über Jahre verstümmelt – für Putin sollte das eine Warnung sein
Nach massiven US-Sanktionen
Sanktionen haben den Iran über Jahre verstümmelt – für Putin sollte das eine Warnung sein
Die iranische Wirtschaft schwächelt. Sanktionen haben das Land über Jahrzehnte verstümmelt. Das könnte eine Blaupause für Russland sein.
Teheran – Innerhalb der letzten Jahre hat der Iran sich für mehrere Länder zu einem wertvollen Verbündeten entwickelt. Mit einer gewaltigen Menge von Shahed-Drohnen hatte der Iran Russland vor einer frühen Niederlage in der Ukraine bewahrt, im Nahen Osten unterstützte er den Terrorismus und macht Israel das Leben schwer. Allerdings drücken schwere Sanktionen auf das Land, und zwar seit Jahrzehnten. Der aktuelle Zustand der iranischen Wirtschaft könnte ein Warnsignal für Russland sein.
Jahr der ersten US-Sanktionen gegen den Iran | 1979 |
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Einnahmen des Irans durch Ölhandel | 33 Milliarden Euro (Stand Mitte April 2024) |
Zahl der Iraner, die in den 2010er-Jahren in Armut gerieten | 9,5 Millionen |
Inflation im Iran | 37,5 Prozent (April 2024) |
Sanktionshammer aus den USA – Sanktionen schwächen die iranische Wirtschaft
Die ersten Sanktionen hatten die Vereinigten Staaten von Amerika dem Iran bereits 1979 auferlegt, nachdem Studenten die amerikanische Botschaft in Teheran besetzt hatten. In den folgenden Jahrzehnten hatten die westlichen Nationen teils Sanktionen zurückgezogen, teils nachgelegt. 1995 hatte der damalige Präsident Bill Clinton auch Personen für sanktionsfähig erklärt, die vorige Sanktionen absichtlich umgehen. 2018 hatten sich die USA unter Ex-Präsident Donald Trump aus einem Atomabkommen zurückgezogen, „maximaler wirtschaftlicher Druck“ auf den Iran sollte den Boden für weitere Sanktionen bereiten. Heutzutage gilt der Staat als eines der meist sanktionierten Länder der Welt.
Ebrahim Raisi, der Präsident des Irans, verlässt ein Flugzeug.
Unter anderem hatte der Iran durch die Sanktionen eine zweijährige Rezession durchgemacht. Der Rial, die Nationalwährung, hatte deutlich an Wert verloren, die Inflation stieg zeitweise auf fast 50 Prozent. Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) betrug sie im April 2024 etwa 37,5 Prozent. Lebensmittel waren davon überproportional betroffen: Im Jahr 2024 sind zum Beispiel die Preise für Linsen um 130 Prozent gestiegen, die für Bohnen um 30 Prozent, rotes Fleisch ist seit Jahresbeginn 25 Prozent teurer, berichtet Business Insider.
Ein Teil der iranischen Bevölkerung leidet Hunger. Das Forschungszentrum des iranischen Parlaments habe festgestellt, dass 50 Prozent aller Iraner im Jahr 2023 weniger als die empfohlenen 2.100 Kalorien pro Tag verbraucht hatten. 9,5 Millionen Iraner gerieten im Laufe der 2010er-Jahre in Armut.
33 Milliarden Euro durch Ölhandel – Irans Hauptabnehmer China
Die größte Stärke des Irans ist nach wie vor die Ölproduktion. Zwar haben die USA auch hier Sanktionen verhängt, trotzdem ist der Iran der siebtgrößte Ölproduzent der Welt und verfügt außerdem über gewaltige Reserven an Erdgas. Laut der Financial Times lagen die Öl-Exporte des Irans Mitte April auf dem höchsten Stand seit sechs Jahren, umgerechnet flossen 33 Milliarden Euro in die Wirtschaft. Fast alle Ölexporte des Irans gehen nach China, berichtete der Tracking-Dienst Kpler, der die Schattenflotte des Irans verfolgt. Fast allen Ländern ist der Handel mit den USA verboten, sollten sie iranisches Öl kaufen. China hält das nicht auf.
Auf der anderen Seite reicht das nicht aus, um den Iran wirtschaftlich zu stützen. Einer Analyse der Weltbank zufolge wiegen die zunehmenden Herausforderungen des Klimawandels, darunter Dürren, die die Landwirtschaft verkrüppeln, zu schwer. Höhere Preise für andere Rohstoffe, darunter Nahrungsmittel, sorgen dafür, dass der Iran für die Importe wesentlich mehr zahlen muss als früher. Darüber hinaus sorgt ausgerechnet Russland für geringere Einnahmen beim Öl – weil Wladimir Putin nicht mehr wie früher mit dem Westen handeln kann, wendet er sich China zu. Der Iran braucht das Reich der Mitte allerdings selbst, um sein Öl abzusetzen. Die Weltbank rechnet mit einer Schwächung des iranischen Ölsektors.
Warnung für Russland – Auswirkungen westlicher Sanktionen
Der Iran hatte Jahre gebraucht, um seine Wirtschaft so aufzustellen, dass er die Sanktionen des Westens nach Möglichkeit aushebelt oder umgeht. Damit konnte er jedoch nur einen Teil seiner Einnahmen retten; stattdessen griff die Regierung auf Kredite zurück. Innerhalb der letzten 15 Jahre stiegen die iranischen Schulden im Verhältnis zum BIP um das Dreifache an. Durch dieses Defizit kann das Land nur schwerlich seine Verteidigungsausgaben erhöhen.
Für Putins Russland ist das eine eindeutige Warnung. Zwar gibt es signifikante Unterschiede, von denen die Größe der Länder und die wirtschaftliche Stärke die offensichtlichsten sind, außerdem hatte Russland den Ukraine-Krieg von langer Hand geplant und auf viele Sanktionen mehr oder weniger passende Antworten gefunden. Allerdings verschuldet auch die Kreml-Nation sich derzeit schwer – Drohnen- und Granatendeals mit Nordkorea und dem Iran brachte ihr schwere Schuldscheine ein, die sie in Zukunft zahlen müssen. Angesichts dessen, dass Russland Investitionen in die Zukunft zurückgefahren und dafür buchstäblich in der Ukraine verschossen hat, bahnen sich langfristig deutliche Probleme an.
Ökonomen sehen schon jetzt die Anzeichen, dass Russlands Wirtschaft bröckelt. Beispielsweise kursieren Berichte über Warteschlangen vor Supermärkten, ganz im sowjetischen Stil. Denkfabriken warnen vor einer russischen Abhängigkeit von China, Nordkorea und dem Iran, solange der Kreml von ausländischen Kreditgebern abgeschnitten ist.