Russland: Putins Griff nach den Unternehmen

russland: putins griff nach den unternehmen

Putin spricht bei der Tagung des russischen Industriellen- und Unternehmerverbands RSPP im April.

Der Kreml ist auf der Suche nach neuen Geldquellen. Zwar sind die Einnahmen aus dem Ölexport und der florierenden Kriegswirtschaft derzeit besonders hoch, was an dem gestiegenen Ölpreis und geschickten Steuermanövern liegt – das Haushaltsdefizit, das den Pro­gnosen mancher Ökonomen zufolge schon längst ein Problem für Russland sein sollte, betrug im ersten Quartal dieses Jahres nur 0,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und lag damit im Rahmen des für 2024 geplanten Defizits von 0,9 Prozent des BIP.

Allerdings hängen die Einnahmen stark vom Ölpreis ab und können sich schnell wieder ändern. Außerdem verursacht nicht nur der Angriffskrieg gegen die Ukraine horrende Ausgaben, sondern hat Putin für seine gerade begonnene, fünfte Amtszeit auch noch teure neue Großprojekte angekündigt.

In den vergangenen Monaten hat deshalb an Intensität gewonnen, was in Russland die „große Umverteilung“ genannt wird: Die Enteignung von Privatunternehmen zum späteren Weiterverkauf an kremltreue Geschäftsleute.

180 Unternehmen verstaatlicht

Seit Februar 2022 bis zum März dieses Jahres hat es nach Recherchen der „Nowaja Gaseta Evropa“ und dem russischen Ableger von Transparency International 40 Klagen zur Verstaatlichung von mehr als 180 Privatunternehmen gegeben, ein Vielfaches früherer Jahre: 2020 und 2021 hatte die Staatsanwaltschaft, die bei der Umverteilung federführend ist, jeweils nur drei solcher Verfahren angestrengt.

Besonders häufig trifft es Betriebe aus dem Rüstungskomplex und dem Maschinenbau, die für den Krieg wichtig sind, aber auch Chemikalienproduzenten, Agrarholdings und andere Unternehmen der Lebensmittelindustrie wie Russlands größten Nudelhersteller Makfa, außerdem Häfen und Immobilien.

Gefährdet sind vor allem Unternehmer, die neben der russischen eine weitere Staatsangehörigkeit oder Offshore-Firmen besitzen und im Ausland leben. Wer jetzt nicht zurückkehrt, gilt als illoyal und riskiert, sein Geschäft in Russland zu verlieren. So ging es Sergej Petrow, dem Gründer des landesweit größten Autohändlers Rolf, der als Kremlkritiker galt und nicht mehr in Russland lebt. Auch regimetreue Unternehmer geraten unter Beschuss, wenn ihnen, so der Leiter von Transparency International Russland, Ilja Schumalow, der nötige Schutz durch Verbindungen in die Machtstrukturen fehle.

Dass dies auf einige der reichsten Russen zutrifft, wurde im Januar klar: Da forderte die Staatsanwaltschaft, 13 Grundstücke in einem der teuersten Wohnviertel Russlands an der Rubljowskoje-Chaussee bei Moskau zu verstaatlichen, die an die Residenz Putins angrenzen.

Wer ist als nächstes an der Reihe?

Ein Grund, den die Staatsanwaltschaft zur Enteignung anbringt, sind angebliche Fehler bei der ursprünglichen Privatisierung in den Neunzigerjahren nach dem Zerfall der Sowjetunion. Die Verjährungsfrist wurde dabei so angepasst, dass sie nun von dem Zeitpunkt an gilt, an dem jemand Beschwerde über die Privatisierung anmeldet, auch wenn es in den vergangenen dreißig Jahren etliche Besitzerwechsel gegeben hat.

Dass deshalb nun ein Großteil der russischen Unternehmer um ihren Besitz bangen muss, rief sogar Empörung bei normalerweise streng kremltreuen Regimevertretern hervor: Der Minister für Wirtschaftsentwicklung, Maxim Reschetnikow, nannte die Revision der Privatisierungen im September einen „Weg ins Nirgendwo“, und der Chef des Industriellen- und Unternehmerverbands RSPP, Alexander Schochin, klagte, „von uns weiß niemand, wer als nächstes an der Reihe ist“.

Putin reagierte auf die Kritik gleich am nächsten Tag mit der Versicherung, es werde „keine Deprivatisierung geben“, das könne er „sicher sagen“. Ähnlich äußerte er sich kürzlich bei einer Tagung des RSPP, vermied es aber, von den Unternehmern dringend erbetene Garantien über den Schutz vor Enteignung abzugeben.

Die Verstaatlichungen hätten mit der Privatisierung nichts zu tun, behauptete Putin, sondern mit Fällen, in denen Firmenchefs der „Sicherheit des Landes und den nationalen Interessen“ schadeten, womit er offensichtlich auf Verbindungen ins feindliche Ausland anspielte. Tatsächlich findet die Staatsanwaltschaft aber auch etliche andere Gründe für eine Enteignung.

Die Prozesse fußten nicht auf juristischen, sondern auf „rein politischen Entscheidungen“, sagte Schumanow von Transparency International der „Nowaja Gaseta Evropa“. Klagen, die etwa damit begründet würden, dass der Eigentümer einen amerikanischen Pass habe, hätten russische Richter noch vor einigen Jahren in den Mülleimer geworfen, so Schumanow. Jetzt gäben sie ihnen statt.

Betroffen sind auch Ausländer

Dass Putin als Ort für seine beschwichtigenden Worte im September ausgerechnet das an China gerichtete Östliche Wirtschaftsforum wählte, bewerteten viele als Versuch, Investoren aus dem wichtigen Nachbarland zu beruhigen. Sie sollen offenbar glauben, die Verstaatlichungswelle richte sich nur gegen russische Eigentümer.

Zwar hat der Kreml in den vergangenen zwei Jahren auch Vermögenswerte einiger westlicher Konzerne unter Kontrolle gebracht und damit faktisch enteignet – gerade erst traf es die russischen Tochterunternehmen des deutschen Hausgeräteherstellers Bosch und des italienischen Heiztechnikspezialisten Ariston, im vergangenen Jahr die russischen Ableger der dänischen Großbrauerei Carlsberg sowie der deutschen und finnischen Energiekonzerne Uniper und Fortum.

Allerdings sind die Aktiva offiziell nicht verstaatlicht, sondern nur „vorübergehend“ unter staatliche Aufsicht gestellt, weshalb Russland sie nicht weiterverkaufen und nur an ihren Einkünften verdienen kann. Mit dem Baustoffhersteller Heidelberg Materials geriet im August aber auch ein deutsches Unternehmen ins Visier der enteignungswütigen Staatsanwaltschaft. Schon einen Monat später ließ sie die Klage aber überraschend wieder fallen.

Die Nachrichtenagentur Interfax berichtete, das Unternehmen habe sich verpflichtet, die Produktionskapazitäten und Zahl von rund 1300 Mitarbeitern in Russland beizubehalten sowie die Preise auf die Produktion nicht zu erhöhen, wofür im Gegenzug die Klage auf Enteignung zurückgezogen worden sei. Eine Sprecherin weist das auf Anfrage der F.A.Z. zurück: Es habe „keine Absprachen oder Verpflichtungen seitens Heidelberg Materials“ gegeben. Die Klage sei zurückgenommen worden mit der Begründung, „dass die Interessen des russischen Staates durch andere rechtmäßige Mittel geschützt werden können“.

Der Staat hat ambitionierte Ziele

Der Fall ist eine Ausnahme; üblicherweise dauert es von der Klageerhebung bis zur Enteignung nur wenige Wochen. Denn der Staat hat ambitionierte Ziele: 100 Milliarden Rubel (umgerechnet knapp 1 Milliarde Euro) sollen laut Finanzminister Anton Siluanow in diesem Jahr durch den Verkauf von Staatseigentum eingenommen werden, deutlich mehr als die 29 Milliarden Rubel im vergangenen Jahr.

Unter den Nutznießern der Umverteilung sind sowohl bekannte Namen von Putin-Vertrauten – die aber nicht zu den Oligarchen der Neunzigerjahre gehören – wie Sergej Tschemesow, der Chef der staatlichen Rostec-Holding, in der die verstaatlichten Rüstungsfirmen aufgehen, oder die Brüder Arkadi und Boris Rotenberg, die laut der Zeitung „Kommersant“ hinter einem Konzern stehen, der Unternehmen der Chemiebranche aufkauft.

Doch gehören zu den Käufern auch etliche jüngere, bisher kaum bekannte Leute. Putin hat gefordert, in Russland müsse sich eine „neue Elite“ bilden, da sich diejenigen, die in den Neunzigerjahren reich geworden seien, diskreditiert hätten. Beobachter sehen darin den Versuch, einen neuen, vollständig von Putin abhängigen und ihm treu ergebenen Unterstützerkreis zu schaffen.

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