Russischer Angriffskrieg: Putin übt an der ukrainischen Grenze mit Atomwaffen – wie gefährlich ist das?
Wladimir Putin
Zum fünften Mal wird Wladimir Putin als russischer Präsident vereidigt – und kündigt fast zeitgleich Atomübungen in der Nähe der Ukraine an. Der Westen reagiert verhalten-scharf auf die Ankündigung. Droht nun eine nukleare Eskalation?
Pomp in der Heimat, Atombomben an die Front. Während Wladimir Putin zum fünften Mal sein Amt als russischer Präsident antritt, kündigt das Moskauer Außenministerium ein Manöver mit “nicht taktischen Nuklearwaffen” an. Teilnehmen würden Raketenverbände des südlichen Militärbezirks sowie Seestreitkräfte – mit anderen Worten: Russland übt den Einsatz von Atombomben direkt an der Grenze zur Ukraine – und erklärt Großbritannien zur “Konfliktpartei”.
Kreml will “Hitzköpfe im Westen abkühlen”
“Nicht taktische” Kernwaffen können zum Beispiel gegen gegnerische Truppen und andere militärische Ziele eingesetzt werden. Sie haben in der Regel eine deutlich geringere Sprengkraft als die insbesondere zur Abschreckung entwickelten strategischen Atomwaffen. Letztlich aber bleiben es Bomben mit erheblichem Zerstörungs- und Verseuchungspotenzial.
Die Nuklearübungen dienten dazu, die “Hitzköpfe in den westlichen Hauptstädten” abzukühlen, ließ der Kreml ausrichten. Konkret fiel der Name des britischen Außenministers David Cameron. Der hatte jüngst gesagt, dass die ukrainische Armee britische Raketen auch für Angriffe auf russisches Gebiet nutzen könne. Als Reaktion bestellte das Moskauer Außenministerium den Botschafter Großbritanniens ein und überreichet ihm eine Protestnote.
Russland droht Großbritannien mit Waffengewalt
Er sei gewarnt worden, dass “eine Antwort auf ukrainische Schläge mit britischen Waffen auf russisches Territorium sich gegen alle Militärobjekte und -technik Großbritanniens sowohl auf dem Gebiet der Ukraine als auch außerhalb richten kann”, wie es heißt. Sprich: Russland droht dem Nato-Mitglied Großbritannien offen mit Waffengewalt.
Auch Frankreichs Botschafter in der russischen Hauptstadt muss ebenfalls im Außenministerium erscheinen. Grund sind Äußerungen von Präsident Emmanuel Macron, der einen Einsatz französischer Truppen in der Ukraine nicht ausschließen wollte. Die russischen Geheimdienste würden daher auch Berichte prüfen, nach denen französische Fremdenlegionäre in die Ukraine verlegt würden.
Die Regierung in Paris wies diese Darstellung allerdings deutlich zurück. “Nein, Frankreich hat keine Truppen in die Ukraine geschickt”, schrieb das Außenministerium auf X, dem früheren Twitter. Die Desinformationskampagnen ließen nicht nach, hieß es weiter.
Wladimir Putin droht oft mit Atomwaffen
Es ist nicht das erste Mal, dass Wladimir Putin im Zusammenhang mit westlicher Hilfe für die Ukraine an das umfangreiche russische Atomwaffenarsenal “erinnert”. Doch konkrete Militärübungen mit den Massenvernichtungsmitteln sind eine neue Dimension. Entsprechend fallen auch die Reaktionen des Westens aus:
- Bundeskanzler Olaf Scholz, derzeit im lettischen Riga, sagte, “dass in diesem Krieg nuklearer Waffen nicht eingesetzt werden dürfen”. Er verwies darauf, dass es solche Mahnungen auch aus China an die russische Adresse gebe.
- Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas gab sich halbwegs gelassen: Man dürfe sich nicht beeindrucken lassen, es sei Methode Russland, Angst verbreiten zu wollen. Sie sagte aber auch: “Können wir sicher sagen, dass sie Waffen nie einsetzen werden? Nein, sie haben ja schon in der Vergangenheit alle möglichen verrückten Dinge getan.”
- Die US-Regierung nennt es “leichtsinnig und unverantwortlich”, wenn der Anführer (also Putin, d. Red.) “einer großen Atommacht so mit dem Säbel rasselt, wie er es in Bezug auf den möglichen Einsatz von Atomwaffen tut”, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. Trotz dieser “rücksichtslosen Rhetorik” habe die US-Regierung aber nichts beobachtet, was sie dazu veranlassen würde, ihre strategische Abschreckungshaltung zu ändern.
- Die lettische Ministerpräsidentin Evika Silina wiederum betrachtet die Drohung aus Russland als Winkelzug, um zu verhindern, dass die geplante Friedenskonferenz für die Ukraine im Juni in der Schweiz stattfinden könne. “Sie versuchen, Länder zu bedrohen, die sich vielleicht überlegen, ob sie an diesem Gipfel teilnehmen wollen”, sagte sie.
“Keine Vorhersagen, nichts ausschließen”
Der Nuklearwaffenexperte Ulrich Kühn von der Uni Hamburg sagte im ZDF, dass die Übungen mit Atomwaffen an sich “nicht so spannend” seien, bedenklich sei aber das Signal, das von der Ankündigung ausgehe. “Eines haben wir in den drei Jahren des Ukraine-Kriegs gelernt: Wir sollten keine großen Vorhersagen treffen und wir sollten vor allem nichts ausschließen.”
Quellen: DPA, AFP, Reuters, ZDF
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