Russische Attacken auf Deutschland: Expertin sieht „besorgniserregende Lage“
Russische Attacken auf Deutschland: Expertin sieht „besorgniserregende Lage“
Wladimir Putin und ein metaphorischer Cyberangriff aus Russland.
Im Zuge der hybriden Kriegsführung haben es russische Cyberkriminelle auch immer wieder auf Deutschland abgesehen. Sicherheitsexperten schlagen Alarm.
Dortmund – Die Bundesregierung beschuldigt Russland, hinter einem Cyber-Angriff auf die SPD im Januar 2023 zu stehen. Claudia Plattner, die Präsidentin des Bundesamts für die Sicherheit in der Informationstechnik, findet dazu klare Worte. Gemeinsam mit weiteren Sicherheitsexperten nimmt sie die Bundesregierung in die Pflicht.
Russische Attacken auf Deutschland: Expertin sieht „besorgniserregende Lage“
In Berlin warnte die BSI-Präsidentin nach einem vermuteten russischen Cyber-Angriff auf die SPD vor weiteren Vorfällen. Sie forderte, Schutzmaßnahmen strikt umzusetzen. „Wir haben eine besorgniserregende Bedrohungslage“, erklärte Plattner in der ARD.
Zwar sei Deutschland Cyber-Angriffen aus Russland, die auch immer wieder auf die Ukraine gerichtet sind, nicht hilflos ausgesetzt. Schließlich gebe es „die technischen Möglichkeiten, sich zu schützen“. Diese müsse man nun allerdings auch konsequent umsetzen“, sagte Plattner.
Damit das gelingt, müssten die IT-Systeme stets auf dem aktuellen Stand sein, notfalls müsse man zudem Daten-Backups erstellen. „Es gibt sehr viel zu tun, und das Thema ist vielschichtig. Wäre es einfach, hätten wir es längst gelöst“, fügte Plattner hinzu (mehr Politik-News bei RUHR24).
Russische Cyberkriminelle griffen Anfang 2023 die SPD an – auch deutsche Firmen betroffen
Der Grund für die Forderungen der Expertin: Eine Einheit des russischen Militärgeheimdienstes soll laut der Bundesregierung für den Angriff auf die SPD verantwortlich gewesen sein.
Das Ziel waren E-Mail-Konten der Parteizentrale. Laut Bundesinnenministerium waren auch deutsche Firmen in den Bereichen Logistik, Rüstung und IT-Dienstleistungen sowie Stiftungen und Verbände von weiteren Angriffen betroffen.
Deutsche Sicherheitsexperten warnen vor Russlands Cyberangriffen
Das Auswärtige Amt hat daraufhin einen hochrangigen russischen Diplomaten einbestellt. Dies war ein deutliches diplomatisches Signal, Moskaus Vorgehen nicht zu akzeptieren und sich Konsequenzen vorzubehalten, erklärte ein Sprecher des Ministeriums gegenüber der Deutschen Presseagentur (DPA).
Mit ihren Forderungen an die Bundesregierung, sich zukünftig noch besser vor derartigen Cyberangriffen aus Russland zu schützen, steht Plattner indes nicht alleine da. Sowohl Konstantin von Notz (Grüne), Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums zur Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes als auch der Außenpolitik-Experte Roderich Kiesewetter (CDU) appellierten an die Bundesregierung, entschieden zu handeln und mehr Mittel für die Cyberabwehr bereitzustellen.
Was versteht man unter „hybrider Kriegsführung“?
In modernen Konfliktszenarien setzen Angreifer auf eine Kombination aus klassischen Militäreinsätzen, wirtschaftlichem Druck, Computerangriffen bis hin zu Propaganda in den Medien und sozialen Netzwerken. Dieses Vorgehen wird auch als „hybride Taktik“ oder „hybride Kriegsführung“ bezeichnet.
Ziel der Angreifer ist es, nicht nur Schaden anzurichten, sondern insbesondere Gesellschaften zu destabilisieren und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Offene, pluralistische und demokratische Gesellschaften bieten hierfür viele Angriffsflächen und sind somit leicht verwundbar.
Das Besondere an der hybriden Kriegsführung ist die Verschleierungstaktik. Die Täter operieren entweder anonym oder bestreiten Beteiligungen an Vorfällen und Konflikten. Sie gehen dabei äußerst kreativ und koordiniert vor, ohne die Schwelle zu einem offiziellen Krieg zu überschreiten.
Vor allem der Cyber-Raum ist ein bevorzugter Operationsraum hybrider Akteure. Angriffe aus dem Internet sind leicht zu tarnen.
Quelle: Bundesverteidigungsministerium
Sicherheitsexperten fordern wehrhafte Demokratie und kritisieren Bundesregierung scharf
Der Grünen-Politiker sieht die bisherigen Schutzmaßnahmen als unzureichend an. „Staatlich organisierte Einflussnahme-Operationen aus Russland, China und anderen autoritären Staaten bedrohen unsere Freiheit und Sicherheit massiv“, sagte er der Rheinischen Post. Von Notz fordert eine robustere Demokratie und kritisiert, dass bei der Bekämpfung hybrider Bedrohungen noch zu wenig geschehen ist.
Kiesewetter, der jüngst befürchtete, dass chinesische Spione in Deutschland „leichtes Spiel“ hätten, betonte ebenfalls die Notwendigkeit, in die Sicherheit zu investieren, sowohl finanziell als auch mental. Er kritisierte die aktuelle Regierung für eine naive Haltung gegenüber hybrider Kriegsführung und mangelnde Vorbereitung auf Cyberangriffe und Spionage.
DPA/bearbeitet von Julian Kaiser